Ein Buch über einen autistischen Jungen weckte bei Tina In-Albon, damals noch Schülerin, das Interesse an Psychologie. Heute arbeitet sie als Psychotherapeutin und ist Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am Campus Landau. Ihr Spezialgebiet sind Angststörungen und selbstverletzendes Verhalten. Kinder und Jugendliche möchte sie auf ihrem Weg in ein sorgenfreieres Leben unterstützen.
Den Traum, Psychotherapeutin zu werden, hatte Tina In-Albon seit ihrer Jugend. Das Interesse an der Forschung kam erst im Studium dazu. Die Schweizerin studierte in Basel Psychologie und promovierte im Bereich klinischer Kinder- und Jugendpsychologie. „Mit den Abschlussarbeiten entwickelte sich der Drang, wissen zu wollen, wie psychische Störungen entstehen und wie Therapien noch wirksamer werden können“, erinnert sie sich. Neben ihrer Dissertation über kognitive Auffälligkeiten bei Kindern mit Angststörungen absolvierte sie die Ausbildung zur Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche. Im Anschluss nahm sie in Basel eine Postdoc-Stelle an. Seit März 2013 hat sie am Campus Landau die Professur für klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters inne und pendelt zwischen der Pfalz und der Schweiz, wo ihre Familie lebt.
Forschung, Therapie und Lehre
„Klinische Psychologie umfasst insbesondere die Beschäftigung mit der Diagnostik, Behandlung und Prävention von Störungsbildern”, erklärt die Psychologin. Für die Fokussierung auf Kinder und Jugendliche entschied sie sich, weil zu diesem Feld auch die Entwicklungspsychologie gehört. Besonders interessant findet sie daran die große Altersspanne vom Säugling bis ins junge Erwachsenenalter. „Man weiß inzwischen, dass viele Störungsbilder ihren Ursprung im Kindes- und Jugendalter haben. Mit einer guten Psychotherapie kann man in dieser Phase schon sehr viel bewegen”, weiß In-Albon. Um ihren jungen Patienten etwas für ihren Lebensweg mitzugeben und als Ausgleich neben Lehre und Forschung arbeitet sie weiterhin selbst als Therapeutin: „Ich versuche immer, zwei Patienten zu betreuen, mehr ist leider nicht drin. Schwerpunkte, die ich mit ihnen behandle, sind Angststörungen, Traumata und selbstverletztendes Verhalten.“
Die Forschung zu psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter liegt der Landauer Professorin besonders am Herzen. Zwar hat dieses Feld in den letzten Jahren aufgeholt, steckt aber noch in den Kinderschuhen, berichtet sie. In-Albon setzt sich mit viel Engagement dafür ein, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Aktuell arbeitet die Wissenschaftlerin an der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten KibA-Studie (Kinder bewältigen Angst) mit, die sich mit der Behandlung von Kindern mit Angststörungen und deren Familien befasst.
Im Jugendalter sehen viele Jugendliche keine andere Möglichkeit mit unangenehmen, aversiven Emotionen umzugehen, als sich selbst Verletzungen zuzufügen. In einem weiteren BMBF-Projekt wird untersucht, welche Faktoren dazu beitragen, dass Jugendliche mit den Selbstverletzungen aufhören oder eben nicht. Zudem wird eine Online-Intervention entwickelt, die Betroffenen helfen soll, alternative Strategien einzusetzen. “Für viele stellt der Schritt in eine Psychotherapie eine große Hemmschwelle dar. Es ist traurig, dass schon Kinder und Jugendliche die Einstellung haben, dass niemand wissen, soll, dass sie zu einem Therapeuten gehen. Das Online-Angebot kann eine Alternative sein”, hofft sie.
Umgang mit Emotionen in der Schule
In-Albon ist überzeugt, dass nicht nur durch frühzeitige Behandlung, sondern auch durch Prävention viel erreicht werden kann. Seit einigen Semestern bietet sie im Rahmen ihrer Lehrveranstaltungen mit ihren Mitarbeitern ein Projekt für Studierende am Campus Landau an, das Forschung und Lehre kombiniert. Die Bachelorstudierenden gehen in Schulen, um dort ein universelles Präventionsprogramm mit Schülern durchzuführen, bei dem die gesamte Klasse einbezogen wird. Die angehenden Psychologen erarbeiten mit den Schülern, wofür Emotionen gut sind, wie die Kinder mit Stress umgehen können und zeigen Problemlösestrategien auf. Davon können alle Schüler profitieren. „So bekommen die Studierenden die Gelegenheit, sich in der Praxis zu üben und Psychologie anzuwenden.” Das Programm wird von den Schülern und deren Lehrkräften gut angenommen und wird derzeit evaluiert.
Aus eigener Erfahrung weiß In-Albon, dass man in das Studium und die anschließende Weiterbildung zum Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche viel Zeit und Geld investiert. Die Vielseitigkeit, die das Altersspektrum der Patienten mit sich bringt, und der interdisziplinäre Austausch mit Kinderärzten, Schulen und der Jugendhilfe, aber vor allem stolze und zufriedene Kinder seien jedoch Anreiz genug, dran zu bleiben, findet sie. Ihren Studierenden möchte die Wissenschaftlerin zeigen, dass es sich lohnt, diese Herausforderung anzunehmen: „Kinder sind die Zukunft. Bei ihnen kann man noch viel bewegen. Damit man gut therapieren kann, müssen Praxis und Forschung Hand in Hand gehen. Und wenn davon nur ein einziges Kind profitiert, dann lohnt es sich.“
Nina Seel