Aus dem Labor

Studentische Hotspots in Koblenz erforschen

Philipp Jakobs. Foto: Esther Guretzke

Koblenz ist eine Universitätsstadt. Unter der Woche tummeln sich die Studierenden in den Seminarräumen, auf dem Mikadoplatz und in der Mensa, am Wochenende in der Stadt. Doch wo genau sind die Hotspots der Studis? Dieser Frage geht die Projektgruppe SoMA – kurz für Social movement pattern analysis – mithilfe moderner Technik nach.

“Wir lieben Koblenz” lautet das Motto des Lehrforschungsprojektes SoMA, das am Institut für Soziologie unter der Leitung von Dr. Marc Hannappel versucht  herauszufinden, ob es Studentenviertel in Koblenz gibt und ob man Unterschiede zwischen studentischen Gruppen feststellen kann. In Kooperation mit der Stadt Koblenz entstand auch die sekundäre Fragestellung nach der Lebensqualität von Studierenden und was die Stadt tun kann, um die Studierenden in Koblenz zu unterstützen. Die Durchführung des Projekts übernehmen Studierende des Zwei-Fach-Bachelors und der Pädagogik. Einer von ihnen ist der Soziologiestudent Philipp Jakobs, der vor allem vom selbstständigen Arbeiten im Projekt begeistert ist: “Marc Hannappel hat uns sehr autonom arbeiten lassen und das auch eingefordert”, berichtet der 23-Jährige.

Datenerhebung in der Kneipe

Die Serie

Was gibt es Neues in der Wissenschaft? Wir stellen Personen und Projekte vor, die im Dienst der Universität Koblenz-Landau die Forschung voranbringen.

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Die Projektgruppe unterteilte sich in fünf Untergruppen: Die erste Gruppe setzte sich mit den statistischen Daten der Stadtteile auseinander und forschte zu den Unterschieden. Lützel, Metternich, Vorstadt: Was haben diese und die anderen Viertel in Koblenz gemeinsam? Was unterscheidet sie? Eine weitere Gruppe entwickelte einen Fragebogen, der Milieu- oder Lebensstilmerkmale, also soziokulturelle Parameter, der Teilnehmer erfasst. Die dritte und vierte Gruppe setzte sich mit den Milieus auseinander und schauten in den Stadtvierteln vor Ort nach den Lokalitäten. “In welchem Forschungsprojekt sitzt man schon in einer Kneipe und kann das auch noch Arbeit nennen?”, scherzt Jakobs. Er erklärt: “Die Studierenden befassten sich unter anderen mit der Kneipenszene, aber auch, welche anderen Lokalitäten in den unterschiedlichen Vierteln sind. Sie wollten mit ihren Beobachtungen herausfinden, wie sehr Studierende in der Stadt präsent sind.”

Die letzte Gruppe entwickelte sich erst im Laufe der Forschungsarbeit. “Eine Gruppe für Marketing wurde notwendig, weil wir das Projekt professioneller aufziehen wollten”, erklärt Jakobs. Die Verantwortlichen erstellten Videos, eine Webseite, und sie injizierten eine Sprayaktion am Campus: SoMA prangerte vor einigen Wochen auf dem Weg zur Universität umrandet vom Kartenumriss Koblenz. Mit dieser Aktion sollten die Studierenden auf das Projekt aufmerksam gemacht und dazu angehalten werden, sich die App zu installieren, mit der sie Teil des Projekts werden können.

Herausforderung Datenschutz

“Wir haben vom 19. Juni bis zum 9. Juli 2017 Daten erhoben. Mittels der App haben wir individuelle Bewegungsprofile der Studierenden erstellt. So konnten wir sehen, wo die Studierenden sich aufhalten”, beschreibt Jakobs das Vorgehen. Für eine repräsentative Datenauswertung haben zwar nicht genug Personen teilgenommen, aber der Grundstein für weitere Forschung wurde laut Jakobs gelegt:  “Wir waren eine Art Pilotprojekt. Sicherlich wird es das Projekt in ähnlicher Art noch einmal geben.” Die geringe Beteiligung habe vor allem mit Bedenken wegen des Datenschutzes zu tun. Diese möchten die Projektmitarbeiter jedoch zerstreuen. Die erhobenen Informationen dienten ausschließlich dem Zwecke universitärer Forschung und verfolgten kein kommerzielles Interesse. Auf der Webseite wurde der Programmcode der App veröffentlicht, sodass Interessierte die Möglichkeit haben, genau zu prüfen, was wie erhoben wird. “Wer Google oder Facebook nutzt, kann das Argument der Angst vor Datenüberwachung durch unsere App nicht bringen”, ist Jakobs überzeugt.

Südstadt, das Rauental, Metternich und Lützel

Auf einer Karte vermerkten die Projektmitarbeiter die Streuungspunkte der erhobenen Daten. Supermärkte, Bushaltestellen und der Campus stechen hervor. Ob es Milieuunterschiede gibt, konnte aufgrund der wenigen Teilnehmer nur vage herausgearbeitet werden: Die Südstadt, Rauental, Metternich und Lützel hoben sich ein wenig von den anderen Stadtteilen ab, sind also eher studentische Hotspots als andere Stadtteile.

Jakobs appeliert an Studierende, sich mehr an innerstudentischen Projekten zu beteiligen – nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch, um sich als Studierende gegenseitig zu unterstützen: “Jeder braucht spätestens bei seiner Abschlussarbeit oder bei modulabhängigen Projekten Probanden für Umfragen und Interviews. Wenn jeder sich etwas Zeit dafür nimmt, können richtig gute Ergebnisse herauskommen.”

Esther Guretzke