Esther Kerkhoff ist 24 Jahre alt und studiert im ersten Mastersemester Kulturwissenschaft. In ihrer Bachelorarbeit hat sie sich mit der Frage befasst, was einen Fan eigentlich ausmacht und anhand der Beispiele Harry Potter und Die Chroniken von Narnia analysiert.
Wie kamen Sie auf dieses Thema?
Ich finde, Fan von etwas zu sein, ist einfach schön. Ich bin selbst Fan von Harry Potter und wollte unbedingt eine größere Arbeit darüber schreiben. Auf Die Chroniken von Narnia kam ich, weil beide inhaltlich und strukturell gut vergleichbar sind.
Was sind Ihre Ergebnisse?
Wie organisiert man die letzte Phase des Studiums? In unserer Serie berichten Studierende von ihren Abschlussarbeiten.
Die Grounded Theory, die mir mein Betreuer als Analysehilfe vorgeschlagen hat, war sehr wichtig für meine Arbeit. Grob gesagt führt man dazu Interviews und stellt anschließend eine These auf. Danach führt man erneut Interviews mit anderen Menschen, um die These zu überprüfen. Falls sich etwas verändert hat, muss man eine neue These aufstellen und so weiter. Ich habe zu jedem Thema einen Fan und einen selbsternannten Nicht-Fan befragt und sowohl gleiche als auch unterschiedliche Fragen gestellt. Daran habe ich die Differenz festgemacht, ab wann man Fan ist und ab wann nicht. Meine Ergebnisse sind, dass jeder Fan selbst entscheidet, ob er Fan ist. Es gibt ein paar Aspekte, an denen man einen solchen ausmachen kann, zum Beispiel die Zeit, die er oder sie in etwas investiert. Doch wenn diese Person sich nicht selbst auch als Fan empfindet, kann sie auch kein Fan sein. Warum sollte man jemandem diesen Titel aufzwingen, obwohl er sich selbst nicht damit identifizieren kann?
Was sind Ihre eigenen Erfahrungen als Fan und wie äußert sich das in Ihrem Verhalten?
Fan von Harry Potter wurde ich, als 2001 der erste Film im Kino lief. Vier Jahre später habe ich in der weiterführenden Schule Freundinnen kennengelernt, die mein Interesse teilten. Von da an schauten wir uns fast jeden Film zusammen an. Mit Harry Potter verbringe ich auch heute noch sehr viel Zeit, ich habe viel Merchandise. Außerdem habe ich für eine Freundin einen Junggesellinnenabschied mit Harry Potter-Motto organisiert. Ich investiere viel Zeit in dieses Fandom, man kann also schon sagen, dass Harry Potter ein wichtiger Teil meines Lebens ist.
Welche Tipps geben Sie Studierenden, die auf der Suche nach einem passenden Thema sind?
Ich habe mich immer daran orientiert, was mich selbst interessiert. Auch bei Hausarbeiten in Modulen, die ich nicht so spannend fand, habe ich mir immer ein Thema rausgesucht, das mich fesselt. Ich finde persönliches Interesse sehr wichtig, das hilft auf jeden Fall ungemein.
In der Bibliothek, im Café oder zu Hause – wo schreiben Sie am liebsten?
Generell schreibe ich am liebsten in der Bibliothek, doch meine Abschlussarbeit habe ich vorwiegend zu Hause geschrieben. Dort konnte ich einfacher Pause machen oder schreiben, wenn ich gerade zwei Stunden Zeit hatte, ohne den Weg in die Uni auf mich nehmen zu müssen. Am besten kann ich aber trotzdem in der Bibliothek schreiben, weil man dort ungestört ist und Licht und Steckdosen direkt am Tisch hat.
Wie organisieren Sie Ihren Arbeitsablauf?
Zuerst habe ich mir ein Thema und einen Betreuer ausgesucht und mit diesem dann meine Idee abgesprochen. Auch den Arbeitsablauf habe ich mit ihm festgelegt. Er hat mir vorgeschlagen, wie ich vorgehen kann, und anhand dieser Struktur habe ich mich an die Arbeit gemacht: Literatur zur Vorgehensweise heraussuchen, Literatur zum Thema finden. Auch wenn man die Einleitung zuletzt schreiben soll, mache ich sie immer zuerst, weil das für mich ein guter Einstieg ist. Dann schreibe ich den Text und überarbeite zum Schluss wieder den Anfang.
Ihre Tipps für ein gutes Zeitmanagement?
Früh genug anfangen. Das Thema, der Betreuer und die Literatur sollten so früh wie möglich gefunden und festgelegt werden. Das ist vor dem eigentlichen Schreibprozess sehr wichtig. Ich habe es mir so eingeteilt, dass ich fünf Tage die Woche an der Arbeit schreibe und das Wochenende frei habe. Das hat nicht immer so gut funktioniert, weil ich nebenbei noch arbeite. Trotzdem ist eine gute Planung der Anfang eines guten Zeitmanagements.
Was unternehmen Sie zum Ausgleich zur wissenschaftlichen Arbeit?
Regelmäßig Pausen zu machen. Ich habe mich meist vor den Fernseher gesetzt, um Abstand zu gewinnen. Nach dem Schreiben habe ich mich mit Freunden getroffen, an der Konsole gesessen oder gelesen. Wenn man den ganzen Tag vor dem Computer sitzt, ist es schön, rauszugehen und etwas anderes zu machen.
Schreibblockaden, Krisen, Selbstzweifel – kennen Sie das? Was machen Sie in solchen Momenten?
Ja, das kenne ich auf jeden Fall. Schreibblockaden fand ich immer kompliziert. Man hat Zeit und ist motiviert, aber es fällt einem nichts ein. Entweder habe ich dann in der Literatur oder online gesucht, was mir einen neuen Denkanstoß geben könnte, oder ich habe mir die Interviews nochmal durchgelesen. Wenn wirklich nichts mehr ging, habe ich die Arbeit ruhen lassen und mich ein oder zwei Stunden mit etwas anderem beschäftigt. Krisen und Selbstzweifel habe ich überwunden, indem ich sie einfach ausgelebt habe. Aber dann muss man sich zusammenreißen, sonst bringt es einen nicht weiter.
Was sind Ihre Pläne für die Zeit nach dem Abschluss? Wissen Sie schon, was Sie beruflich machen möchten?
Ich habe nach der Bachelorarbeit direkt mit meinem Master angefangen. Ich bin mir noch unsicher, worüber ich die Masterarbeit schreiben möchte. Was ich danach mache, weiß ich auch noch nicht genau, ich könnte mir vorstellen, in einer Redaktion oder im Tourismus- oder Eventmanagement für kulturelle Veranstaltungen zu arbeiten. Das sind zumindest die Wünsche, die ich jetzt habe, eigentlich bin ich ziemlich offen. Ich werde voraussichtlich noch ein oder zwei Auslandssemester machen, ich denke, danach weiß ich genau, in welche Richtung es gehen soll.
Hallo Esther, mir gefällt deine Freude für dein wissenschaftliches Thema. Das ist ansteckend und schön. Danke! Da werde ich ja ein richtiger Fan von wissenschaftlichen Arbeiten, die von Menschen erarbeitet werden, die Fans von ihren wissenschaftlichen Themen waren. Weiter so! Wissenschaft macht Freude. Und ist für andere Menschen gedacht und geschrieben. Vielen Dank für deine Arbeit. LG Peter Babnik