Bevor Pestizide zugelassen werden, müssen ihre Auswirkungen auf die Umwelt getestet werden. Für solche Aufgaben ist zum Beispiel Rifcon zuständig. Wer bei dieser Firma ein Praktikum machen möchte, sollte Hand anlegen können und keine schweißtreibende Arbeit auf dem Acker scheuen. Niklas Heinemann, Student der Ecotoxicology im dritten Mastersemester, nahm die Herausforderung an und erlebte so viel, dass ihm noch heute 1.000 verschiedene Eindrücke durch den Kopf schießen.
Wo haben Sie Ihr Praktikum absolviert?
Mein Praktikum habe ich bei Rifcon absolviert. Das ist eine in Baden-Württemberg angesiedelte Firma, die als Dienstleister für die Prüfung von Chemikalien und Pestiziden zuständig ist.
Wie sind Sie dazu gekommen?
Ich habe Dr. Carsten Brühl angeschrieben und ihm mitgeteilt, dass ich gerne ein Praktikum machen möchte, bei dem ich an GLP-Feldstudien (GLP: Good Laboratory Practice) mitwirken kann. Von ihm bekam ich dann die Kontaktdaten von Rifcon. Die GLP-Studien sind quasi deren Steckenpferd. Dann habe ich mich beworben und recht schnell eine positive Antwort erhalten.
In welchem Bereich waren Sie aktiv?
Die Serie
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Es waren viele verschiedene Untersuchungen. Beispielsweise gab es einige Bienenstudien, Studien zu Arthropoden, also Gliederfüßern, aber auch Vogelstudien. Und mit Säugetieren haben wir ebenfalls gearbeitet. Als Praktikant kann man in jedem dieser Bereiche mitwirken. Ich habe hauptsächlich bei ökologischen Feldstudien im Semifreiland mitgewirkt, also beispielsweise bei Studien in einem Bienentunnel.
Was waren Ihre Aufgaben?
Je nachdem, was anstand, habe ich ein Auto bekommen und bin an den jeweiligen Ort gefahren, an dem die Studie stattfand. Die Aufgaben waren dann sehr unterschiedlich. Bei Bienenstudien beispielsweise mussten zur Vorbereitung Bienentunnel auf einem Acker aufgebaut werden. Danach wurde eine bestimmte Menge eines Pestizids auf die Fläche appliziert. Das durfte ich zwar nicht selbst machen, aber ich konnte dabei assistieren. Danach ging es in einem Schutzanzug in den Bienentunnel hinein. Dort mussten die Blüten “gesampelt” werden, um zu schauen, wie viel von dem Pestizid wirklich an der Pflanze angekommen war. Die Bienen musste ich mit dem Staubsauger aufsaugen und schockfrosten. Anschließend wurden die Mägen präpariert, um sie später im Labor auf Pestizidrückstände zu analysieren. Neben dem Sampling und der Arbeit im Labor konnte es auch sein, dass Lagerarbeit anfiel, wie zum Beispiel das Reinigen von Fallen. Außerdem arbeitet man, je nach Qualifikation, auch an Statistik-Skripten. Neu entwickelte Skripte musste ich dann beispielsweise mit Excel prüfen.
Das klingt so, als hätten Sie viel erlebt. Was hat Ihnen besonders gefallen?
Einerseits hat mir die Verantwortung gefallen, die mir übertragen wurde. Viele Arbeiten durfte ich eigenständig ausführen. So bin ich beispielsweise alleine zu einer Bienenkolonie in den Odenwald gefahren, wo Rifcon eine Anlage mit mehreren Bienenstöcken stehen hat, und habe diese dann unter anderem auf ihre Mortalität und ihr Verhalten hin untersucht. Zudem hatte ich das Gefühl, ein vollwertiges Teammitglied zu sein. Die Kollegen waren toll. Und ich fand schön, dass ich oft zu den Projekten mitkommen durfte, die mich interessierten. Außerdem wurde ich fachlich sehr gut eingebunden und meine Meinung und Arbeit wurden geschätzt. Sie haben sehr schnell verstanden, was meine persönlichen Stärken sind. Außerdem war das Praktikum unglaublich vielseitig. Es sind auch 1000 Eindrücke, die mir jetzt auf einmal in den Kopf kommen, und dabei waren es “nur” drei Monate. Ich war gefühlt jeden Tag woanders, mal in Frankreich, mal in Heidelberg, manchmal in Hessen oder im Hunsrück. Das Praktikum passte auch sehr gut zum Studium. Ein Vorteil war, dass es insgesamt Hand in Hand ging mit dem, was ich im ersten Semester in Ecotoxicology gelernt habe. Zum Beispiel habe ich in der Vorlesung gehört, wie man Pitfalls (Bodenfallen) aufstellt, und keine zwei Wochen später habe ich das im Feld gemacht.
Was war die größte Herausforderung in den drei Monaten?
Im Schutzanzug bei 37° C im Schatten in den Bienentunnel hineinzugehen, um 500 Blüten zu zupfen, und das den ganzen Tag: Das war die eigentliche Herausforderung. Normalerweise habe ich kein Problem damit, bei Wind und Wetter rauszugehen, aber diese extreme Hitze, die wir hatten, war mein persönlicher Knackpunkt. Die Arbeit ist natürlich körperlich sehr anspruchsvoll.
Können Sie sich vorstellen, diesen Weg später beruflich einzuschlagen?
Ich mag Freilandarbeit. Von der Tätigkeit her könnte ich mir das auf jeden Fall vorstellen. Jeder, der im Feld arbeiten möchte, muss sich aber über die saisonal bedingten langen Arbeitszeiten im Klaren sein. 400 Überstunden in einem Sommer sind durchaus möglich. Die universitäre Forschung würde mich aber auch reizen. Hier ist man etwas unabhängiger als bei einer Firma, die eben industrienah ist.
Können Sie das Praktikum anderen Studierenden weiterempfehlen?
Auf jeden Fall. Man lernt so viel. Selbst wenn man in die Forschung möchte, ist es trotzdem interessant zu sehen, wie es in der Wirtschaft gehandhabt wird.
Interview: Carolin Frank