Uni-Menschen

Carsten Brühl: “Es ist Zeit, zu handeln”

Carsten Brühl testet in seiner Arbeitsgruppe nicht nur die Auswirkung von Pestiziden, sondern versucht auch privat, die Umwelt zu entlasten - und fährt 20 Kilometer mit dem Rad zur Arbeit. Foto: Philipp Sittinger

Carsten Brühl testet in seiner Arbeitsgruppe nicht nur die Auswirkung von Pestiziden, sondern versucht auch privat, die Umwelt zu entlasten - und fährt 20 Kilometer mit dem Rad zur Arbeit. Foto: Philipp Sittinger

Er empfiehlt, möglichst lange zu studieren und spricht sich im Sinne der Umwelt gegen weitere Parkplätze für die Studierenden aus: Dr. Carsten Brühl leitet seit 2006 die Arbeitsgruppe Community Ecology & Ecotoxicology und testet dabei die Auswirkungen von Pestiziden. Bei Forschungsaufenthalten in den Tropen ist er Zeuge der unbarmherzigen Abholzung der Wälder geworden. Sein Appell: Sich der aktuellen Umweltprobleme nicht nur bewusst sein, sondern auch handeln. 

Wann haben Sie gemerkt, dass der Weg in die Wissenschaft der richtige für Sie ist?

Gemerkt habe ich das eigentlich schon, bevor ich mit dem Studium der Tropenökologie begonnen hatte. Nach dem Zivildienst war ich mit meinem Rucksack ein halbes Jahr in Afrika unterwegs und bin bei der Reise auf Wissenschaftler gestoßen. Das ist ja gar nicht schlecht, habe ich mir gedacht. Diese Wissenschaftler sitzen da in Zentraluganda und untersuchen das Leben einer Antilope, das könnte ich mir auch vorstellen. Dementsprechend habe ich mein Studium gewählt. Und da es mich schon immer gereizt hat, außerhalb von Deutschland zu forschen, bin ich schließlich für meine Diplomarbeit und später für meine Doktorarbeit nach Borneo gezogen. Das hat mich weiter darin bestärkt, wissenschaftlich tätig zu sein.

Gab es Alternativen?


In unserer Serie Uni-Menschen stellen wir euch interessante Persönlichkeiten vor, die an der Universität Koblenz-Landau studieren und arbeiten.

Natürlich gab es auch andere Möglichkeiten. Nach meiner Doktorarbeit wollte ich eigentlich an der Universität bleiben, allerdings boten sich damals wenige Möglichkeiten.  Und da ich auch nicht ewig herumsuchen oder auf irgendwelchen halben Stellen sitzen wollte, zog es mich in die Industrie. In der habe ich fünf Jahre gearbeitet, stellenweise auch im Ausland. So konnte ich auch die Arbeit dort kennenlernen und herausfinden, wo die Vor- und Nachteile liegen. Alternativen gab es also schon. Ich bin aber froh, nun wieder an der Universität arbeiten zu dürfen.

Was meinen Sie, ist der größte Vorteil an der Arbeit in der Universität?

Der größte Vorteil ist die freie Zeiteinteilung. Und vor allem, dass ich mir aussuchen kann, was ich mache. Es gibt hier niemanden, der mir sagt, was in der Vorlesung alles angesprochen werden muss. Also kann ich sowohl die Lehre frei gestalten als auch meine Forschung, bei der ich sowieso meinen Schwerpunkt selbst legen kann. Ich könnte beispielsweise sagen, ich möchte ab heute das Sozialverhalten von Fliegen erforschen und das wäre in Ordnung. Anders als in der Industrie, wo es klare Richtlinien und Zeitvorgaben gibt.

Woran arbeiten oder forschen Sie gerade?

Generell beschäftige ich mich in der Forschung mit dem Effekt von Pestiziden und Bioziden auf die Umwelt. Momentan haben wir Projekte, in denen es um die Auswirkungen von Pestiziden auf Frösche und Bienen geht. Und es gibt neue Projekte, in denen wir die Umweltbelastung von Pestiziden untersuchen.

Tun Ihnen die Tiere manchmal Leid, wenn Sie Ihre Reaktion auf Pestizide testen?

Natürlich gibt es da einen Zwiespalt. Ich hätte auch nie gedacht, dass ich mal Wirbeltierversuche machen werde und eigentlich wollte ich das auch nie. Nur dann wurde mir klar, dass es bisher keine einzige Untersuchung gab, die den einfachen Versuch gemacht hat: Frosch hinsetzen, übersprühen und schauen, was passiert. Das wurde noch nie gemacht, obwohl wir seit 50 Jahren Pestizide anwenden. Das muss man sich mal vorstellen. Also haben wir den Versuch durchgeführt und die Frösche sind dann auch ziemlich schnell gestorben. Die Versuche sind also absolut notwendig. Die Ergebnisse haben jetzt dazu geführt, dass die zuständige Behörde prüft, inwieweit sie die Zulassung überarbeiten sollte.

Was meinen Sie, hat sich das heutige Studentenleben im Vergleich zu Ihrer Studienzeit verändert?

Das Studium hat sich sicher verändert und ich glaube, auch die Art und Weise, wie Angebote wahrgenommen werden. Vielleicht wird einem das erst im Verlauf des Studiums bewusst, dass eine Universität viel Wissen und Bildung kostenlos anbietet, wofür man dann später bei Fortbildungen viel Geld bezahlen muss. Und ich glaube, ich habe sehr viel mehr und sehr viel breiter studiert, als heutzutage die Masterprogramme ausgelegt sind. Im Endeffekt saß man nachher da und hat einen Stapel Scheine gehabt, die man immer irgendwie hat anrechnen können. Aber ich habe auch sehr lange studiert und auch das würde ich jedem empfehlen.

Warum?

Diese vier Semester in einem Master sind eigentlich zu kurz. Im Endeffekt ist es nämlich entscheidend, dass man möglichst viel Erfahrung sammelt und damit seinen Lebenslauf interessanter gestaltet. Das ist eigentlich das, was nachher eine Person ausmacht, egal, ob man in den Arbeitsmarkt oder die Universität geht. Man möchte nicht unbedingt wissen, ob die Person in vier Semestern studiert hat, sondern was sie ausmacht. Warum ist derjenige so drauf? Wie und warum hebt sich diese Person von der Masse ab? Ich meine, das ist das Entscheidende. Und ich finde, das nimmt immer mehr ab. Ich habe oft den Eindruck, dass viele auf die Studiendauer achten, während mir und einigen anderen das früher egal war. In der heutigen Zeit scheint der Druck größer zu sein, in Regelstudienzeit mit dem Studium fertig zu werden.

Bezogen auf Ihr Forschungsgebiet: Hat sich das Bewusstsein für den Natur- und Artenschutz im Verlauf der letzten Jahre verändert?

Ja, es hat sich scheinbar verändert. Die Leute heutzutage sind wesentlich besser über die aktuelle Problematik wie etwa den Klimawandel oder Plastik im Ozean informiert. Aber ich finde, trotz des Wissens, handeln die Menschen fahrlässig. Beispielsweise gibt es hier an der Universität rund 5000 Studierende, deren größtes Anliegen es ist, mehr Parkplätze zu bekommen. In einem Zeitalter, in dem es um den Klimawandel geht, kann das eigentlich gar nicht mehr sein. Besser wäre es, wenn sie mit dem Bus herkommen würden. Und wenn alle der Meinung sind, dass der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden müsste, würde es wohl auch funktionieren. Wenn sie genügend Stimmen sammeln, würde die Stadt vielleicht darauf reagieren. Also das Bewusstsein ist bestimmt da, aber das Handeln fällt hinten runter und ich finde es erstaunlich, dass man in diesem Punkt bei vielen Studierenden auf taube Ohren stößt.

Ist die negative Entwicklung noch aufzuhalten?

Die ökologischen Probleme sind eigentlich schon zu groß. Im neuesten WWF-Bericht zur Lage des Planeten steht etwas sehr Interessantes. Demnach sind wir die Generation, die zum ersten Mal um diese Bedrohung weiß. Blöderweise sind wir auch die letzte Generation, die in dem Zusammenhang noch was tun kann. Das heißt also: Wir müssen jetzt handeln. Wir können nicht nur sagen, wir wissen Bescheid und warten mal ab, was die Politik so macht. Ich habe sogar fast den Eindruck, dass die ältere Generation mehr Mülltrennung betreibt und sich bewusster damit auseinandersetzt als die jüngere.

Und welches Verkehrsmittel nutzen sie, um von A nach B zu kommen?

Ich fahre mit einem Elektrofahrrad von Zuhause zur Universität. Das sind 20 Kilometer. Ich bin erst mit einem normalen Fahrrad gefahren, aber das war dann doch zu schweißtreibend. Ab und an nehme ich auch den Bus.

Das Interview führte Carolin Frank

1 Kommentare

  1. Ralf Philipp Stern sagt

    Diese Auffassung ueber die ich nenn es mal Doppelmoral vieler Studenten in Landau kann ich leider nur bestaetigen.

    Ich freue mich ueber solche Professoren die leider quer durch Deutschland in Summe eine Minderheit sind. Im Reden weniger aber sehr wohl im Bezug auf diejenigen die auf Ihre Reden auch entsprechende Reallebensaktionen in nennenswerten Mengen folgen lassen!

    Zum Teil ueber die Jungen – vielleicht auch zu jungen – Studenten:

    Wie kann man heute Lehrer werden und das wichtigste Potenzial was Deutschland hat die heranwachsenden Kinder mit so schlechtem Beispiel als “Vorbild” vorangehen oder dienen!

    Wenn nicht die die von sich ja Selbst mindestens häufig Selbst annehmen zu den Gebildesten Milieu-Gruppen zu zaehlen die es gibt das bestmoeglichste Realverhalten an den Tag legen das deren zweifelsfreies Wissen ueber Mit-Welt, BNE, Sdgs und Klimawandel entsprichen wuerde.

    Dann ist das ich nenne es mal u. a. nichts anderes als “heuchlerisch” besonders gegenueber denen (bald) Ihnen anvertrauten jungen Menschen gegenüber.

    Den die gehen davon aus das gerade Ihre Lehrer die am besten ueber deren Zukunft Zeit haben sich zu informieren – sogar verpflichtet “Berufsmaessig Auftragsbedingt” – und jedoch gegen Null oder maximal wenig danach Handeln was angemessen ist im Jahre 2020 2 Jahre nach FFF, das deren Schueler Ihre anvertraute ganze deutsche Jugend Deren Welt auch noch dann zum sogenannten “enkelgerechten Leben” taugt.

    Dann ist das analytisch auf den Punkt gebracht “ein ziemlich zynisches Egozentriertes Verhalten” der jetzigen Lehrenden und den Lehreramtanwaertern in Form der abertausenden angehenden Lehrern an der Uni Landau, zu Ende gedacht.

    Allen anderen Berufsgruppen aus der meist in direkter Ökonomischer Abhängigkeit in der Freien Wirtschaft lebender Mit-Buergern mag das verziehen sein, aber der Berufsgruppe die sich fast am meisten was auf Ihre Intelligenz einbildet ist das eben nach Ihren “Eigenen Masstaeben” null zu verzeihen. Gelinde formuliert.

    Schliesslich formen Sie wie niemand sonst die naechsten Generationen. Bei einem geldmassig bis an Ihr Lebensende voellig abgesichertem Leben bei weit ueber dem Durchschnitt liegendem Jahresgesamteinkommen und den damit oft verbundenen sonstigen Vorteilen die Ihnen fuer Ihr wichtiges Ant zugestanden und von der ganzen Buergerschaft vollumfaenglich finanziert und zugestanden. Was ich glsube vielen Lehrern oder angehenden Lehrern wenig bewusst ist wer Sie wirklich bis ins Grab finanziert.

    Aber bei diesem Grundverhalten kann jeder Analytiker – zu denen Ich berufsmaessig als auch gerichtlicher Sachverstaendiger u. a. gehoere – nur den Schluss ziehen das in Wahrheit die meisten angehenden Lehrer mehr an Ihren eigenen Interessen liegt anstatt an denen der Ihnen anvertrauten Schueler ab Ihrem Lehrerdasein fuer vielleicht 40-45 Jahre!

    Ausnahmen bestaetigen wie immer die Regel. Von denen ich durch anderes unentgeltliche Engagement seit vielen Jahren im Bereich BNE ich Gott sei dank extrem engagierte Lehrer kenne. Die jedoch innerhalb des Lehrerkollegiums meist wenig bis gar keinen Zuspruch hatten/haben (mit leichter Besserungstendenz seit kurzem)

    Z. B. auch klar Erkennbar das dies real so zutreffend ist wie ich hier zusaetzlich zu den Worten von Professor Bühl es mit meinen bisherigen Worten mir erlaube zu benennen ist das Essensverhalten vieler Studenten und auch der wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Landau.
    Viel zu viele, eher sogar die meisten – im Bezug zur besonderen Vorbildfunktion die diese Berufsgruppe in der Gesellschaft einnimmt (ich sage sogar was deren Selbstverstaendnis sein muesste wenn Ethik, Moral, Gesinnung des Lehrer seins Hand in Hand gehen in Ihrem Lebensbezug und -weg) – in Landau verspeist taeglich oft (billigstes) Fleisch in der Kantine, anstatt enkelgerecht vorbildlich aus Ueberzeugung heraus vegetarisch zu Essen.

    Glauben Sie nicht?
    Ich sehe und beobachte es seit gut 5 Jahren fast Tag fuer Tag!
    Von wegen elitaere gute Elite! Nachhaltigkeit als Zentrum all unseres Tuns “hier (viel zu oft) Fehlanzeige”.

    Gerade hier ist das ein Armutszeugnis sondersgleichen. Denn wenn nicht die bestinformiertesten Berufsgruppen und Vorbilder per Arbeitsauftrag und per -stellung schon so wenig real fuer echte Nachhaltigkeit tut, wie es hunderttausende Forscher zweifelsfrei als die Aufgabe des 21. Jahrhunderts erforscht und wissenschaftlich einwandfrei als unabaenderbar festgestellt haben, tun, wer dann bitteschoen sonst?

    Hier versagt eine sich zu oft bis gegen teils immer Selbst mit erhobener Nase sich Selbst feiernte hochstehenste Berufsgruppe sowie schon als angeblicher “Studentenadel” fast auf ganzer Linie.

    Gegenbeweis bitte erbringen. Gerne nehme ich dann mit Freude meine Beobachtung als falsch zurueck.

    So lange dies jedoch real unbewiessen bleibt – nicht mit Worten da weiss ich sind viele Weltmeister nicht nur in diesem Gesellschaftsbereich – bleiben meine Realbeobachtungen und aus ueber 40 Jahren Erfahrung erfolgten Analysen vollumfänglich bestehen!

    Natuerlich ist das immer tendenziell gedacht und formuliert. Aus Aufmerksamsgruenden und Zeitgründen muss eine teils zuspitzung und tendenzielle “Pauschalisierung” im Text erfolgen. Er ist so schon recht lang.

    Jedoch minimalst kurz beim bedenken der Metawirkung der Inhalte auf alle zukuenftigen Generationen die von der Berufsgruppe “Lehrer” ausnahmslos durch Schulpflicht die Zukunft unserer ganzen Gesellschaft ist und wird! Ausnahmslos Nachfolge eines 82 Millionenstaats dessen Weltwirkung viel viel groesser ist als dessen realer Landgroesse und dessen Menschanmengenanteilen zur Gesamterdbevoelkerung. Was naemlich auch eine indogtrienierte Fehl-Bildungs-Leistung uns weiss macht/bzw. Weiss machen will. Abgesegnet von hoechsten Stellen und durch “Ober sticht unter Gesetzen” bis in den kleinsten Haushalt durch entsprechende Bildung subversiv eingestreut wird obwohl Realitaet das genaue Gegenteil beweisst. Nur so kann derjenige jeden Einzelnen manipulieren das er ja keine “wirkliche Wirkung” hat durch sein persoenliche Verhalten. Was jedoch in der Gesamtmenge in Wahrheit die groesste Kraft ist. Und diese Kraft besteht aus 82 Millionen Individuen. Lenkt man jedes fuer sich allein in Unwirksamkeitsglauben ist die Energie von 82 Millionen umgelenkt! Das ist der alles entscheidente Punkt der Erkenntnis fuer uns alle Buerger der “einen Erde” dessen Atemluft, Trinkwasser auf Quantenebene jeder andere Mensch und alle atmenden Lebewesen schon mal als Teil dessen seiner Koerperenergiestoffe war. Egal wessen Hautfarbe, wessen Glauben oder Unglaube oder wessen Politischer Ideologie derjenige auch angehoert. Systemisch sind wir ein einziges Wesen. Das immer prozesshaft agiert und nie in Kausalketten. Das stimmt bei lebenden Wesen null. Kybernetik 2 Ordnung ist der Beweis seit lsngem. Nur oft werden Menschen und besonders Schueler nach Ursache-Wirkungsketten bewertet und ausgebildet! Eine reine Katastrophe weil wissenschaftlich wie so einiges andere seit Jahrzehnten zweifelsfrei wissenschaftlich bewiesen. Nur das interessiert oft lenkende dogmatische Politik gegen null!

    Warum?

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