Heute teilt Carolin Frank mit euch ihre Erfahrungen rund um ihren vierwöchigen Zuckerverzicht.
Es ist schon erschreckend: Fast in jedem Produkt, das man in herkömmlichen Lebensmittelmärkten kaufen kann, ist Zucker zugesetzt. Und zwar der ungesunde Haushaltszucker. Das wurde mir insbesondere im Laufe des letzten Jahres bewusst, habe ich mich davor doch eher oberflächlich mit (gesunder) Ernährung beschäftigt. Als Schokoladenliebhaber stand bei mir morgens regelmäßig Nutella auf dem Tisch. Und auch wenn ich mir einmal den Griff zur Schokocreme verkniff, so war die Alternative stets süß. Meist war es dann die Erdbeermarmelade oder Honig. Sicher, gesund mag anders aussehen. Aber wie heißt es so schön: „Frühstücken wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein König und Abendessen wie ein Bettler.“ Und so blickte ich ehe ich mich versah schon wieder in ein leeres Nutellaglas. Immerhin hat es geschmeckt. Nun war es mitnichten so, dass ich mich den ganzen Tag ungesund ernährt hätte. Obst und Gemüse standen täglich auf meinem Speiseplan. Wasser und Tee waren auch früher schon die Getränke meiner Wahl. Und die Herdplatte in unserer Küche sah mich auch nicht nur einmal in der Woche. Es stapelten sich weder leere Pizzakartons noch Colaflaschen in meinem Zimmer. Dennoch fühlte ich mich mit der Zeit weniger fit. 15 Minuten Fahrradfahren und dann die Treppen zum Uni-Campus hinauf, ließen mich doch tatsächlich ins Schwitzen kommen, wenn ich es eilig hatte. Und wenn einen andere ständig mit ihrem Fahrrad überholen, kommen einem doch so langsam Zweifel über den eigenen Fitnesszustand.
Der Plan
In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag.
Also beschloss ich erst einmal ganz harmlos, mich für mindestens eine Woche gesünder zu ernähren. Ziel war es natürlich, es länger zu schaffen, keine Frage. „Aber bloß nicht zu viel vornehmen“, dachte ich mir. Eine mögliche Frustration sollte um jeden Preis vermieden werden. Schließlich hieß es hierbei aus altbekannten Gewohnheiten auszubrechen. Ich hielt mein Vorhaben auf einem Zettel fest: Ich wollte in der kommenden Woche auf Süßigkeiten, Kekse, Kuchen, Nudeln, Weizenmehl und Fertigprodukte verzichten und begann zu recherchieren: Dabei stieß ich auf diversen Internetseiten auf das Thema zuckerarme Ernährung und klickte mich durch diverse Youtube-Videos über die in Mode gekommenen Zuckerfrei-Experimente. So langsam ahnte ich, dass es wohl vernünftig wäre, meinen Zuckerkonsum zu überdenken. Und so legte ich den Fokus ab dem Zeitpunkt für die kommenden Wochen auf eine fast (Haushalts-) zuckerfreie Ernährung. Obst gestattete ich mir weiterhin, auf Honig und Saft wollte ich jedoch ebenfalls verzichten.
Thronwechsel mit leichten Entzugserscheinungen
Und so begann ich, aus meinen alten Gewohnheiten auszubrechen. Das letzte Nutellaglas wurde in den Keller gestellt nach dem Motto: „aus den Augen, aus dem Sinn.“ Alternativen mussten her. Und Not macht bekanntlich erfinderisch. Ich hatte morgens längst nicht immer Lust auf Käse und Gemüseaufstriche, zumal auch darin meist raffinierter Zucker enthalten ist. Immerhin erlaubte ich mir Fruktose. Also nahm ich einen Pürierstab in meine Hände und sah dabei zu, wie sich frische Erdbeeren, Datteln und Zitronensäure zu einem Fruchtaufstrich vereinten. Dazu noch selbstgebackene Vollkornbrötchen und man hat kein Gefühl mehr, etwas zu vermissen. Auch Porridge lernte ich kennen und lieben. Der Haferbrei wird zum Beispiel mit Bananen und Zimt zu einem wahren Gaumenschmauß.
Tatsächlich spürte ich in der ersten Woche durch den Zuckerverzicht leichte Entzugserscheinungen. Ich schien mich nämlich schlechter konzentrieren zu können. Außerdem machten sich leichte, nicht weiter schlimme Kopfschmerzen bemerkbar. Zumindest zum Teil wirkt Zucker also wie eine Droge. Das habe ich jetzt am eigenen Leib erfahren. Zum Glück blieb ich allerdings von den oft erwähnten Heißhungerattacken verschont. Überhaupt fiel es mir erstaunlich leicht, auf Ungesundes zu verzichten. Die entstandene Lücke lernte ich jedenfalls gut zu füllen und es geschah Sonderbares: Ich habe mein geliebtes Nutella vom Thron gestoßen. An seiner Stelle bot ich fortan gesünderen, weniger verarbeiteten Lebensmitteln den Platz darauf an. Wer hätte es gedacht, es gab sogar Tage, an denen ich mich morgens auf Magerquark mit Früchten gefreut habe. Das schien früher undenkbar.
Hochmotiviert
Bevor ich darauf zu sprechen komme, was mir der Verzicht gebracht hat, muss ich erwähnen, dass ich etwa zeitgleich mit der Ernährungsumstellung begann, auch wieder mehr Sport zu machen. Ich fand Gefallen an den Fitnesskursen, die der Hochschulsport zu bieten hat. Das Bedürfnis, mich fitter zu fühlen, war so groß, dass ich sogar jede Woche voll motiviert zum Zirkeltraining und Bodyshaping geradelt bin und meine sportliche Betätigung auf vier bis sechs Stunden in der Woche ausgereizt habe. Eine Freundin empfahl mir einen Youtube Channel auf dem eine junge Frau, die stets ein Lächeln auf dem Gesicht hat, auch absoluten Non-Akrobaten wie mir Yoga-Übungen schmackhaft macht. Und ich konnte mich sogar einige Male aufraffen, joggen zu gehen. Kennt ihr das Gefühl, wenn man etwas erreicht, das man sich zwar schon lange gewünscht hat, aber nie so schnell erwartet hätte? Genau so fühlte ich mich, als ich es zum ersten Mal ganze 30 Minuten am Stück geschafft hatte: verblüfft und beflügelt zugleich.
Was sich änderte
Zwar blieben die Veränderungen auf der Waage bescheiden, aber ich spürte sie auf den Treppen zum Campus, beim Sport, beim Fahrradfahren. Ich kam weniger ins Schwitzen. Auch mein Hautbild hatte sich verbessert, wenn auch nur leicht. Die aber wohl wichtigste Veränderung war, dass ich kein so starkes Verlangen mehr nach Süßem hatte. Mein Kopf begann vielmehr, gesunde, unverarbeitete Lebensmittel einzufordern. Es hat bei mir Klick gemacht. Und aus Gewohnheiten auszubrechen bedeutet schließlich genau das: einen Schalter im Kopf umzulegen. Ihr kennt es sicher.
Nachdem ich mein Programm vier Wochen durchgezogen habe, kommen mittlerweile auch wieder Lebensmittel mit Zucker auf meinen Tisch. Der Verzicht war von Anfang an nur auf eine bestimmte Zeit ausgelegt. Ich hätte keinen Gefallen daran, dauerhaft Kuchen, Kekse, Schokolade und ähnliche Verführungen aus meinem Speiseplan zu streichen, denn diese Dinge können nach wie vor einen Genuss für mich darstellen. Daher würde es auch nicht funktionieren. Aber der Zuckerverzicht hat mir ein Stück mehr Freiheit gegeben. Hat man sich erst einmal von dem süßen Geschmack distanziert, kann man unbeeindruckt an Süßigkeitenregalen und Eisdielen vorbeilaufen und auch mal ein Dessert dankend ablehnen, ohne das Gefühl zu haben, es wäre ein Verzicht. Langfristig gesehen erscheint mir die Empfehlung der WHO für vernünftig und realisierbar. Das heißt, etwa 25 Gramm Zucker am Tag darf jeder maximal zu sich nehmen. So und jetzt? Jetzt dürft ihr dreimal raten, was ich morgen zum Frühstück essen werde.
Ein sehr guter Bericht über Verzicht und letztendlich auch über die bewusste Ernährung die uns allen zu denken geben sollte.