Praxis erfahren

Radio GaGa: Praktikum bei RPR1 Koblenz

René Lang absolvierte im vergangenen Sommersemester ein Praktikum bei RPR1 in Koblenz. Foto: Teresa Schardt

René Lang absolvierte im vergangenen Sommersemester ein Praktikum bei RPR1 in Koblenz. Foto: Teresa Schardt

Von wegen “Video Killed The Radio Star”: Das Radio ist noch immer fester Bestandteil unseres Alltags. Der Kulturwissenschaftler René Lang absolvierte im vergangenen Sommersemester ein Praktikum bei RPR1 in Koblenz. Dabei hat er gelernt: Wer Radio verstehen will, muss die Leistung hinter den einzelnen Beiträgen erkennen.

Ob unter der Dusche, bei der Autofahrt oder während der Arbeit: Das Radio ist unser ständiger Begleiter. Wir verabreden uns zwar nicht mehr zum Radio hören, dennoch spielt das Medium bis heute für viele Menschen eine wichtige Rolle. Die Stimmen unserer Lieblingsmoderatoren erscheinen uns vertraut, ohne dass wir ihnen jemals gegenüberstanden. Täglich lachen, raten und diskutieren wir mit ihnen, obwohl sie uns nicht hören können. Dieser Umstand fasziniert mich seit langem. Während meines Praktikums habe ich einen Eindruck davon erhalten, wie Radio funktioniert.

Die Serie

Karriere. Lindsay Henwood/UnsplashDie Arbeitswelt kennenlernen und Perspektiven ausleuchten – wer hier schon im Studium aktiv wird, dem fällt der Berufseinstieg oft leichter. Unsere Serie „Karriere“ informiert zu Möglichkeiten, sich auf den Lebensweg nach der Uni vorzubereiten.

Die Rheinland-Pfälzische Rundfunk GmbH & Co. KG – besser bekannt als RPR1 – ist einer der erfolgreichsten privaten Radiosender des Landes. Das Sendegebiet reicht von der südlichen Pfalz bis nach Köln, wobei sich in allen größeren Städten Studios befinden. Diese Lokalredaktionen sammeln ihre Beiträge innerhalb der Region, um sie in die Sendezentrale nach Ludwigshafen zu schicken. Von dort aus werden sie in das laufende Tagesprogramm eingespeist. Ich selbst absolvierte mein Praktikum in Koblenz, wo man für das Gebiet zwischen dem Nürburgring und der Loreley zuständig ist. Planbar waren die Tage in der Redaktion selten. Sobald etwas in der Region geschah, mussten wir vor Ort sein. Dabei kommt man mit Politikern und Lokalberühmtheiten, aber auch dem Bürger von nebenan in Kontakt. Hierin liegt der Reiz an der Arbeit beim Radio: Man blickt hinter die Kulissen und teilt seine Erfahrungen mit der Welt.

Von Weltenbummlern und Sprachtalenten

Es gab drei grundlegende Aufgaben, für die ich verantwortlich war: das Sammeln von O-Tönen – also Stimmen von Passanten zu bestimmten Themen – sowie das Verfassen von Veranstaltungstipps und die Suche nach Abenteurern. Das Geschehen außerhalb der Redaktion bei Pressekonferenzen, Veranstaltungen oder in der Fußgängerzone war spannend: Im Vorfeld konnte man sich nie sicher sein, was die jeweiligen Interviewpartner erzählen. Eine Schwierigkeit lag darin, einzuschätzen, inwieweit eine Aufnahme verwendbar ist oder nicht. Man muss spontan entscheiden können, welche Strategie sich lohnt. Wie formuliere ich meine Fragen? Brauche ich eine kurze oder lange Aussage meines Gesprächspartners? Ist die Stimme des Gegenübers für einen Radiobeitrag geeignet? Zu Beginn war das für mich ungewohnt. Im schriftlichen Journalismus hat man den Vorteil das Gehörte im Anschluss an ein Interview in einen Text umzuwandeln. Beim Radio muss man mit dem arbeiten, was man bekommt. Doch auch innerhalb der Redaktion gab es einiges zu tun. Täglich wurden Veranstaltungstipps aufgenommen. Nach Recherche sowie Texterstellung wurde der entstandene V-Tipp vom Redakteur geprüft und angepasst. Im Studio wurde der Text dann vom Redakteur eingesprochen. Auch ich durfte im Aufnahmestudio Texte einsprechen. So leicht, wie es sich bei manchen Moderatoren im Radio anhört, ist es nicht. Sich gleichzeitig auf die eigene Stimme, deren Höhen und Tiefen, Pausen und das Tempo zu konzentrieren, ist ein regelrechtes Kunststück. Dabei auch noch den Text fehlerfrei vorzutragen, erfordert Übung. Meine ersten Aufnahmen erinnerten eher an einen Obsthändler, der seine Angebote der Woche anpreist.

Abgesehen davon gab es eine weitere Aufgabe, die mich ständig in Atem hielt: Wöchentlich recherchierte ich nach Abenteurern, also nach Menschen, die in der Welt unterwegs waren und Unfassbares erlebt haben. Die Redaktion Koblenz ist für die Radiosendung Mein Abenteuer mit Moderator Reiner Meutsch verantwortlich. Sobald ich geeignete Kandidaten gefunden hatte, recherchierte ich die nötigen Hintergrundinformationen. Meistens geschah dies über ein telefonisches Interview mit den Abenteurern selbst: Im umgebauten Truck durch ganz Afrika zu reisen, im Kanu Alaska zu durchqueren oder am Fuße des Mount Everest auf alte Freunde zu treffen, ist nur eine Auswahl der Erzählungen. Bei vielen dieser Telefonate fiel es mir schwer, nicht ins Träumen zu geraten.

Mit Erfahrung über sich hinauswachsen

Was mich am meisten beeindruckt hat: Ich war von Beginn an eigenständig tätig. Die Redakteure haben mich nicht zu den verschiedenen Terminen begleitet. Als ich meine erste Pressekonferenz besuchte, das blaue RPR1-Mikrophon in den Händen haltend, wurde mir erst bewusst, wie wichtig mein Auftreten war. Schließlich präsentierte ich das gesamte Unternehmen. Und dementsprechend wurde ich auch behandelt. Oftmals fanden die Konferenzen bei Snacks, Kaffee und Softdrinks statt – was sich heute auch auf der Waage bemerkbar macht. Mit der Zeit konnte ich meine Aufregung überwinden. Ich sah es als Geschenk, mich mit so vielen hochrangigen Personen unterhalten zu dürfen. Viele waren angespannter als ich, sobald das Aufnahmegerät eingeschaltet war.

In meiner letzten Woche konnte ich noch einmal beweisen, was ich gelernt hatte. Während eines Firmenlaufs war ich als Reporter ganztägig im Einsatz, um neben Koblenz auch die Redaktionen Ludwigshafen und Köln mit O-Tönen zu versorgen. Die fertigen Collagen von etwa 25 Sekunden Länge wurden daraufhin in die Nachrichtenbeiträge eingebaut und gesendet. Auch wenn mir klar ist, dass keiner das Gehörte mit mir verbindet, bin ich dennoch stolz darauf. Später konnte ich sogar direkt hinter der Ziellinie stehen, um die ersten Läufer zu befragen. Ebenfalls ein großartiges Gefühl.

Wenn ich über meine Zeit bei RPR1 nachdenke, wird mir bewusst, wie oft ich in dieser Zeit über meinen eigenen Schatten springen und fremde Leute ansprechen musste. Meine Erfahrung: Sobald die erste Hürde genommen ist, läuft der Rest von selbst. Innerhalb der Redaktion herrschte ein familiärer Umgang miteinander. Allen, die über ein Praktikum beim Radio nachdenken, kann ich nur empfehlen, den Versuch zu wagen. Man gewinnt viele neue Einblicke, lernt interessante Menschen kennen, kommt an kuriose Orte und stärkt das eigene Selbstbewusstsein. Als freier Mitarbeiter kann ich nun weiter bei RPR1 bleiben und Beiträge basteln. Und wer weiß? Vielleicht hört man sich ja bald.