„Krieg, Flucht und Folter“, so heißt das Seminar von Dr.des. Kathrin Heintz (34). Ein zu schwieriges Thema für den Schulunterricht? Nein, findet die Germanistik-Dozentin. Sie zeigt angehenden Lehrern am Campus Landau, wie ernste Themen mithilfe von Kinder- und Jugendliteratur im Schulunterricht besprochen werden können.
Ein Flüchtlingskind im Schulunterricht gehört immer häufiger zum Alltag von Lehrkräften. Damit angehende Lehrer für das Thema Flucht sensibilisiert werden, lesen die Teilnehmer im Germanistik-Seminar von Dr.des. Kathrin Heintz Texte wie „Ein Hand voller Sterne“ von Rafik Schami oder „Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor“ von Joke van Leeuwen. Die Dozentin ist überzeugt, dass sich mit Bilderbüchern und Erzählungen die grausamen Ereignisse und Konsequenzen eines Krieges kindgerecht in den Unterricht aller Schulformen einbauen lassen. „Kinder bekommen über die Massenmedien sowieso sehr viel mit, auch die Flüchtlingskrise. Aber Erwachsene reden nicht gern darüber, weil sie denken, es sei zu schwierig für Kinder“, berichtet Heintz. Die große Stärke von Literatur sei, dass Kinder durch Geschichten lernen, in eine fremde Perspektive hineinzuschlüpfen.
Thema von hoher Relevanz
Das Angebot auf dem Buchmarkt zum Thema Flucht in der Kinder- und Jugendliteratur wächst. „Ich bin fasziniert davon, wie gut die Texte solch schwierige Themen vermitteln, ohne dabei deprimierend zu sein. Die drastischen Situationen sind oft in zauberhafte Texte eingebunden. Es dreht sich nicht alles nur um Krieg und Folter, sondern um das Leben der Menschen, mit allem, was dazu gehört“, erzählt die Dozentin. Im Seminar werden nicht nur die Werke thematisiert, sondern Heintz möchte parallel auch einen Blick auf die Menschenrechte und das Grundgesetz werfen. Die junge Dozentin versteht sich in ihrer Rolle an der Universität als Multiplikatorin: „Wenn ich es schaffe, andere zu sensibilisieren, kann ich die Hoffnung haben, dass die angehenden Lehrer das Thema mit in die Schule nehmen. Und wenn jeder von ihnen jedes Schuljahr einige Menschen erreicht, sind es schon sehr viele und dann hat man wahnsinnig viel bewegt.“
Als Heintz ihr Seminar zum Thema Menschenrechte vor zwei Semestern begann, ahnte sie noch nicht, wie relevant es im Zuge der steigenden Flüchtlingszahlen in Europa werden würde. Innerhalb ihres Seminars behandelte sie anfangs vier Schwerpunktthemen rund um das Thema Menschenrechte. „Im letzten Semester haben wir festgestellt, dass der Komplex Krieg, Flucht und Folter viel zu kurz kommt und dass das Interesse der Studierenden sehr hoch ist. Der Bedarf, ausführlicher über die Themen zu sprechen, war viel größer, als es in den einzelnen Sitzungen möglich war“, erinnert sie sich. Deshalb beschloss sie, zu diesem Thema ein eigenes Seminar anzubieten. „Als Dozentin kann mir nichts Besseres passieren, als dass die Studierenden von Beginn an ein wahnsinniges Interesse und Engagement mitbringen“, freut sich Heintz.
Kooperation mit dem Landauer Café Asyl
In diesem Semester gibt es erstmals eine Kooperation zwischen ihrem Kurs und dem Café Asyl, einer Flüchtlingsinitiative aus Landau, um Berührungspunkte zwischen Studierenden und Flüchtlingen zu schaffen. Jeder Studierende soll mindestens einmal im Semester zur Begegnungsstätte kommen, die an jedem ersten und dritten Mittwoch im Monat stattfindet. Den Anstoß zu dieser Zusammenarbeit gab Klara Ventz, eine Mitarbeiterin des Café Asyl, die im vergangenen Semester das Seminar „Krieg, Flucht und Folter“ besuchte. Dort berichtete sie von ihrer Arbeit in der Flüchtlingsinitiative und fungierte als Expertin. „Im Anschluss an das Seminar bin ich auf sie zugegangen und habe gefragt, ob ich mit dem Seminar vorbeikommen kann, um einen noch engeren Bezug zu schaffen“, erzählt Heintz.
Durch den Besuch im Café Asyl sei das Interesse bei den Seminarteilnehmern geweckt worden, sich im Fach Deutsch als Fremdsprache ausbilden zu lassen, um Kurse für Flüchtlinge geben zu können. „Die kleinen zwischenmenschlichen Begegnungen haben einen großen Eindruck hinterlassen. Auch bei mir“, verrät Heintz. Zurzeit arbeiten die Seminarteilnehmer an einer Interpretation der ersten 19 Artikel des Grundgesetzes. „Es gibt zwar Übersetzungen des Grundgesetzes, aber für Flüchtlinge ist es schwer nachzuvollziehen, was hinter Begriffen wie Menschenwürde oder Freiheit steckt. Die Studierenden im Kurs sollen die kulturellen Ideen, die dahinter stecken, beschreiben und erklären.“ Diese Überarbeitung geben sie am Ende des Semesters ans Café Asyl zurück. Für die Zukunft wünscht sich Heintz, dass sich angehende Lehrer im Alltag und an der Schule für Toleranz und Menschenrechte einsetzen.
Katharina Greb