Studierende rümpfen häufig die Nase, wenn sie das Wort „Praktikum“ hören, weil sie an langweilige Aufgaben, Kaffee kochen oder schlechte Bezahlung denken. Dabei kann ein Praktikum auch spannend und lehrreich sein: Psychologie-Studentin Leonie Backofen half während ihres dreimonatigen Praktikums als Co-Therapeutin in einer Klinik für Psychosomatik. Neben organisatorischen Aufgaben durfte sie dort sogar Einzelgespräche mit Patienten führen.
Ich studiere im achten Semester den Bachelor in Psychologie. Da ich momentan keine Veranstaltungen besuche, habe ich mich dazu entschieden, mein zwölfwöchiges Praktikum für den Master vorzuziehen, um die Zeit sinnvoll zu nutzen. Dieses Praktikum wollte ich unbedingt in einer Klinik absolvieren.
Von vielen Kommilitonen habe ich gehört, dass sie als Praktikanten in der AHG Klinik für Psychosomatik in Bad Dürkheim hospitiert haben. Da die Klinik von Landau aus gut zu erreichen ist und jeder von positiven Erfahrungen dort berichtete, entschied ich mich zu einer Bewerbung. Der Bewerbungsprozess war sehr unkompliziert. Ich habe angerufen und anschließend der Pflegedienstleitung eine E-Mail mit Bewerbungsunterlagen und meinem gewünschtem Zeitraum geschickt. Es gab noch ein kurzes Gespräch, bei dem es sich aber mehr um eine Vorstellung als um eine Bewerbung handelte. Im April ging es dann los.
Arbeiten in multidisziplinären Teams
Die Klinik ist eine Rehabilitationsklinik, die nach einem verhaltensmedizinisch ausgerichteten therapeutischen Konzept arbeitet und aus sieben Teams besteht. Jedes Team setzt sich aus rund drei Co-Therapeuten (sie sind die ersten Ansprechpartner für die Patienten und übernehmen organisatorische Aufgaben, sie leiten aber auch Gruppen und führen Gespräche), drei Therapeuten oder PiA (Psychotherapeuten in Ausbildung), zwei Ärzten, einem leitenden Oberarzt und einem leitenden Psychologen zusammen. Behandelt werden in der Klinik 244 stationäre und einige teilstationäre Patienten, die ungefähr fünf bis sieben Wochen bleiben. Zu den behandelten Störungen gehören Depressionen, Angststörungen, Zwangsstörungen, Essstörungen, Somatoforme Störungen, Posttraumatische Belastungsstörungen, Persönlichkeitsstörungen und Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen im Erwachsenenalter.
Schritt für Schritt: Von Kopier-Aufgaben zur Co-Therapeutin
Ich war als Praktikantin in Team 4 untergebracht, in dem ich auch sofort sehr herzlich aufgenommen wurde. In dieser Klinik wird man nicht primär durch die Therapeuten, sondern durch die Co-Therapeuten betreut. Dadurch muss man zwar auch einige organisatorische „Dienstbotenaufgaben“ übernehmen, zum Beispiel Kopieren, Zettel verteilen und Anrufe tätigen. Das hat aber den Vorteil, dass man viel von dem mitbekommt, was die Patienten außerhalb der Therapiestunden machen. Zudem hatte ich so meistens etwas zu tun und das Gefühl, dem Team behilflich zu sein.
Ich durfte auch wahnsinnig interessante Dinge miterleben. Zum Beispiel konnte ich nach Absprache mit den Patienten an vielen Einzelgespräche teilnehmen und mich therapeutisch beteiligen. Außerdem nahm ich an Gruppen teil, zum Beispiel der Problemlöse-Gruppe, der Depressionsgruppe, der Zwangsgruppe und dem sozialen Kompetenztraining. So manches durfte ich nach vorheriger Absprache und unter Supervision auch allein durchführen: Ich habe die 40-minütige Progressive Muskelentspannung angeleitet, Co-therapeutische Aufnahmen geführt und vertretungsweise den Früh-Treff, eine 15-minütige Blitzlichtrunde am Morgen, geleitet. Da ich für einen längeren Zeitraum in der Klinik war, konnte ich nach ein paar Wochen sogar selbst als Co-Therapeutin für drei Patienten agieren, was bedeutete, dass ich selbstständig Einzelgespräche führte. Das war für mich richtig toll, weil ich so meine Fähigkeiten testen konnte und gemerkt habe, dass die Patienten mich respektieren und sich mir anvertrauen.
Zusätzlich nahm ich neben Fortbildungen für Psychologen auch an sämtlichen Teambesprechungen und Supervisionen teil. Dabei herrschte im Team immer eine lockere, aufgeschlossene und freundliche Stimmung. Ich wurde sofort als Teammitglied aufgenommen und hatte das Gefühl, dass ich ernst genommen werde und meine Beiträge in den Besprechungen beachtet werden.
Im Berufswunsch bestärkt
Das Praktikum war für mich insgesamt eine tolle Gelegenheit, die therapeutischen Aspekte einer Klinik kennen zu lernen. Ich habe zahlreiche Erfahrungen gemacht und viel über das Vorgehen in einer Klinik, aber auch über meine Eigenschaften und Fähigkeiten in diesem Bereich gelernt. Damit hat mir die Zeit dort vieles gegeben und mich in meinem Wunsch, Therapeutin zu werden, bestätigt. Ich kann die AHG Klinik in Bad Dürkheim wirklich jedem Psychologie-Studierenden, der die klinische Richtung für sich in Betracht zieht, empfehlen.
Protokoll: Esther Guretzke