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Unsere Profs: Manuela Glaab

Professorin Dr. Manuela Glaab: Ihr Forschungsschwerpunkt ist "Political Leadership". Darin beschäftigt sie sich mit den Führungsstilen von Bundeskanzlern und möglichen Messkonzepten. Foto: Jan Lücking

Professorin Dr. Manuela Glaab: Ihr Forschungsschwerpunkt ist "Political Leadership". Darin beschäftigt sie sich mit den Führungsstilen von Bundeskanzlern und möglichen Messkonzepten. Foto: Jan Lücking

Professorin Dr. Manuela Glaab liebt die Abwechslung in ihrem Beruf: Der Alltag liefert ihr dabei täglich neue Themenfelder. Die Landauer Politikwissenschaftlerin schätzt den Spielraum an der Universität, um Forschung und Lehre miteinander zu verbinden und besondere Veranstaltungsformate zu kreieren.  Im Interview berichtet sie von ihrer Studienzeit und warum sie diesen Beruf ergriffen hat – den damaligen ungewissen Zukunftsaussichten zum Trotz.

Die Serie: Sie prägen unsere Erinnerungen an das Studium, inspirieren uns für das Berufsleben und sorgen für so manche Anekdote unter Studierenden: unsere Profs. Im Uniblog stellen sich die Professoren der Universität Koblenz-Landau den Fragen der Campus-Reporter, geben Einblick in ihren Forschungs- und Lehralltag und verraten, wie sie selbst als Student waren.

Der Professorenberuf ist mit einigen Klischees behaftet: Lange über Büchern brüten, Zerstreutheit, Einsiedlertum, chaotische Tafelbilder… Trifft davon etwas auf Sie zu?

Mir kommt es eher so vor, als bliebe viel zu wenig Zeit zum Lesen, weil die administrativen und anderen Aufgaben im Alltag sehr viel Raum beanspruchen. Auch das Klischee des Einsiedlertums würde ich für mich nicht gelten lassen wollen, weil es zu den Aufgaben der Politikwissenschaftlerin gehört, die politische Praxis intensiv zu verfolgen und zu aktuellen politischen Fragen auskunftsfähig zu sein. Die Sache mit der Zerstreutheit hingegen könnte schon zutreffen, da es mir häufig passiert, dass ich auf der Straße an Bekannten vorbeilaufe, ohne sie zu sehen.

Wie waren Sie als Studentin?

Ich habe es als Privileg empfunden, studieren zu dürfen und war deshalb wohl auch ziemlich diszipliniert. Das Magisterstudium in Mainz mit Hauptfach Politikwissenschaft und den Nebenfächern Publizistik sowie Neuere und Mittlere Geschichte war bei mir tatsächlich das, was man ein Neigungsstudium nennt. Auf Familienfeiern musste ich mich immer wieder fragen lassen, was ich damit bloß anfangen will, Bundeskanzlerin werden, etwa? Mich hat das natürlich geärgert, phasenweise auch etwas verunsichert, aber mir war zugleich klar, dass die Berufsaussichten in anderen Bereichen auch ungewiss waren und ich wenigstens etwas studierte, das mir Spaß machte.

Was meinen Sie: Hat sich das heutige Studentenleben im Vergleich zu Ihrer Studienzeit verändert?

Zum einen ist es ganz klar so, dass die Wahlfreiheit im klassischen Magisterstudium sehr viel größer war, als dies heute in den Bachelor- und Masterstudiengängen der Fall ist. Man konnte bei der Belegung von Kursen mehr den eigenen Neigungen und Interessen folgen und man hat auch mal Seminare belegt, die nicht scheinpflichtig waren und freiwillig zusätzliche Scheine gemacht. Die Motivation war eher eine intrinsische, nicht durch die Benotung erzeugte. Die Wahlfreiheit bedeutete aber auch eine größere Eigenverantwortung, da man den Studienverlauf im Grunde selbst zu organisieren hatte und nicht genau vorgegeben war, wann welche Leistungsnachweise gesammelt werden mussten. Das betrifft den zweiten wichtigen Unterschied: Ich habe schon den Eindruck, dass die Studierenden heute unter einem größeren, weil permanent vorhandenen Prüfungsdruck stehen. Dafür droht dann aber auch nicht die eine große Prüfung am Ende des Studiums, die alles entscheidend für die Gesamtnote ist.

“Ich wundere mich manchmal,
dass das Interesse an Politik
nicht stärker ausgeprägt ist.”
– Manuela Glaab 

Wann haben Sie gemerkt, dass der Weg in die Wissenschaften das Richtige für Sie ist? Gab es Alternativen zur Professorenlaufbahn für Sie?

Ich hatte anfangs ganz andere Berufsvorstellungen, die eher in Richtung Journalismus oder Public Relations gingen. Dann aber habe ich über die Mitarbeit an einem studienbegleitenden Projekt – heute würde man dies wohl als außercurriculares Lehrforschungsprojekt bezeichnen – zum Thema 40 Jahre Zweistaatlichkeit entdeckt, wie produktiv es sein kann, sich über einen längeren Zeitraum mit einer wissenschaftlichen Fragestellung zu befassen und im Team daran zu arbeiten. So kam es, dass ich das Angebot bekam, studentische Hilfskraft in einem Drittmittelprojekt zu werden. Auf diese Weise erhielt ich erste unmittelbare Einblicke in den Forschungsprozess – und bin dabei geblieben.

Was begeistert Sie an Ihrem Fachgebiet?

Dass es niemals langweilig wird. Wenn wir die Zeitung aufschlagen, die Tagesschau einschalten oder Newsfeeds ansehen, werden wir jedes Mal mit unserem Untersuchungsgegenstand und neuen Fragestellungen konfrontiert. Ich wundere mich manchmal, dass das Interesse an Politik – nicht nur unter Studierenden – nicht stärker ausgeprägt ist, weil es dabei doch um Grundfragen des Zusammenlebens in unserer Gesellschaft wie auch der internationalen Staatenwelt geht, die ganz konkrete Auswirkungen auf jeden Einzelnen haben. Politische Zusammenhänge zu analysieren, wie politische Entscheidungen zustande kommen und welche Folgen diese haben, dies besser verstehen und erklären zu können, das macht Politikwissenschaft letztlich aus.

Was gefällt Ihnen an der Arbeit an der Universität?

Es mag wie ein verblasstes Ideal klingen, aber tatsächlich ist es die Möglichkeit, Forschung und Lehre miteinander zu verbinden. Auch wenn die curricularen Spielräume hierfür kleiner sind als früher, ist es doch weiterhin möglich, die eigenen Forschungsinteressen in die Lehre einzubringen und hin und wieder auch in besonderen Veranstaltungsformaten umzusetzen. Seitdem ich in Landau bin, hat meine Arbeitseinheit beispielsweise mit Workshops zum Case Teaching experimentiert, ein Blockseminar in Kooperation mit Kollegen und Politikstudierenden anderer Universitäten oder Exkursionen organisiert. So kann man mit Studierenden auch einmal intensiver an aktuellen Themen arbeiten.

Woran arbeiten oder forschen Sie gerade?

Zum einen sind gleich drei größere Buchpublikationen in Arbeit, bei denen ich als Mitherausgeberin und Autorin involviert bin. Zum anderen beschäftige ich mich gerade wieder intensiver mit meinem Forschungsschwerpunkt Political Leadership, genauer mit den Führungsstilen von Bundeskanzlern und möglichen Messkonzepten. In den US-amerikanischen Presidential Studies gibt es dazu eine lange Forschungstradition. In der deutschen Politikwissenschaft hingegen liegen bisher erst wenige Ansätze vor, die sich mit dem personalen Faktor der Regierungsführung beschäftigen.

Sie leiten die Abteilung Politikwissenschaft, sind Mitglied in mehreren Beiräten und Gutachter für einige Fachzeitschriften – wie bekommen Sie alles unter einen Hut?

Das kann ich kurz und bündig beantworten: zu Lasten der Freizeit.

Welches Buch oder Paper liegt gerade ganz oben auf Ihrem Schreibtisch?

Da liegt gerade der Band Prime-Ministerial Performance. Comparative Perspectives von Paul Strangio, Paul t’ Hart und James Walter (Oxford University Press). Und natürlich stapeln sich immer unzählige Zeitschriftenaufsätze auf dem Schreibtisch. Es gehört wohl zum Alltag des Wissenschaftlers, dass der Lesestapel schneller wächst, als man ihn abarbeiten kann…

Gab es ein Ereignis oder eine Person, das oder die Ihren akademischen Werdegang geprägt hat?

Das eine hängt mit dem anderen zusammen: Der Fall der Mauer und der Prozess der deutschen Einheit in den Jahren 1989/90 markieren exakt den Zeitpunkt, als ich noch als Studentin mit der Forschungsgruppe Deutschland und den von Werner Weidenfeld geleiteten Forschungsprojekten zur deutschen Frage in Berührung kam. Diese Verbindung von Forschung und aktuellem Zeitgeschehen war äußerst spannend und steht exemplarisch für das Verständnis angewandter Politikforschung, das mich bis heute prägt.

Welche Dinge mögen Sie fernab des wissenschaftlichen Alltags? Was unternehmen Sie als Ausgleich zur Denkarbeit an der Uni?

Meine liebste Freizeitbeschäftigung ist das Wandern, künftig wohl häufiger im Pfälzer Wald als in den Münchner Hausbergen. Neuerdings handelt es sich dabei ja um eine Trendsportart, aber ich gehöre eher zur Fraktion der Genusswanderer. Auch Theater, Konzerte und Live-Musik oder Kunstausstellungen sind Highlights, die ich ganz bewusst genieße. Und schließlich beschränkt sich das Lesen nicht auf Fachliteratur, sondern ich lese mit Vorliebe auch Krimis, Romane und Biographien. Zuletzt hat mir der Roman Bühlerhöhe von Brigitte Glaser, eine Agentengeschichte um ein möglicherweise geplantes Attentat auf Konrad Adenauer, sehr gut gefallen.

Professorin Dr. Manuela Glaab studierte Politikwissenschaft, Mittlere und Neuere/Neueste Geschichte sowie Publizistik/Kommunikationswissenschaft an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (Magister) und der Ludwig-Maximilians-Universität München (Promotion). Seit März 2013 ist sie Professorin für Politikwissenschaft mit den Schwerpunkt Politisches System der Bundesrepublik Deutschland am Institut für Sozialwissenschaften an der Universität Koblenz-Landau am Campus Landau. Im Februar 2016 übernahm sie die Leitung der Abteilung Politikwissenschaft.

von Jan Lücking