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Unsere Profs: Mario Schaarschmidt

JProf. Dr. Mario Schaarschmidt zählt zu den besten Wirtschaftsforschern Deutschlands. Zurzeit ist er als Ass.-Prof. am Institut für Management tätig. Foto: Jan Reutelsterz

JProf. Dr. Mario Schaarschmidt zählt zu den besten Wirtschaftsforschern Deutschlands. Zurzeit ist er als Ass.-Prof. am Institut für Management tätig. Foto: Jan Reutelsterz

Im BWL-Ranking der Wirtschaftswoche erreichte er Platz 62: Juniorprofessor Dr. Mario Schaarschmidt ist einer der 100 besten Wirtschaftsforscher im deutschsprachigen Raum. Der 39-Jährige studierte am Campus Koblenz Informatik und ist heute als Assistant Professor of Logistics, Technology and Innovation am Institut für Management an unserer Universität tätig. Neben seiner Forschung spielt er zum Ausgleich Fußball.

Der Professorenberuf ist mit einigen Klischees behaftet: Lange über Büchern brüten, Zerstreutheit, Einsiedlertum, chaotische Tafelbilder… Was trifft davon auf Sie zu?

Unsere Profs sprechen mit dem Uniblog über Forschung, Lehre und Erinnerungen an die eigene Studienzeit.

In meinem Fachgebiet muss ich zumindest nicht lange über Büchern brüten. Dafür lese und analysiere ich zahlreiche Texte in digitalisierter Form. Darauf verwende ich einen Großteil des Tages. Mit chaotischen Tafelbildern kann ich mich ebenso wenig identifizieren, da mittlerweile alles über PowerPoint und Beamer läuft. Wenn Sie meine Frau wegen des Einsiedlertums fragen, würde sie Ihnen vermutlich zustimmen (lacht). Ich investiere viel Zeit in meine Forschung, was ein gewisses Maß an Ruhe voraussetzt. Die Arbeit und den Austausch mit den Studierenden, Doktoranden und Kollegen darf man aber nicht vergessen.

Wie waren Sie als Student?

In einem Wort? Faul. Ich habe mich nie bewusst für mein Studium entschieden. Nach meinem Abitur wusste ich, dass ich entweder auf Lehramt oder Informatik an der Universität Koblenz-Landau studieren werde. Da es in meiner Familie aber schon zwei Lehrer gab, entschied ich mich für die Informatik. Außerdem bin ich fast nie zu Vorlesungen erschienen. Mitmachen war mir schon immer lieber als zuhören. Stattdessen habe ich mich auf den Fußball konzentriert, hatte bis zu acht Mal Training unter der Woche und wurde entsprechend bezahlt. Ich würde auch behaupten, mehr Zeit in der Stadt als am Campus verbracht zu haben. Wenn ich in der Uni war, dann meistens im Bistro (lacht). Letztlich bin ich auch kein klassischer Informatiker geworden, sondern eher in der Betriebswirtschaftslehre tätig.

Sie waren als Promovierender für ein Semester an der Harvard Kennedy School – einer der besten Universitäten der Vereinigten Staaten. Welche Erfahrungen haben Sie dort gemacht?

Meine Erwartungen an die Universität wurden weit übertroffen. Ich konnte meine Sprachkenntnisse massiv erweitern und habe zahlreiche Kontakte geknüpft. Boston ist eine großartige Stadt und verströmt einen eigenen intellektuellen Charme. Zugegeben, ich bin zeitweise umhergeirrt und musste vieles auf eigene Faust entdecken. Es wäre besser gewesen, wenn ich erst in einer späteren Phase meiner Promotion an die Harvard Kennedy School gegangen wäre. Meine Themen waren einfach noch nicht ausgereift.

Was meinen Sie: Hat sich das heutige Studentenleben im Vergleich zu Ihrer Studienzeit verändert?

Mein Studium liegt nicht allzu weit zurück. Ich kann mich noch an die SommerUni am Campus in Oberwerth erinnern. Damals wurde der Innenhof vollständig mit Sand gefüllt, um Partys am Strand feiern zu können. Ich denke, dass das studentische Leben seit der Einführung der Bologna-Reform etwas auf der Strecke bleibt. Regelmäßige Klausuren und andauerndes Lernen waren mir fremd. Ich habe auch das Gefühl, dass wir weitaus mehr mündliche statt schriftlicher Prüfungen absolvieren mussten. Manchmal beendete ich ein Semester sogar, ohne vorher eine Klausur schreiben zu müssen. Das ist heute leider selten.

Wann haben Sie gemerkt, dass der Weg in die Wissenschaften das Richtige für Sie ist? Gab es Alternativen zur Professorenlaufbahn für Sie?

Durch den Fußball hatte ich neben meinem Studium nie Zeit für ein Praktikum. Ich hatte Angst vor dem Berufseinstieg, weil ich keine Erfahrung vorweisen konnte. Nach meinem Studium bekam ich über Professor Dr. Harald von Korflesch die Chance, am Institut für Management zu promovieren. Ursprünglich wollte ich im Anschluss an die Promotion in die freie Wirtschaft. Als ich aber an meiner Dissertation arbeitete, entdeckte ich mit den ersten Erfolgen auch den Spaß an der Wissenschaft. Seitdem wusste ich, dass ich an einer Universität arbeiten will.

Was begeistert Sie an Ihrem Fachgebiet?

Mich begeistern vor allem die Gestaltungsmöglichkeiten. Als Betriebswirt kann ich beispielsweise Themen wie die Digitalisierung aus verschiedenen Perspektiven analysieren. Welche Auswirkungen sie etwa auf Menschen hat, die auf Neuerungen im Unternehmen reagieren. Oder aber ich beschäftige mich selbst mit neuen Technologien. In der Summe bietet mir mein Fachgebiet ein breites Betätigungsfeld.

Was gefällt Ihnen an der Arbeit an der Universität?

Zwei Stichworte: Freiraum und Abwechslung. Kein Tag ist wie der andere. In meinem Beruf arbeite ich mit Studierenden, Doktoranden, Kollegen oder Unternehmen zusammen. Ich besuche Fachkonferenzen, sitze im Büro oder am Schreibtisch zu Hause. Ich halte Kontakt mit der Presse und versuche, Forschungsgelder einzuholen. Diese Abwechslung wird gekrönt durch die Freiheit, selbstständig den Tagesablauf gestalten zu können. Die Universität bietet dazu den groben Rahmen.

Im BWL-Ranking der Wirtschaftswoche wurden Sie auf Platz 62 gelistet. Was ist das für ein Ranking überhaupt?

Im deutschsprachigen Raum wurden in diesem Ranking etwa 2800 Professoren aus der BWL sowie Wirtschaftsinformatik abgebildet. Deren Publikationen, die in wissenschaftlichen Journalen mit Peer-Review erschienen, hat man gezählt und ausgewertet. Dabei wurde auch berücksichtigt, mit wie vielen Koautoren ein Artikel geschrieben wurde und wie hoch angesehen ein Publikationsorgan ist. angesehen ein Publikationsorgan ist. Aus diesen Werten ergibt sich eine Punktzahl, die dann für das Ranking herangezogen wurde. Bücher beispielsweise werden nicht mitgezählt.

Welche Bedeutung hat diese Platzierung für Sie?

Natürlich geht mit dieser Platzierung die Freude einher, dass meine Arbeit, die ich im stillen Kämmerlein produziere, auch gesehen wird. Gleichzeitig muss man betonen, dass es sich bei diesem Ranking um eine Momentaufnahme der letzten vier Jahre handelt. Bewertet wurden ausschließlich Publikationen. Die Lehre, das Einwerben von Forschungsgeldern oder die Transferleistungen werden nicht berücksichtigt. Ich freue mich, sehe die Platzierung aber auch kritisch. Ich bin glücklich, dass mit mir die Universität Koblenz-Landau neben großen deutschen Wirtschaftsfakultäten ebenso im Ranking vertreten ist.

Was macht in Ihren Augen einen guten Professor aus?

Sicherlich nicht allein durch eine gute Platzierung in dem Ranking. Ich denke, ein guter Professor zeichnet sich durch Engagement aus. Wenn in Vorlesungen etwa theoretische Konzepte betrachtet werden, sollte man diese an aktuellen und relevanten Beispielen erklären. Ein guter Dozent macht darauf aufmerksam, an welchen Stellen noch Forschungsbedarf besteht. Wenn Wissen noch nicht fest verankert ist, sollte man diesen Zustand nicht verdecken. Mit Blick auf die Forschung sollte ein guter Professor versuchen, Probleme zu untersuchen, die auch von gesellschaftlicher Relevanz sind.

Welches Buch oder Paper liegt gerade ganz oben auf Ihrem Schreibtisch?

Aufgrund meines Berufs lese ich täglich so viele Texte, dass mir privat die Motivation dazu fehlt. Ich kann höchstens im Urlaub lange genug entspannen, um mich einem Roman zu widmen. Auf meinem Schreibtisch im Büro liegt momentan die Dissertation einer meiner Doktoranden ganz oben.

Gab es ein Ereignis oder eine Person, das oder die Ihren akademischen Werdegang geprägt hat?

Hier würde ich erneut Professor Dr. von Korflesch nennen, der mir die Gelegenheit gab, meine ersten akademischen Gehversuche zu unternehmen. In meiner Zeit an der Universität in Jena konnte ich viel von Professor Dr. Gianfranco Walsh lernen. Über ihn habe ich viele meiner Fähigkeiten weiter ausbauen können, etwa wenn es um Peer-Review-Verfahren ging.

Welche Dinge mögen Sie fernab des wissenschaftlichen Alltags? Was unternehmen Sie als Ausgleich zur Denkarbeit an der Uni?

Meine große Leidenschaft ist mir bis heute geblieben – der Fußball. Um ehrlich zu sein, spiele ich mittlerweile in einer Altherrenmannschaft, der Sport ist mir trotzdem noch sehr wichtig. Neu hinzu kommt meine Liebe zu gutem Essen und edlen Weinen. Ich gehe auf Konferenzen gerne auswärts essen und genieße die lokale Küche. Natürlich schmeckt es Zuhause auch immer gut (lacht).

Das Interview führte René Lang