In der Neuwieder Stadtgalerie stapeln sich Kisten und Kartons mit Werken, die auf die neueste Ausstellung warten. Dazwischen steht die 29-jährige Christina Runkel-Horre mit dem guten Gefühl, hier ihren Traumjob gefunden zu haben. Die promovierte Kunstwissenschaftlerin ist seit vergangenem Jahr Kuratorin der Stadtgalerie und spricht im Uniblog von ihren Zielen, Durchhaltevermögen im Studium und dem Berufsalltag, den es bei ihr eigentlich gar nicht gibt.
Sie sind seit Juni 2017 Kuratorin der Stadtgalerie Neuwied: Wie sind Sie an den Job gekommen?
Das war tatsächlich ein längerer Weg: Schon während meines Studiums der Kunstwissenschaft und Germanistik am Campus in Koblenz habe ich die Theorie in die Praxis umgesetzt und im Mittelrhein-Museum gearbeitet. Leider ist es aber so, dass es im kulturellen Bereich oft wenig finanzielle Mittel gibt und die Stellen begrenzt sind. Deshalb musste ich nach meiner Promotion 2016 erst einen Umweg über einen Verwaltungsjob nehmen. Als ich dann die Ausschreibung für die Kuratorenstelle in der Stadtgalerie Neuwied sah, wusste ich direkt: Das bin ich. Tatsächlich wurde ich zum Gespräch eingeladen und hatte drei Tage später die Zusage. Ich war total überrascht, dass ich aus den über 50 Bewerbern ausgewählt wurde. Wahrscheinlich war es die Mischung aus Nebenjob-, Verwaltungs-, Regional- und Studienerfahrung, die ich mitbringe und die für meine Arbeit wichtig ist.
Was sind Ihre Aufgaben?
Die Serie
Wie soll es nach dem Abschluss weitergehen? Inspiration bieten Alumni der Universität Koblenz-Landau: In unseren Porträts erzählen sie von Karriere, Arbeitsalltag und Erinnerungen an die Studienzeit.
Ganz generell die Leitung der Stadtgalerie. Dazu gehören Verwaltungsaufgaben wie Rechnungen schreiben, Dienstpläne erstellen und den Galerie-Shop verwalten. Was aber viel mehr Spaß macht, ist das Planen von Ausstellungen. In dem regelmäßig zusammenkommenden Kulturausschuss, dem auch ein Beratergremium angehört, wird über die grundlegenden Themen der Ausstellungen gesprochen. Meine Aufgabe ist es dann, diese Konzepte umzusetzen und inhaltlich zu gestalten. Dazu stehe ich auch immer in Rücksprache mit dem Amt für Stadtmarketing der Stadtverwaltung Neuwied, an das die Galerie angegliedert ist.
Wie sieht ein normaler Arbeitstag aus?
Wenn ich das wüsste… Ich habe zwar ein paar fixe Termine in der Woche, aber mein Arbeitsalltag ist sehr flexibel, spontan und hat immer wieder Überraschungen zu bieten.
Was ist dabei die größte Herausforderung?
Bei all den vielfältigen Aufgaben und der Spontanität nichts zu vergessen und immer einen kühlen Kopf zu bewahren.
Was ist Ihr berufliches Ziel?
Mir ist es ein Anliegen, dass Kunst ein Thema in der Gesellschaft bleibt. Sie muss spannend verpackt werden, aktuell und in den Medien präsent sein, um das angestaubte Image loszuwerden. Mit meiner Arbeit verfolge ich das Ziel, dass auch Kinder und junge Menschen sagen: “Museum ist cool”. Deshalb gibt es zum Beispiel eine Selfie-Ecke während der nächsten Ausstellung und konkrete Aktionen, die auf Jugendliche und Kinder zugeschnitten sind.
Wussten Sie schon zu Studienbeginn, was Sie später machen wollen?
Ich war noch etwas unsicher, als ich nach der Schule mit dem Studium anfing. Ich hatte mich nur an zwei Universitäten beworben und habe mich dann für Koblenz entschieden, weil ich aus der Region bin. Schnell bin ich in mein Fach hineingewachsen und habe in der Kunstwissenschaft meine Leidenschaft gefunden. Dass ich heute einen Job habe, in dem ich das ausleben kann, ist für mich ein Traum.
Welche Rolle spielt Ihr Studium für Ihre Tätigkeit als Kuratorin?
Ich habe am Campus in Koblenz ein sehr gutes Studium genossen und mir viel Fachwissen angeeignet. Davon kann ich in meinem Beruf heute profitieren, aber die tatsächliche Praxis lernt man dann doch nur im Arbeitsalltag.
Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an Ihre Alma Mater und an Ihre Studienstadt Koblenz zurückdenken?
Über Koblenz kann ich nur sagen: Ich habe diese Stadt kennen und lieben gelernt. Im Bezug zur Universität fallen mir viele Erlebnisse ein, aber vor allem sind es die Exkursionen, an die ich im Zusammenhang mit meinem Studium denke. Ich habe damals alle freiwillig mitgemacht. Da konnte man Lernenerlebnis, Gruppendynamik und Urlaub verbinden.
Was haben Sie im Studium gelernt, was nicht in den Lehrbüchern zu finden ist?
Zwei Dinge: Stärke und Durchhaltevermögen. Gerade wenn es stressig wird, darf man nicht aufgeben, weil es um die eigene Zukunft geht. Darauf aufbauend die Einsicht, dass man früh genug an Später denken sollte. Das heißt aber auch, sich nicht beirren zu lassen und an den eigenen Plänen festzuhalten. Ich sehe es an mir selbst: Der Job hier in der Stadtgalerie war mein höchstes Ziel und das habe ich nur mit Durchhaltevermögen und langfristigem Engagement erreicht.
Generalist oder Spezialist – auf was sollten Studierende Ihres Faches bei der Wahl der Schwerpunkte achten?
Das ist schwer zu sagen, denn beides hat Vor- und Nachteile. Ich finde es wichtig, interdisziplinär zu arbeiten und sich dadurch breites Wissen anzueignen. Im Bewerbungsverfahren kann man dann sehr viel anbieten und sich später bei Bedarf immer noch spezialisieren.
Was raten Sie unseren Studierenden, die sich für Ihre Berufsbranche interessieren?
Auf jedem Fall, sich früh genug mit der Thematik zu beschäftigen und eine grobe Richtung einzuschlagen. Das heißt, man muss sich darüber klar werden, wo es hingehen soll: Museum, Galerie oder etwas ganz anderes. Dementsprechend sollte man dann Praktika oder Nebenjobs auswählen.
Hannah Wagner