Uni-Menschen

Zeichnen, Lehren, Leben: Aus dem Alltag eines Künstlers

Der Künstler Rainer Steve Kaufmann ist in Landau aufgewachsen und hat Kunst am Campus Landau studiert. Nach einigen Jahren im Schuldienst kehrt er nun als Dozent an die Uni zurück. Fotos: Philipp Sittinger

Der Künstler Rainer Steve Kaufmann ist in Landau aufgewachsen und hat Kunst am Campus Landau studiert. Nach einigen Jahren im Schuldienst kehrt er nun als Dozent an die Uni zurück. Fotos: Philipp Sittinger

Das Institut für Kunstwissenschaft und Bildende Kunst am Campus Landau hat einen neuen Dozenten: Der Künstler Rainer Steve Kaufmann hat vor kurzem sein Büro in der Lazarettstraße bezogen. Als Experte für Zeichnung und Malerei betreut er die Studierenden bei ihrer Arbeit im Kunstatelier und lehrt außerdem im Bereich Fotografie, Video und Medienkunst.

Ein kühler Luftzug weht zwischen alten Holzbalken hindurch. Sonnenlicht scheint durch ein kleines Fenster auf einen Tisch, auf dem große Baumrinden darauf warten, bearbeitet zu werden. Ein Sammelsurium aus Pinseln, Farben und Leinwänden gibt der Umgebung eine urige Atmosphäre. Unter dem Dach eines Altbaus im Landauer Franzosenviertel verbirgt sich Rainer Steve Kaufmanns heimisches Atelier, in dem er zeichnet, malt, ausprobiert und seine Werke sammelt. In dem Raum unterm Dach fällt der Blick zuerst auf eine große quadratische Leinwand: Ein historischer Kuppelbau, ein altes Kettenkarussell und ein lachendes Mädchen mit Cowboyhut – Kaufmanns Mutter. Das Gemälde zeigt das Kaiserslautern der 50er- Jahre und fängt die Aufbruchsstimmung der Nachkriegszeit ein. Seine Sammlung ähnelt einer Familiengeschichte: Nicht nur die Lebensgeschichte seiner Mutter verewigt er seit 2016 in seinen Bildern, auch seinem Großvater hat er eine eigene Serie gewidmet. Aus einer großen Kommode zieht er eine Reihe Zeichnungen und Skizzen, die er auf Basis von Fotografien seines Opas angefertigt hat.

Des Künstlers Atelier unterm Dach: Ein Sammelsurium aus Pinseln, Farben und Leinwänden.

Des Künstlers Atelier unterm Dach: Ein Sammelsurium aus Pinseln, Farben und Leinwänden.

Von seinem Großvater hat Kaufmann auch das Handwerk der Fotografie gelernt, damals noch mit einer alten Spiegelreflexkamera. „Egal ob ich Videofilme drehe, Installationen mache, fotografiere oder zeichne, es geht mir immer um eine ähnliche ästhetische Stilrichtung. Wenn man sich einen Querschnitt meiner Werke anschaut, erkennt man trotz verschiedener Formate einen durchgängigen Faden. Selbst mit Pinsel in der Hand beziehe ich mich auf die harte Linie im Bild. Deswegen sehe ich mich eher als Zeichner denn als Maler.“

Kaufmann in seinem Element.

Kaufmann in seinem Element.

Seit vielen Jahren fertigt er vor allem Tuschezeichnungen und kombiniert in seinen Bildern fein ausgearbeitete Details mit groben skizzenhaften Abschnitten, die ins Abstrakte gehen. Seine Bilder sind geprägt von gedämpften Farben und Schwarz-Weiß: „Ich mag auch knallige Farben, aber sie lenken oft von dem ab, was ich an der Szene besonders interessant finde. Deshalb lasse ich sie bewusst weg, um die Konzentration für einen bestimmten ästhetischen Aspekt im Bild zu erhöhen.“ Thematisch steht in Kaufmanns Werken der Mensch im Mittelpunkt. Inspiriert werde er dabei von ganz alltäglichen Situationen, die er im Leben und auf der Straße beobachtet. „Wenn mir mal nichts einfällt, lese ich ein gutes Buch oder gehe mit der Kamera spazieren und dann ist wieder etwas da.”

Der Weg ins Künstlerleben

Seit seinem siebten Lebensjahr lebt Kaufmann in Landau. Bereits im Alter von 13 Jahren gründete er mit Freunden eine Zeichengruppe, in sie sich gegenseitig das Malen und Zeichnen beibrachten. Später studierte er am Campus Landau Kunst auf Lehramt und war begeistert von der engen Zusammenarbeit zwischen Dozenten und Studierenden. Nach seinem Examen blieb er für eine Promotion an der Universität in Landau, legte die Doktorarbeit aber mit der Geburt seines Sohnes auf Eis. Er erinnert sich: „Mir war klar, dass ich Geld verdienen muss, da bin ich doch Realist genug und brauche trotz Künstlerdasein Sicherheit. Abgesehen davon fehlte mir neben der Theorie der Dissertation die praktische Arbeit. Die Zeit nach meinem Referendariat war so intensiv und anstrengend Zeit, dass ich kaum mehr gemalt habe.“

Familienbande: Kaufmanns Bilder sind geprägt von seiner Familiengeschichte.

Familienbande: Kaufmanns Bilder sind geprägt von seiner Familiengeschichte.

Seine Tochter brachte ihn schließlich zur Kunst zurück: „Sie hat mit etwa einem halben Jahr angefangen, Farbmatschereien zu machen. Die schönsten Klecksereien habe ich für sie aufgehoben und aus den anderen habe ich dann versucht, mit ihr zusammen Tiere und andere Objekte rauszuholen. Das hat mich ziemlich weitergebracht, weil ich dadurch wieder einen offeneren Zugang zur Kunst hatte.“ Seitdem zeichnet er selbst wieder und bereitet neue Ausstellungen vor – mit einer ganz neuen Einstellung: Am Anfang seines Kunststudiums habe er sich und seine Bilder viel zu ernst genommen. Nun sei er wieder soweit, sich auszuprobieren, seine Bilder mit Humor zu nehmen und nicht jedes Bild verbissen anzugehen. Diese Botschaft will er auch seinen Studierenden mitgeben.

Neue Wege gehen

Im Oktober 2017 kehrte Kaufmann als Vollzeitdozent an die Universität Koblenz-Landau zurück: Einer seiner früheren Dozenten empfahl ihm, sich für die freie Stelle zu bewerben. Kaufmann fühlte sich geehrt. Durch Lehraufträge, die er bereits an der Uni hatte, wusste er, wie glücklich es ihn macht, Studierende zu unterrichten. Gerade steckt er noch mitten in den Vorbereitungen, entwickelt seine Kurse und arbeitet die Seminare aus: „Ich muss mich erst herantasten, wieviel Freiheit ich lassen kann, wieviel Input ich geben muss und wieviel ich einfordern kann. Das ist schon anders als in der Schule.“

Neben den neuen Aufgaben will Kaufmann sich die Zeit für die eigene Kunst bewahren. Es gehöre zu seinem Wesen, zu gestalten und produktiv zu sein. „Meinen Studierenden möchte ich vermitteln, dass sie die Begeisterung für die Kunst und künstlerische Prozesse an ihre zukünftigen Schüler weitergeben sollen. Ich bin der Überzeugung, dass jedes menschliche Schaffen irgendwie kreativ ist. Wenn ich es schaffe, das zu vermitteln, habe ich meinen Job getan.“

Nina Seel