In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Diesmal sinniert Hannah Wagner über die permanente Veränderung von Lebensentwürfen.
Es ist schon interessant, wie sich Lebensentwürfe und damit zeitliche Einschätzungen und Vorstellungen verändern. Meine Mutter erzählt heute noch, dass ich mit fünf Jahren auf die Frage, was ich einmal werden möchte, voller Überzeugung antwortete: “Mutter natürlich!” Mit 15 Jahren war dieser Wunsch weit weg und ich schmiedete einen anderen Plan: Abitur, studieren, arbeiten, ein Haus mit Katze – alles erreicht mit Mitte 20. Damals ein durchaus realistisches Lebenskonzept. Heute bin ich 27 und denke mir: Kinder? Haus? Job? Um Gottes Willen! Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, Mutter zu werden und einer geregelten Arbeit nachzugehen, geschweige denn, ein festes Heim zu bauen. Das alles eintauschen gegen Saisonjobs und Reiserucksack? Niemals! Mit aller Kraft stemme ich mich gegen die Vorstellung von Verpflichtungen und Bindung. Zu wissen, was ich nicht will, ist heute mein Lebenskonzept.
Von der See in den sicheren Hafen
Eigentlich wäre es gar nicht so schwierig, das genauso weiter zu verfolgen. Besonders dann, wenn ich mal wieder in der Heimat bin und meine Freunde treffe, stelle ich fest: Mit dieser Art zu Leben bin ich fast schon ein Dinosaurier, ein Oldtimer! Da heiraten sie nämlich, haben oder bekommen Kinder, ziehen ihrem Job hinterher, bauen Häuser und wenn nicht das, sind sie mindestens in einer festen Beziehung oder haben einen Hund. Früher hatten wir mal andere Pläne: Wir wollten uns auf unserem Kommunen-Bauernhof selbst verpflegen und um die Welt segeln, von den Kanaren in die Karibik und nach Neuseeland… So habe ich mir das Leben auch immer wie ein Meer vorgestellt, mal sonnig und heiter, mal stürmisch und rau. Häfen, in die man einlaufen und in denen man bleiben kann, gibt es in dieser Vorstellung auch. Nur wollten wir da nicht hin. Wir wollten zurück auf See und uns von den Wellen des Lebens an ferne Ufer tragen lassen. Trotzdem finde ich viele meiner Freunde und Bekannten heute im sicheren Hafen: In ihren Booten, fest vertäut an andere, an Verpflichtungen und Aufgaben.
Veränderungen sind in Ordnung
Dass es manchmal anders kommt und andere es auf ihre Art machen, ist vollkommen in Ordnung, solange sie glücklich sind. Ich würde niemals auf die Idee kommen, irgendjemanden für seine Wahl zu Leben zu kritisieren. Denn wenn man eine Sache auf Reisen lernt, dann, dass Toleranz die Essenz des Lebens ist. Diesen Anspruch mache ich auch für mich selbst geltend, denn jeder kreiert sein eigenes Lebenskonzept, seinen eigenen Kurs für die See, läuft in Häfen ein und bleibt dort oder eben nicht. Bestimmt verändern sich auch meine Ziele und Ideen irgendwann wieder, als Kind hatte ich ja auch ganz andere Pläne.