Gerlind Lohff kam aus Lübeck in die Pfalz, um sich im englischsprachigen Master Ecotoxicology mit den Auswirkungen von Schadstoffen auf die Umwelt zu befassen. Nach ihrem ersten Semester berichtet die 25-Jährige im Interview von der praktischen und forschungsorientierten Ausrichtung ihres Fachs.
Woher kommt Ihre Begeisterung für das Fach Ecotox?
In unserer Serie Was studieren? stellen Studierende der Universität Koblenz-Landau ihren Studiengang vor.
Ich habe meinen Bachelor in Agrarwissenschaften gemacht und mich damit beschäftigt, welche Schwierigkeiten die Ernährung einer Bevölkerung durch Landwirtschaft nach sich zieht. Mit den Auswirkungen der Agrarwirtschaft wollte ich mich in meinem Master weiter befassen, um erforschen zu können, wie die Bereitstellung von Nahrung gewährleistet werden kann, ohne dass die Umwelt weiter geschädigt wird.
Warum haben Sie sich für Landau entschieden?
An vielen Unis gibt es Ökotoxokologie auf Deutsch, Landau ist der einzige Ort, an dem der Studiengang Ecotoxicology englischsprachig angeboten wird. Das war mir wichtig, um auch international arbeiten zu können. Man hat hier außerdem die Möglichkeit, im Rahmen des Studiums die Ausbildung zum Certified Risk Assessor zu machen, also Forschungsprojekte und Laboranalysen professionell bewerten zu können. Und natürlich finde ich die Stadt sehr schön.
Was machen Sie genau in Ihrem Studium?
Das gesamte Studium läuft auf Englisch ab. Alle Lehrveranstaltungen und sämtliche Prüfungen der vier Semester werden in englischer Sprache absolviert. In der Einführung in Ökotoxikologie lernen wir die relevanten Bereiche und Begriffe des Fachs kennen, sozusagen das Grundvokabular für das Studium. Außerdem befassen wir uns mit den wissenschaftlichen Grundlagen in Statistik, Physik und Chemie. Ab dem zweiten Semester ist das Studium sehr praktisch ausgelegt. Wir machen zum Beispiel einen mehrwöchigen Chemielaborkurs, in dem wir Analysemethoden erlernen. Darauf folgt ein mindestens zweimonatiges externes Praktikum, das sich Applied Module at External Organizations (AMEO) nennt. Im zehnwöchigen Research Project Course (RPC) dürfen wir an aktuellen Forschungsprojekten der Profs und Institute mitarbeiten.
Welche konkreten Inhalte werden in Ihrem Studienfach vermittelt?
Im Kern geht es um die menschlichen Einflüsse auf die verschiedenen Ökosysteme der Erde. In Toxicokinetics und Toxicodynamics betrachten wir die Bewegung der Schadstoffe durch das gesamte Ökosystem. Dazu gehören zum Beispiel die Fragen danach, wie Schadstoffe in der Umwelt verbreitet werden, wie sie sich im Laufe der Nahrungkette bewegen, wie Organismen sie aufnehmen und welchen Schaden die Stoffe anrichten. In Molecular Ecology beschäftigen wir uns mit Populationsgenetik. Da werden Vererbungslehre und Populationsökologie miteinander verknüpft. Konkret heißt das, dass wir das Zusammenleben der einzelnen Tier- und Pflanzenarten in verschiedenen Ökosystemen, wie zum Beispiel im Teich oder im Wald, untersuchen. So können wir erkennen, wie diese sich gegenseitig beeinflussen und wie das gemeinsame Leben das Ökosystem oder sogar die Evolution verändern kann.
Was gefällt Ihnen am besten?
Wir haben sehr kompetente Profs, die immer auf uns Studierende eingehen, Zeit für Fragen haben und uns bei der Praktikumssuche unterstützen. Für jegliche Interessen bezüglich Masterarbeit oder Auslandsaufenthalt sind sie offen und beraten uns. Durch die Internationalität des Studiengangs kommen Studierende aus Nationen weltweit zusammen. Wir lernen voneinander, wie wir leben und lernen und machen jetzt gemeinsam das Gleiche, das ist super. Toll ist auch, dass man durch die praktische Ausrichtung seinen eigenen Schwerpunkt legen kann. Je nach persönlichem Interesse kann man ab dem zweiten Semester mehr in die chemische oder physikalische Richtung gehen, den Bereich Biologie oder Genetik vertiefen, oder sich mehr mit aquatischer Toxikologie – im Wasser – oder terrestrischer Toxikologie – auf der Erde – beschäftigen.
Welche Fähigkeiten sind in Ihrem Studium besonders gefragt?
Mit einem vorangegangenen Bachelor of Science sollte man über gute Bio-, Chemie- und Physikgrundkenntnisse verfügen und sich auch mit Mathe und Statisitk befassen wollen. Man muss Englisch können, um in den Seminaren und mit der Literatur klarzukommen. Und man sollte Lust haben, sich mit komplexeren Zusammenhängen auseinanderzusetzen. Zum Beispiel lernen wir in Physik, warum man wissen muss, wie Diffusionsprozesse in der Luft ablaufen. Das ist wichtig, um erklären zu können, wie sich Schadstoffe verbreiten. Für dieses Umdenken von der Theorie in die Praxis muss man offen sein.
Wie kommen Sie mit der englischen Sprache im Studium klar?
Das ist schon eine Besonderheit. Ich war in der Schule ganz gut in Englisch und dachte immer, dass es mir leicht fällt. Aber im Seminar mal schnell eine Frage stellen war am Anfang dann doch schwierig, weil mir einfach Vokabeln gefehlt haben. Aber man lernt schnell viel dazu, da man ja täglich mit dem Stoff konfrontiert wird. Dadurch verliert man die Angst und hat auch keine Scheu mehr nachzufragen, wenn man mal etwas nicht weiß.
Was möchten Sie nach der Uni machen?
Ich möchte meine Kenntnisse aus Bachelor und Master verbinden, also möglichst Agrarwissenschaften und Ecotox miteinander kombinieren, gerne auch international. Ich könnte mir vorstellen, in der Pflanzenschutzmittelforschung an der Uni oder in der Pharmaindustrie tätig zu werden, oder mich mit der Entwicklung nachhaltiger Landwirtschaft vor allem in Schwellenländern auseinanderzusetzen.
Wie bereiten Sie die Studieninhalte auf Ihr zukünftiges Berufsleben vor?
Durch das praktisch ausgelegte Studium und die Laborkurse werden wir sehr gut auf eine “Forschungskarriere” vorbereitet. Man wird mit allem nötigen Handwerkszeug ausgestattet, das man braucht, um seine eigenen Studien durchführen und Analysen bewerten zu können. Dieses Urteilsvermögen wird durch die Ausbildung zum Risk Assessor noch besser geschärft.
Konnten Sie schon Praxis-Luft schnuppern?
Ja, ich war für drei Monate in Namibia und habe dort auf einer ökologischen Farm für den Anbau von Heilpflanzen gearbeitet. Es geht darum, mit heimischen Pflanzen ein sehr nährstoffarmes, karges Ökosystem – die Wüste – zu bewirtschaften, umweltschonend zu arbeiten und die eigenen Ressourcen zu nutzen. Das war eine tolle Erfahrung. Während meiner Bachelorzeit habe ich mehrere Praktika auf Höfen absolviert, währenddessen habe ich meinen Traktorführerschein gemacht und war zwischen Kühen und Mähdreschern unterwegs. Eine Zeit lang habe ich außerdem im agrarökonomischen Bereich gearbeitet, wo die Qualität von Ernteerzeugnisse überprüft wird, bevor sie an die Börse gehen und weltweit gehandelt werden.
Welchen Tipp geben Sie denjenigen, die noch auf der Suche nach dem passenden Studienfach sind?
Mir hat die Datenbank auf ZEIT Online sehr geholfen, über die man sich über alle Studiengänge informieren kann. Recherche ist super wichtig, da man in der Schule nur wenig darauf vorbereitet wird, was alles im Leben möglich ist. Man sollte alle Informationen nutzen, die man kriegen kann. Denn die Auswahl an Fächern ist so vielseitig, dass ich davon überzeugt bin, dass es für jeden etwas gibt, das er gerne machen möchte.
Nina Seel