Elena Bock hat auf Umwegen den perfekten Studiengang für sich gefunden: Die 22-Jährige studiert im ersten Semester in Karlsruhe, als sie merkt, dass ihr Herz für Kinder mit besonderem Förderbedarf schlägt. Bock zögert nicht lange und schreibt sich am Campus Landau für das Förderschullehramt ein. Heute ist sie im sechsten Semester – und hat den Wechsel nicht bereut.
Woher kommt Ihre Begeisterung für das Förderschullehramt?
In unserer Serie Was studieren? stellen Studierende der Universität Koblenz-Landau ihren Studiengang vor.
Bevor ich nach Landau kam, habe ich in Karlsruhe Pädagogik der frühen Kindheit studiert und im Rahmen dessen schon im ersten Semester ein Praktikum in einem heilpädagogischen Hort gemacht. Dort habe ich festgestellt, dass mir der Bereich der Heil- und Sonderpädagogik und die Arbeit mit verhaltensauffälligen Kindern sehr gut gefällt. Also habe ich beschlossen, mein Studium in Karlsruhe nach dem ersten Semester abzubrechen. Danach habe ich drei Monate als Schulbegleitung für ein Kind mit Autismus-Spektrum-Störung gearbeitet. Das Mädchen konnte nicht sprechen, ich habe sie im Schulalltag und im Unterricht unterstützt. Dabei habe ich gemerkt: Das ist das, was ich machen möchte. Schließlich habe ich mich in Landau für Sonderpädagogik eingeschrieben.
Warum haben Sie sich für Landau entschieden?
Die Uni hat genau den Studiengang angeboten, den ich gesucht habe und der meinen Interessen am ehesten entsprochen hat. Landau gefällt mir außerdem super gut. Ich komme ursprünglich aus München, habe mich aber sehr an die Vorteile einer kleinen Stadt gewöhnt.
Was machen Sie genau in Ihrem Studium?
In den ersten vier Semestern habe ich zunächst Mathe, Religion und Bildungswissenschaften studiert und mich dann für das Förderschullehramt entschieden. Jetzt stehen noch die Seminare und Vorlesungen zur sonderpädagogischen Förderung auf dem Stundenplan. In unseren Seminaren geht es unter anderem um Themen wie Sozialisation und um psychologische und diagnostische Grundlagen. Im fünften und sechsten Semester haben wir Vorlesungen zu allen fünf Schwerpunkten, die wir im Master wählen können, sodass wir einen Einblick in alle Bereiche bekommen. Im Bachelor und Master sind insgesamt vier Pflichtpraktika von jeweils drei bis vier Wochen vorgesehen, damit man die Theorie praktisch in der Schule anwenden kann.
Welche konkreten Inhalte werden in Ihrem Studienfach vermittelt?
Wir kriegen einen guten Überblick über Testverfahren im Bereich Diagnostik, Psychologie und Entwicklungspsychologie und darüber, wie man sie im Schulalltag anwendet. Wir lernen, welche Aufgaben zum Lehrer-Sein gehören, da wir später nicht nur unterrichten, sondern auch beraten, diagnostizieren und therapieren – wenn auch nicht im Sinne eines Psychologen. Wir Förderpädagogen suchen nach Möglichkeiten, die Schule für die Kinder passend zu machen. Dafür lernen wir verschiedene Theorien und Förderkonzepte kennen. Zum Beispiel haben wir Seminare zum Thema Integration und Inklusion. Besonders spannend finde ich ethische und moralische Fragen in der Sonderpädagogik. Wir besprechen Themen wie Pränataldiagnostik, Abtreibung und Spätabtreibung. Es ist wichtig, sich damit auseinanderzusetzen, weil wir mit Kindern arbeiten, die eine Behinderung haben.
Was gefällt Ihnen am besten?
Der Blick auf den Menschen oder auf das Kind an sich. Es gibt so viele Kinder, die es nicht leicht haben, und wir lernen, dass es trotzdem Möglichkeiten gibt, die Schule und den Unterricht für die Kinder so zu gestalten, dass es ihnen gelingt, etwas daraus mitzunehmen. Dieses sonderpädagogische Denken macht mir Spaß.
Welche Fähigkeiten sind in Ihrem Studium besonders gefragt?
Man braucht die Offenheit, jeden Menschen so zu nehmen, wie er ist. Manchmal braucht man Durchhaltevermögen und Biss, um sich daran zu erinnern, wofür man das alles macht. Man muss sich vor Augen führen, dass man die Texte nicht nur für die nächste Prüfung liest, sondern für den Abschluss des Studiums, der einen dazu befähigt, unterrichten zu dürfen. Für die Gruppenarbeiten in den Seminaren sollte man eine gewisse Kompetenz für Teamarbeit haben, die man auch später im Lehrerkollegium braucht.
Was möchten Sie nach der Uni machen?
Mein Traum wäre, an einer Schule mit dem Förderschwerpunkt Ganzheitliche Entwicklung zu arbeiten und meine eigene Klasse zu haben, dich ich auf ihrem Weg von der ersten bis zur zehnten Klasse begleiten kann. Ich kann mir aber auch vorstellen, in der Inklusion und in der Beratung zu arbeiten, also als sonderpädagogische Fachkraft an Schulen zu gehen. An den Schulen und gerade im sonderpädagogischen Bereich tut sich gerade so viel, dass es noch einige spannende Möglichkeiten geben wird.
Wie bereiten Sie die Studieninhalte auf Ihr zukünftiges Berufsleben vor?
Da einige Dozenten aus der Praxis kommen, können sie uns insofern gut vorbereiten, als dass sie aus eigener Erfahrung beurteilen und erklären können, was in der Schule funktioniert und was nicht. Das finde ich sehr hilfreich. Auch jede Vorlesung bereitet uns vor, weil wir immer wieder neues Wissen über verschiedene Behinderungen und ganzheitliche Entwicklung vermittelt bekommen, was wir in der Form vorher gar nicht haben können.
Konnten Sie schon Praxis-Luft schnuppern?
Durch mein Praktikum im Hort und die Arbeit als Schulbegleiterin habe ich schon vor meinem Studium in Landau ein bisschen Erfahrung gesammelt. Inzwischen habe ich ein Praktikum an der Montessori-Schule in einer Schwerpunktklasse gemacht, in der ich zwei Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf betreut habe. Mein zweites Pflichtpraktikum absolvierte ich an eine Förderschule für Kinder mit Lernbehinderung in Ludwigshafen. Alle Praxiserfahrungen waren super und ich hätte gerne noch mehr davon. Unabhängig von der Uni habe ich für die Lebenshilfe Kinderfreizeiten mitbetreut und bin durch Nachhilfe und Babysitten auch im privaten Umfeld immer viel mit Kindern in Kontakt.
Welchen Tipp geben Sie denjenigen, die noch auf der Suche nach dem passenden Studienfach sind?
Da fühle ich total mit. Es ist wirklich schwer, sich in diesem komplexen Dschungel aus Möglichkeiten zurechtzufinden. Ich glaube, Praktika sind eine gute Chance herauszufinden, was einem Spaß macht. Im schulischen Bereich sollte man mindestens zwei, drei Wochen einplanen. Und man sollte den Mut haben, sich einzugestehen, wenn das Fach einfach nicht passt. Ich habe auch einmal abgebrochen und letztendlich das gefunden, womit ich richtig glücklich bin.
Nina Seel