Mit Menschen mit Behinderung setzen sich Sportstudierende meistens aus therapeutischer Perspektive auseinander. Florian Witzler interessiert sich hingegen für deren berufliche Perspektiven im Bereich Sport. Für seine Masterarbeit beschäftigte sich der Lehramtsstudent mit dem professionellen Tanz bei Menschen mit Behinderung.
Wer sind Sie und was studieren Sie?
Mein Name ist Florian Witzler, ich bin 25 Jahre alt und habe Englisch und Sport auf Lehramt für die Realschule Plus studiert.
Was ist das Thema Ihrer Abschlussarbeit?
Wie organisiert man die letzte Phase des Studiums? In unserer Serie berichten Studierende von ihren Abschlussarbeiten.
Es geht um den professionellen Tanz bei Menschen mit Behinderung, bei dem weder Freizeit noch ein therapeutischer Charakter im Vordergrund stehen. Der Fokus liegt auf dem sportlich-künstlerischen Aspekt. Ich diskutiere Begriffe wie Ästhetik und Tanz und biete neue Auslegungen an. Die Arbeit zeigt aber auch, wie dünn der aktuelle Forschungsstand ist. Ein Signal für den Stellenwert des Thema und das Bild von Behinderung in unserer Gesellschaft. Ein Mensch mit Behinderung wird oft direkt stigmatisiert und als therapiebedürftig angesehen. Dass Behinderung aber nicht immer eine Einschränkung, sondern durchaus auch eine Möglichkeit darstellt, zeigen Menschen, die das Tanzen professionell ausüben und Musik auf ihre ganz eigene Art und Weise interpretieren.
Wie kamen Sie auf dieses Thema? Was interessiert Sie daran?
Ich habe sowohl Interesse am Tanzen als auch am Behindertensport und wollte beides in meiner Abschlussarbeit zusammenbringen. Es gibt wie gesagt derzeit kaum Literatur zu diesem Thema. Ein paar Werke kommen aus dem englischsprachigen Raum, die meisten davon legen den Schwerpunkt aber auf einen therapeutischen Ansatz. Deshalb fand ich das Thema spannend.
Welche Tipps geben Sie Studierenden, die auf der Suche nach einem passenden Thema sind?
Man sollte sich ein Thema aussuchen, das einen interessiert, da man viel Zeit und Mühe investiert. Mit der Masterarbeit setzt man sich mindestens fünf oder sechs Monate auseinander. Es schreibt und liest sich besser, wenn zumindest ein klein wenig Herzblut an dem Thema hängt. Der zweite Tipp: Man sollte das Thema seiner Arbeit gut eingrenzen. Ich würde empfehlen, sich zunächst einen Überblick zu verschaffen und den Fokus auf einen bestimmten Aspekt zu legen. Nur so kann man die begrenzte Zeit für die Abschlussarbeit optimal nutzen.
Nach welchen Kriterien haben Sie den Betreuer Ihrer Abschlussarbeit ausgesucht?
Ich habe den Betreuer meiner Abschlussarbeit, Prof. Dr. Otto Schantz, nach dem Interessengebiet ausgesucht. Er befasst sich in seiner Forschung unter anderem mit Sportsoziologie und Sportpsychologie. In diese Bereiche fällt auch mein Thema. Außerdem war es mir wichtig, dass ich kein Standardthema aufwärme und durchkaue. Ich wollte einen neuen Beitrag zur Wissenschaft leisten.
In der Bibliothek, im Café oder zu Hause – wo schreiben Sie am liebsten?
Meine Lernorte variieren stark. Es kommt darauf an was ich genau mache. Wenn ich mich extrem konzentrieren muss, lerne ich in der Bibliothek. Wenn ich ich mir einen Überblick verschafft und schon vorgearbeitet habe, gehe ich zum Verschriftlichen der Notizen in ein Café oder lerne daheim.
Wie organisieren Sie Ihren Arbeitsablauf? Wieviel Zeit investieren Sie wöchentlich ungefähr in Ihre Arbeit?
Ich habe im Vorfeld sehr viel Zeit in die Erstellung eines eigenen Schreibsystems investiert. Beispielsweise habe ich für verschiedene Aspekte unterschiedliche Marker festgelegt. Außerdem habe ich einen Zeitplan erstellt und mir Deadlines gesetzt. Durch die aufwändige Vororganisation hatte ich in der eigentlichen Arbeitsphase mehr Freizeit. In regelmäßigen Abständen habe ich zudem meinen Arbeitsplan reflektiert und nachgebessert, wenn es sein musste. Ein normaler Tag während der Arbeitsphase begann bei mir um 7 Uhr morgens. Mit einer Tasse Kaffee ging es an den Schreibtisch. Mittags wurde meine Schreibphase für das Mittagessen unterbrochen und ab 15 Uhr hatte ich Freizeit. Ich kam gut damit zurecht, mir für jeden Tag eine To-do-Liste zu erstellen. Tatsächlich würde ich sagen, dass ich sehr organisiert bin. Das hat mit geholfen, die Zeit effektiv zu nutzen und am Ende der Arbeitsphase entspannt zu sein.
Was unternehmen Sie, um einen Ausgleich zur wissenschaftlichen Arbeit zu finden?
Zum Ausgleich treibe ich Sport. Ich gehe laufen, tanze und leite diverse Tanzkurse. Ab und an gehe ich mit Freunden etwas trinken oder essen. Ein weiteren Hobby von mit ist die Musik. Mit meiner Band GrooveBox musiziere ich oder übe daheim für mich.
Schreibblockaden, Krisen, Selbstzweifel – kennen Sie das? Was machen Sie in solchen Momenten?
Ich hatte am Anfang bei der Literatursuche eine kleine Krise. Es gibt zu diesem speziellen Thema leider noch wenig Literatur, erst recht keine wissenschaftliche. Die ersten Seiten sind immer die schwersten. Ständig fragte ich mich, ob das im Kontext des Ganzen überhaupt Sinn macht. Wenn ich einmal im Fluss bin, dann läuft das Schreiben gut. Zum Glück hatte ich nachher keine Probleme, im Gegenteil, ich musste den Text sogar kürzen. Meine Bachelorarbeit mit einer 1,0 war wesentlich einfacher als die Masterarbeit. Es ist wirklich doppelte Arbeit, viel intensiver und der Aspekt des empirischen Arbeitens wird mehr gefordert.
Was sind Ihre Pläne für die Zeit nach dem Abschluss? Wissen Sie schon, was Sie beruflich machen möchten?
Im August habe ich mein Referendariat in Hachenburg an der Realschule + Graf Heinrich begonnen. Ich möchte aber weiterhin Hip-Hop-Kurse geben und mit meiner Band in Koblenz und Umgebung spielen. Mein Plan für die entferntere Zukunft ist, dass ich später nur Teilzeit als Lehrer arbeite. Die restliche Zeit möchte ich für Sozialprojekte im Bereich Tanz und Musik nutzen und würde mir damit gern ein zweites Standbein aufbauen.
Interview: Esther Guretzke