Für manche Studierende ist der Start an der Universität schwieriger als für andere – zum Beispiel, wenn sie einen Migrationshintergrund haben oder als erste in ihrer Familie studieren. Damit sich Betroffene schneller im universitären Umfeld einleben können, bündelt das Projekt Take.IN Unterstützungsangebote und schult die integrativen Kompetenzen von Studierenden. Madeleine Becker und Erhan Ayan sind Teilnehmer des Projekts und erzählen von ihrem Schritt aus der Komfortzone.
Der Integrationsfokus von Take.IN zielt auf Studierende mit Orientierungsbedarf ab: Erstakademiker, Studierende mit Migrationshintergrund sowie ausländische und beruflich Qualifizierte werden im Rahmen vielfältiger Angebote begleitet. “Wir möchten den Studierenden ein Gefühl von Onboarding auf eine wertschätzende Art und Weise geben”, erklärt Dr. Irene Lamberz. Sie ist Geschäftsführerin des Kompetenzzentrums für Studium und Beruf (KSB), an das Take.IN angegliedert ist. Das Projekt bündelt einzelne Einrichtungen und Angebote der Universität Koblenz-Landau und bietet Studierenden die Möglichkeit, als studentische Begleiter aktiv zu werden. Das Besondere daran: Die Studierenden können wichtige Integrationskompetenzen erwerben und diese in Form von ECTS-Punkten vergüten lassen.
Student Advisor und Buddy-Programm
Die Ausbildung zum Student Advisor ist in drei Phasen unterteilt. Nach der Grundausbildung und einem Diversity Training können die Studierenden entscheiden, wie sie sich im Projekt engagieren möchten. “Ich wollte schon seit längerer Zeit bei dem Buddy-Programm des Akademischen Auslandsamts mitmachen”, erzählt Madeleine Becker. Das Modul Buddy bietet eine Spezialausbildung zur Betreuung von internationalen Studierenden durch das Welcome-Center. “Da die Ausbildung in Zusammenarbeit mit Take.IN angeboten wird, konnte ich mich im Projekt einbringen und einem Buddy bei der Integration helfen.” Auch Erhan Ayan gefielen die verschiedenen Angebote von Take.IN auf Anhieb: “Die Möglichkeit, sich je nach Interesse einzubringen und sich am eigenen Schwerpunkt zu orientieren, fand ich sehr interessant. Ich habe schon länger überlegt, Tutorien zu halten und mich deshalb für das Angebot der Tutorenschulung entschieden.”
Raus aus der Komfortzone
Das Tutorium von Erhan Ayan richtete sich primär an Erstsemester und First-Generation-Students: “Die Unikultur und die Orientierung vor Ort sind für viele ein Hindernis. Ich bin selbst Erstakademiker mit Migrationshintergrund. Ohne eine Anlaufstelle in der Familie muss man erst einmal allgemeine Begriffe kennenlernen, die das Studium betreffen. Die Hürden, die man selber wahrgenommen hat, kann man jetzt für andere aus dem Weg räumen.”
Ein wichtiger Schritt der studentischen Begleiter ist der Weg aus der eigenen Komfortzone: “Bei der Anmeldung zum Buddy-Programm habe ich gehofft, einen Studierenden aus Europa zugeteilt zu bekommen, damit der Unterschied nicht zu krass ist. Heute bin ich froh über meinen Buddy aus China. Ich habe eine tolle Erfahrung gemacht und gemerkt, dass ich viel offener geworden bin”, berichtet Becker. “Ich habe im Tutorium gelernt, wieviel Spaß es mir macht, anderen Menschen etwas beizubringen und aus mir raus zu kommen”, ergänzt Ayan. Der Schritt lohnt sich: Durch den wertschätzenden Umgang mit Vielfalt bei Take.IN wird die Universität zum Erfahrungsraum, wovon auch das Umfeld der Teilnehmer profitiert. “Mit dem erworbenen Kompetenzportfolio fällt es leichter, mit neuen Situationen umzugehen und den eigenen Platz in der Gesellschaft zu definieren”, resümiert Lamberz.
Fit für die Zukunft
Die gesammelten Erfahrungen im Projekt sind auch für den späteren Berufsweg von Vorteil, zum Beispiel in Bewerbungsverfahren: “Mein jetziger Arbeitgeber stellt vermehrt Flüchtlinge in der Ausbildung ein. Meine Kompetenzen im Bereich Integration waren für ihn ausschlaggebend für meine Einstellung”, betont Ayan.
Das Projekt Take.IN setzt bewusst auf vorhandene Ressourcen in Form von talentierten Studierenden und nicht auf die Anpassung von momentan vorhandenen Bedarfen: “Die Gesellschaft verändert sich sowieso ständig. Wir können am besten von Vielfalt profitieren, wenn man Menschen das Gefühl gibt, die eigenen Stärken mit anderen teilen zu können,” erklärt Lamberz den Ansatz des Projektes. “Ich habe die Erfahrung gemacht: Auch wenn man nicht immer den Durchblick hat, kann man dennoch anderen Menschen helfen”, erzählt Ayan. “Manchmal reicht es, jemandem das Gefühl zu geben, das man für ihn da ist. So können wir das zurückgeben, wovon wir selber einmal profitiert haben”, freut sich Becker.
Lisa Leyerer