Wenn Mitbewohner zu Freunden werden, wird es nie langweilig. Inga Wüsthoff wohnt seit Oktober 2015 im Herzen der Koblenzer Altstadt und schwärmt von ihrer Wohngemeinschaft. Das Geheimnis der Kulturwissenschaftlerin: Nicht nebeneinander, sondern miteinander leben.
Wer wohnt hier?
Unsere kleine Wohngemeinschaft besteht aus vier Personen, einer Frau und drei Männern. Ich selbst bin Kulturwissenschaftlerin, während meine Mitbewohner Germanistik und Web Science studieren. Wir kannten uns teilweise bereits im Vorfeld, innerhalb der WG sind wir aber schnell zu Freunden geworden. Ob morgens, mittags oder abends, es findet sich immer etwas Zeit, um zusammenzusitzen und zu reden. Aufgrund der verschiedenen Ausrichtungen unserer Studiengänge wird uns dabei auch nie langweilig. Es gibt immer Themen, die wir aus unterschiedlichen Perspektiven diskutieren können. Die einzelnen Lebenspartner zählen eigentlich auch zur Wohngemeinschaft dazu. Manchmal kommt es vor, dass alle auf einmal da sind. Dann ist die Wohnung zwar ziemlich voll, aber es wird umso lustiger.
Treffen sich eine Kulturwissenschaftlerin, ein Germanist und zwei Informatiker in einer Wohnung. Klingt fast wie ein Witz, aber wie funktioniert das Zusammenleben?
Es ist ein großer Vorteil, wenn man untereinander befreundet ist, anstatt in einer Zweckgemeinschaft zu leben. Man wird toleranter und greift sich gegenseitig unter die Arme. Probleme können schneller besprochen werden, weil man weiß, was im Leben des Anderen vor sich geht. Alle fühlen sich verantwortlich für einen reibungslosen Ablauf innerhalb der WG. Das kommt natürlich nicht von allein. Wir unternehmen viel zusammen, organisieren eine eigene Weihnachtsfeier, schauen Filme und gehen klettern. In der Küche steht eine eigene Bierkasse in Form einer kleinen Gießkanne, in die jeder regelmäßig einzahlt. So haben wir immer kühle Getränke im Haus, wenn wir uns abends zusammensetzen. Für das nächste Jahr haben wir sogar einen gemeinsamen Urlaub geplant. Wir wollen in der Nähe von Bad Kreuznach in einer alten Burgruine zelten gehen. Am Campus selbst laufen wir uns eher selten über den Weg. Das liegt wohl an den unterschiedlichen Disziplinen.
Für die Serie So wohnt der Campus gewähren uns Studierende und Lehrende Einblicke in die eigenen vier Wände.
Wie lange haben Sie suchen müssen, um diese tolle Wohnung zu finden?
Ich hatte großes Glück, da ich überhaupt nicht suchen musste. Das Zimmer eines Freundes, der gerade ein freiwilliges soziales Jahr in Koblenz abgeschlossen hatte, wurde zu dem Zeitpunkt frei, als ich eine Wohnung brauchte. Prompt konnte ich mitten in die Koblenzer Altstadt ziehen. Ich wohne nun seit Oktober 2015 hier, wobei ich anfangs noch mit anderen Personen zusammenlebte. Für meine jetzigen Mitbewohner bin ich quasi die Ureinwohnerin unserer WG.
Was ist Ihr Lieblingsort in der WG?
Das ist schwierig. Eventuell die Küche oder mein Bett. Vielleicht auch das Wohnzimmer oder unsere Dachterrasse (lacht). Eigentlich fühle ich mich überall sehr wohl. In unserer Küche spielt sich das WG-Leben ab. Hier kochen wir, essen gemeinsam und unterhalten uns über alles Mögliche. Mein Bett eignet sich ideal, um zu lesen, und unsere Couch im Wohnzimmer ist sehr bequem. Im Sommer bin ich gerne auf unserer Dachterrasse und genieße die Sonne. Hier baue ich in einem kleinen Garten Gemüse und Kräuter an. Außerdem können wir auf der Terrasse grillen, spielen und feiern. In warmen Nächten bietet ein altes Bettgestell die Möglichkeit, unter freien Sternenhimmel zu schlafen.
Haben Sie auch einen Lieblingsgegenstand?
Wenn ich mich für einen Liebling entscheiden müsste, würde ich die alte Nachttischlampe in der Küche auswählen. Die ist zwar nicht schön, war aber schon vor mir in dieser Wohnung. Ein ehemaliger Bewohner hat immer wieder Sachen vom Sperrmüll angeschleppt, wovon vieles wieder weggeschmissen wurde. Diese Lampe hat allerdings überlebt. Immer wenn wir zusammensitzen, leuchtet sie und sorgt für eine entspannte Atmosphäre. Passend zur Weihnachtszeit dekorieren wir sie mit Sternen und Lametta.
Was ist das Beste am WG-Leben?
Ich denke, das Beste daran ist, dass man nicht allein lebt. Der Austausch mit meinen Mitbewohnern ist mir sehr wichtig. Außerdem erlebt man die verrücktesten Geschichten und ist selbst ein Teil davon.
Gibt es ab und zu auch mal Partys? Wie läuft das ab?
Die gibt es tatsächlich, aber nicht allzu häufig. Wir feiern vor allem, wenn jemand Geburtstag hat oder bei wichtigen Ereignissen. Im vergangenen Jahr haben wir mit etwa 50 Personen Silvester gefeiert. Kurz danach ist uns aufgefallen, dass wir in dieser Nacht keine Fotos von unserer Wohngemeinschaft gemacht hatten. Mit Silvester 2.0 haben wir das nachgeholt. Wir sind noch einmal in die gleiche Kleidung geschlüpft und haben passende Accessoires getragen, um uns zu fotografieren. Auf den Bildern ist kaum ein Unterschied zur eigentlichen Feier zu erkennen.
Gab es schon einmal Ärger mit den Nachbarn oder Schlimmeres?
Leider ja. Bei einer unserer Partys stand plötzlich das Ordnungsamt der Stadt Koblenz vor der Tür. Eine Strafgebühr wegen nächtlicher Ruhestörung war die Konsequenz. Außerdem reagiert einer unserer Nachbarn empfindlich darauf, wenn wir auf der Terrasse grillen. Im Haus selbst gibt es aber keinerlei Probleme mit den übrigen Bewohnern.
Vier Bewohner – ein Badezimmer. Wie organisieren Sie euren Alltag?
Wir organisieren unseren Alltag nicht großartig. Wenn jemand in Eile ist, überlässt man eben den Vortritt im Badezimmer. Um in der Wohnung Ordnung zu halten, führen wir einen Putzplan. So hat man immer einen Überblick, wer für was zuständig ist.
Wenn Ihre Wohnung einen Charakter hätte, wie würden Sie ihn beschreiben?
Als bunte Vielfalt. Bei unserer Wohnung handelt es sich um einen Altbau, es geht also öfters mal was kaputt. Wir haben zwei Eingänge, was anfangs verwirrend war. Das liegt daran, dass unsere jetzige Wohnung ursprünglich aus zwei getrennten Unterkünften bestand. Selbst die Möbel wirken zusammengewürfelt, aber das macht den Charme unseres Heims aus. Die Menschen unserer Wohngemeinschaft sind ebenso verschieden und trotzdem sind wir Freunde geworden. Wir ergänzen uns in allen Lebensbereichen und lernen viel voneinander.
Haben Sie Tipps und Tricks, wie das WG-Leben gut funktioniert?
Man sollte viel miteinander reden. Probleme können so direkt angesprochen und gelöst werden. Wenn man sich gegenseitig frustriert, bringt das keinen weiter. Außerdem lernt man nur durch Kommunikation neue Leute kennen und hat Spaß zusammen.
Wie ist es, so zentral in der Altstadt zu wohnen?
Abgesehen von der ständigen Parkplatzsuche ist es wirklich eine tolle Lage. Ob per Bus, Zug oder Seilbahn, ich komme überall schnell hin und habe kurze Arbeitswege. Unsere Wohnung ist auch der ideale Treffpunkt, weil sie sich im Herzen der Koblenzer Altstadt befindet. Außerdem hat man es nachts nie weit, um wieder nach Hause zu kommen. Unter der Woche kann es manchmal störend sein, wenn Menschenmassen durch die Fußgängerzone streifen. Oder wenn sie, aufgrund einer durchzechten Nacht, lautstark durch die Gegend brüllen. Aber daran konnte ich mich zum Glück schnell gewöhnen.