Glatt rasiert oder Zottelmähne? Rebekka Smuda beschäftigt sich in ihrer Dissertation mit dem alltäglichen Umgang mit Körperhaaren. Ihre Daten sammelte die Geschlechterforscherin im Feld während eines Praktikums in einem Kosmetikstudio. Sie weiß: Wer zu einem so privaten Thema forscht, muss Grenzen respektieren und Vertrauen schaffen.
Beschreiben Sie Ihre Forschung in wenigen Sätzen.
Sie forschen, organisieren Tagungen oder schreiben Fachartikel: In dieser Serie sprechen wir mit Promovierenden an unserer Universität.
Meine Dissertation trägt den Titel (un)behaart – Das Haar als Umschlagstelle von Innen und Außen. Da ich mich auf den alltäglichen Umgang mit Körperhaaren als kulturelle Praktik konzentriere, forsche ich ethnografisch. Meine Daten erhebe ich im Feld, also im aktiven Austausch mit meinen Forschungspartnern, um sie anschließend zu analysieren. Das war zunächst schwierig, weil es sich dabei um ein sehr persönliches und individuelles Thema handelt. Gegenseitiges Vertrauen ist der Schlüssel. Einen geeigneten Zugang habe ich in einem Kosmetikstudio gefunden, wo ich ein sechsmonatiges Praktikum absolvierte. Hier habe ich wichtige Kontakte knüpfen können, indem ich meine Kolleginnen unterstützt und eigenständig Modelle enthaart habe.
Der Umgang mit dem eigenen Körperhaar ist für manche Menschen unangenehm. Wie haben die Modelle auf Ihre Forschung reagiert?
Während meiner Feldforschung war es entscheidend, eine entspannte Atmosphäre zu schaffen. Da ich als Praktikantin tätig war, habe ich anfangs nur beobachtet und erst später selbstständig Modelle behandelt. Nachdem ich diesen erklärte, worüber ich forsche, bin ich meistens auf Interesse gestoßen. Die anschließenden Gespräche folgten keinem Fragenkatalog. Ich habe mich darauf fokussiert, wie sich die Beziehung zwischen mir und einem Modell entwickelt. Dabei habe ich versucht, die Grenzen meiner Partner stets zu respektieren.
Was fasziniert Sie an diesem Thema?
Ich habe schon in meiner Masterarbeit zum alltäglichen Umgang mit Haaren geforscht. Das Thema hat mich nicht losgelassen, da es sowohl einen persönlichen als auch öffentlichen Charakter besitzt. Alle setzen sich mit ihren Haaren auseinander. Dieses Thema lässt sich etwa mit Blick auf Geschlechterrollen, Idealvorstellungen oder Machtstrukturen untersuchen. Wie gehen Männer im Vergleich zu Frauen damit um? Wie nehme ich mich in meinem eigenen Körper wahr? Welche Aspekte werden von der Gesellschaft vorgegeben? Es fasziniert mich, etwas Selbstverständliches kritisch hinterfragen zu können.
Haben Sie schon Ergebnisse, über die Sie berichten können?
Hierzu kann ich noch keine Auskünfte geben, da ich mich momentan mit der Auswertung der gesammelten Daten beschäftige.
Wieso haben Sie sich für eine Promotion entschieden?
Den Entschluss habe ich nach meinem Berufseinstieg gefasst. Nachdem ich meinen Master abgeschlossen hatte, habe ich für ein Jahr im Forschungsprojekt “Gendered University” an der Universität Dresden gearbeitet. Dort habe ich gemerkt, wie gerne ich wissenschaftlich arbeite, habe an Tagungen und Vorträgen teilgenommen. Danach war ich so motiviert, dass ich nun mit der Promotion begonnen habe. Außerdem genieße ich es, mir immer wieder neues Wissen anzueignen und genau das ermöglicht mir diese Entscheidung.
Warum gerade in Koblenz?
Es war mir ein Anliegen, mit meiner Promotion einen gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen. Diesem Anspruch wollte ich durch einen Beitrag in der Geschlechterforschung nachkommen, weshalb mich das Stipendium der Graduiertenschule Genderforschung der Universität Koblenz-Landau sehr ansprechend fand. Nach meiner Bewerbung und Zulassung war die Entscheidung für Koblenz gefallen.
Was sind Ihre beruflichen Pläne für die Zukunft?
Diese Entscheidung möchte ich mir noch offen halten. Ich würde mich wirklich sehr darüber freuen, auch zukünftig in der Wissenschaft tätig zu sein, sehe aber gleichzeitig die damit verbundenen Hürden. Das hat etwa mit dem universitären Gefüge zu tun, wie befristete Verträge, interne Konkurrenz oder Abhängigkeitsstrukturen. Teilweise fehlt mir auch der offene Transfer mit der Gesellschaft. Und ich muss darauf achten, wie ich meine Familie und meinen Beruf in Einklang bringe.
Welche Aufgaben ergeben sich noch im Zuge Ihrer Promotion?
Vorwiegend austauschen, schreiben, denken und korrigieren (lacht). Ich befinde mich quasi in der finalen Phase meiner Promotion und verbringe viel Zeit hinter dem Schreibtisch.
Was unternehmen Sie, um sich zusätzlich zu qualifizieren?
Ich nutze die Angebote des Interdisziplinären Promotionszentrums (IPZ). Ich habe viele Workshops besucht, wie etwa zu den Themen Auswertung, Strukturierung, Plagiatsvermeidung oder zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zusätzlich habe ich am Mentoring-Programm der Universität ment² teilgenommen. Darin konnte ich mich mit anderen Promovierenden austauschen und wurde von Doktoren und Professoren unterstützt. Vor der Geburt meiner Tochter war ich außerdem in der Lehre tätig und habe Tagungen besucht und Vorträge gehalten. Jetzt liegt mein Fokus auf dem Abschluss der Dissertation.
Wie organisieren Sie Ihren Arbeitsablauf?
Da habe ich kaum Spielraum. Die Kindertagesstätte meiner Tochter gibt mir vor, wann ich arbeiten kann. Gleichzeitig unterstützt mich mein Lebenspartner in der Betreuung meines Kindes. Da meine Arbeitszeit eingeschränkt ist, versuche ich, mich besser zu organisieren. Wenn ich an meiner Dissertation sitze, konzentriere ich mich ausschließlich darauf. Leider kann ich so weniger gewinnbringenden Impulsen folgen, wenn mich beispielsweise nachmittags ein Gedanke kitzelt.
Was sollten Studierende mitbringen, die an eine Promotion denken?
Vor allem ist eine intrinsische Motivation zum eigenen Thema sehr wichtig. Man sollte mit Unsicherheiten umgehen können, dabei aber offen und neugierig bleiben. Wer sich selbst gut organisieren kann, hat viele Vorteile.