Studium & Lehre

Rückblick auf ein besonderes Semester

2020 – ein Jahr wie kein anderes. Die COVID-19-Pandemie hat den Alltag in vielen Bereichen verändert, das Leben rund um die Universität Koblenz-Landau war dabei keine Ausnahme. Der Campus ist nahezu leer und die Lehre hat ihren Schwerpunkt ins Netz verlagert. Zwei Studierende, eine Lehrkraft und der Leiter der Abteilung Liegenschaften und Betriebstechnik haben ihre Erfahrungen geteilt.

Landau, mal ohne Campus

Unsere Serie Studium & Lehre gibt Antworten und Hilfestellungen rund ums Studium und stellt besondere Projekte vor.

Für Lukas Kachel war das vergangene Sommersemester das zweite im Masterstudium Psychologie. Das Leben rund um den Campus Landau ist ihm bestens vertraut, denn er hat schon seinen Bachelor hier gemacht. “Der einschneidendste Unterschied im Vergleich zu Präsenzsemestern war die fehlende Zeit direkt am Campus”, erzählt er. Egal ob gemeinsame Vorlesungen, Mittagessen in der Mensa oder der Plausch zwischen Veranstaltungen – der regelmäßige Austausch mit Kommilitonen und Kommilitoninnen habe ihm gefehlt, gehörte er bisher doch fest zu seinem Alltag in Landau. “Da ich meine Leute schon kannte, hat es zum Glück trotzdem gut geklappt, in Kontakt zu bleiben.” Er selbst habe das privat gut hinbekommen, aber auch die Fachschaft Psychologie hat sich Mühe gegeben, die Isolation etwas weniger einsam zu gestalten – zum Beispiel mit einer digitalen Version ihrer beliebten Weinprobe, dieses Mal über die Plattform Discord.

“Der zweite große Unterschied war natürlich die digitale Lehre an sich”, fährt Kachel fort. Unterm Strich habe er diese überraschend positiv wahrgenommen. Zwar habe es Schwankungen zwischen den einzelnen Veranstaltungen gegeben, im Allgemeinen seien die Angebote seitens der Lehrenden aber sehr gut betreut worden. “Die meisten Kurse wurden asynchron über OpenOlat organisiert. Da wir diese Plattform aus vergangenen Semestern schon kannten, hat man sich schnell daran gewöhnt”.

Digitale Lerninhalte wirken oft abstrakt - dagegen hilft für Lukas Kachel vor allem der direkte Dialog. Am Campus war dieser letztes Semester nicht möglich, dafür aber in festen Lerngruppen und Videochats. Foto: Annika Namyslo

Digitale Lerninhalte wirken oft abstrakt – dagegen hilft für Lukas Kachel vor allem der direkte Dialog. Am Campus war dieser letztes Semester nicht möglich, dafür aber in festen Lerngruppen und Videochats. Foto: Annika Namyslo

Auch beim Thema Wissenserwerb wird deutlich, wie wichtig für Kachel der Austausch für ein gelungenes Studium ist. Insgesamt sei ihm der Stoff im digitalen Semester etwas abstrakter vorgekommen als gewohnt, da die für eine tiefere Verarbeitung notwendigen Diskussionen seltener möglich gewesen seien. Synchrone Veranstaltungen mit Videochats seien ihm entsprechend besonders im Gedächtnis geblieben. “Die zeitliche Ungebundenheit asynchroner Lerninhalte hat aber auch Vorteile. Man kann Lehrvideos zum Beispiel mehrmals, schneller oder langsamer abspielen, noch dazu, wann man will.”

Seine Empfehlung für das aktuelle Semester: Treffen in festen Kleingruppen – sobald es die aktuelle Infektionslage zulässt auch im richtigen Leben. “Natürlich nur den geltenden Regelungen entsprechend und mit Sicherheitsabstand. Ich finde es  aber sehr hilfreich, um ein Konzept voneinander, vom Studieren und vom Stoff zu bekommen”. Solange reale Treffen nicht möglich sind, helfen regelmäßige, privat organisierte Videochats, die Verbindung zu Mitstudierenden aufrecht zu erhalten.

Organisation wie Tag und Nacht

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Die Essenz für eine gut funktionierende digitale Lehre liegt in der Organisation. So empfand es Charlotte Schwarz, die am Campus Koblenz studiert. Sie ist 29 Jahre alt und im achten Semester ihres Bachelors im Grundschullehramt für Musik und Mathe. Die Dozierenden ihrer Seminare verfolgten ganz unterschiedliche Vorgehensweisen, die sich auch auf den Erfolg der jeweiligen Veranstaltungen auswirkten. “In einem Seminar gab es nur zwei Videokonferenzen während des Semesters. Ansonsten beruhte alles auf Eigenarbeit, die sich jedoch problematisch gestaltete, weil dafür Informationen fehlten. In einem anderen lief alles wunderbar – wir hatten jede Woche Videokonferenzen und alle waren gut vorbereitet. Das war ein Unterschied wie Tag und Nacht”, erzählt Schwarz über ihre durchmischten Erfahrungen.

Im Sommersemester hatte sie vor allem Veranstaltungen im musikalischen Bereich. “Hier unterscheiden sich die Veranstaltungen je nachdem, ob sie theoretisch oder praktisch sind. Die theoretischen Inhalte kann man problemlos von zu Hause aus lernen. Bei den praktischen Fächern kommt es darauf an, ob der Dozent über die Mittel verfügt, die Lehre per Videokonferenz umzusetzen”, so Schwarz. In ihrem Fall habe die Praxis gut funktioniert. Sie hat es sogar als Gewinn empfunden, auf ihrem eigenen E-Piano statt auf einem Flügel der Universität Musik vorspielen zu können. “Ich habe mich sicherer und wohler gefühlt, wenn ich einfach zu Hause am E-Piano saß, nebenbei Skype offen hatte und etwas spielen sollte”, sagt Schwarz.

Charlotte Schwarz hat durchmischte Erfahrungen mit dem digitalen Semester gemacht. Die Grundschullehramtsstudentin mit den Fächern Musik und Mathe hat es als Gewinn empfunden, auf ihrem eigenen E-Piano statt auf einem Flügel der Universität Musik vorspielen zu können. Foto: Nadja Riegger

Charlotte Schwarz hat durchmischte Erfahrungen mit dem digitalen Semester gemacht. Die Grundschullehramtsstudentin mit den Fächern Musik und Mathe hat es als Gewinn empfunden, auf ihrem eigenen E-Piano statt auf einem Flügel der Universität Musik vorspielen zu können. Foto: Daniel Schwarz

Mit der neuen Lehrform hat sich auch ihr Sozialleben verändert. Als Mutter einer knapp zwei Jahre alten Tochter betrachtete sie die digitale Lehre zunächst als Vorteil, um sich zu Hause um ihre Tochter zu kümmern. Allerdings erschwerte ihr die Situation gelegentlich die Konzentration auf die Seminare. Treffen mit Freunden blieben fast gänzlich auf der Strecke. “Ich kam mir etwas isoliert vor”, sagt Schwarz. Neben den sozialen Beschränkungen durch die COVID-19-Pandemie standen den Treffen Zeitprobleme im Weg.

Was die Lehre betrifft, ist Schwarz gespannt, was sie in diesem Semester bei den Dozierenden erwartet. Sie hofft auf bessere Organisation und Kommunikation. “Manche Lehrende haben sich sehr gut organisiert, andere haben einem kaum Informationen gegeben. Dann war es schwieriger, weil man nicht genau wusste, was man zu tun hatte. Die Dozierenden könnten mehr auf die Studierenden zugehen, indem sie klare Infos und Anweisungen geben und die Studierenden nicht sich selbst überlassen.”

Kommunikation ist das A und O

Digital über Kommunikation im Unterricht lehren – geht das? Für Stefan Gebhard hat es funktioniert. Er ist seit 2017 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Koblenzer Institut für Schulpädagogik. Sein Schwerpunkt liegt auf Kommunikation und Interaktion für Lehramtsstudierende. Dafür musste er selbst im Sommersemester auf neue Verständigungsmittel mit seinen Studierenden umsteigen. Trotz einiger Herausforderungen entdeckte er Methoden für die Seminargestaltung, die er in Zukunft gerne weiterverfolgen möchte.

Stefan Gebhard, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Koblenzer Institut für Schulpädagogik, hat durch das digitale Semster Methoden für die Seminargestaltung entdeckt, die er in Zukunft gerne weiterverfolgen möchte. Foto: Nadja Riegger

Stefan Gebhard, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Koblenzer Institut für Schulpädagogik, hat durch das digitale Semster Methoden für die Seminargestaltung entdeckt, die er in Zukunft gerne weiterverfolgen möchte. Foto: Nadja Riegger

Gebhard setzte er auf eine asynchrone Lehre, indem er Präsentationen für seine Seminarteilnehmer in OpenOlat lud und diese in Podcasts erklärte. Im Gegenzug sollten ihm die Studierenden Analysen zukommen lassen, damit er ihren Lernstand nachvollziehen konnte. “Einige Kollegen und ich waren unsicher, was wir von den Studierenden fordern können. Wir wollten einerseits sehen, was sie verstanden haben, sie aber auch nicht zu sehr überwachen und in ihrer Selbstverantwortung lernen lassen. Das ist eine nie enden wollende Diskussion, weshalb jeder Lehrende es etwas anders macht”, erklärt Gebhard. Abgesehen von einzelnen Rückmeldungen zum hohen Workload, zeigten sich die Studierenden angetan von Gebhards Methoden. Vor allem der Podcast sei viel gelobt worden. “Dass dieses Experiment direkt so gut geklappt hat, hat mich am meisten gefreut”, so Gebhard.

Insgesamt zieht Gebhard eine positive Bilanz aus dem digitalen Semester. “Auf den ersten Blick klingt das paradox, aber ein zentraler Vorteil war, dass ich zum Teil einen engeren Draht zu den Studierenden hatte, weil ich von allen regelmäßig den Lernstand checken konnte.” So einen klaren Eindruck vom Wissensstand der Studierenden habe man sonst nicht. Auch wenn die lebendigen Diskussionen der Präsenzlehre fehlten, gab es dennoch einen aktiven Austausch. Das Forum von OpenOlat wurde viel genutzt. Gebhard ist froh darüber, dass die Studierenden sich gegenseitig Tipps und Hilfestellungen gegeben haben. Für das anlaufende Semester ist er optimistisch. Die größten Herausforderungen seien der Arbeitsaufwand in der Vorbereitung und die Berührungsängste mit den neuen Medien gewesen. Da man hier nun erste Erfahrungen gesammelt habe, könnte man auf diese aufbauen und Neues ausprobieren.

So viel Normalität wie möglich

Nicht nur die Lehre war von der Corona-Pandemie betroffen. Andreas Tepel, Leiter der Abteilung Liegenschaften und Betriebstechnik mit Sitz im Präsidialamt in Mainz, war dafür verantwortlich, das Hygienekonzept an den beiden Standorten mit jeweils lokaler Unterstützung ins Leben zu rufen. “Da Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in meinem Bereich angesiedelt sind, lief die Steuerung der Maßnahmen in weiten Teilen über mich”, sagt Tepel. In normalen Zeiten spielen Bauunterhalt, Raumbelegung und die Begleitung von Baumaßnahmen des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung eine größere Rolle im Alltag. Seit dem Sommersemester ist nun also eine Aufgabe hinzugekommen: “Mein Ziel ist, durch die Maßnahmen so viel Normalität wie möglich zu gewährleisten und gleichzeitig dafür sorgen, die Gefahren möglichst klein zu halten”, so Tepel.

Andreas Tepel möchte durch die Maßnahmen so viel Normalität wie möglich gewährleisten und gleichzeitig die Gefahren möglichst klein halten. Foto: Nothofer

Andreas Tepel möchte durch die Maßnahmen so viel Normalität wie möglich gewährleisten und gleichzeitig die Gefahren möglichst klein halten. Foto: Nothofer

Mit der Umsetzung des Hygienekonzepts ist der Abteilungsleiter an beiden Standorten zufrieden. Insbesondere den Akteuren in der Lehre sei es gelungen, schnell digitale Veranstaltungen anzubieten und die Präsenzlehre zu reduzieren. Außerdem betont Tepel, dass es weder in Koblenz noch in Landau bisher Infektionsketten gegeben habe. “Auch in diesem Semester rechne ich nicht damit”, sagt er. Auf die flächendeckende Verteilung von Masken oder das Aufstellen von Spendern mit Desinfektionsmittel habe er weitestmöglich verzichtet. “Wir orientieren uns stark an den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, eine explizite Maskenpflicht und Handhygiene mit Desinfektionsmittel wurde nicht empfohlen.” Auch die Gesundheitsämter der Standorte haben bei akuten Infektionsfällen die Maßnahmen geprüft und sind zum Ergebnis gekommen, dass das Konzept griffig sei und somit kein Risiko für Studierende und Beschäftigte gesehen werde.

Tepel blickt nun gespannt auf das laufende Semester. Aufgrund der aktuell hohen Infektionszahlen könnten die Veranstaltungen zur Zeit nur in eingeschränkter Präsenz stattfinden. So sollten Lehrende von Kursen mit vielen Teilnehmern auf die digital Lehre setzen, während kleinere Kurse in großen Räumen stattfinden könnten. “Der größte Hörsaal in Koblenz bietet normalerweise 600 Plätze, unter Infektionsschutzmaßnahmen ist dieser nun nur für maximal 100 Studierende vorgesehen”, so Tepel.

Annika Namyslo, Saskia Nothofer & Nadja Riegger