Andere Länder, andere Sitten: Wer als “International” zum Studium nach Deutschland kommt, dem können Sprachbarrieren und kulturelle Unterschiede anfangs Schwierigkeiten bereiten. Das Projekt STAIR unterstützt internationale Studierende der Universität Koblenz-Landau unter dem Motto „Studieren, Arbeiten und Integration am Rhein“ beim Berufseinstieg in den regionalen Arbeitsmarkt.
Vier Studierende stehen vor einer mit Lebensläufen bestückten Pinnwand, schauen sich die ausgestellten Profile ihrer Kommilitonen an und warten gespannt darauf, was sie bei der Veranstaltung „Hochschule und Wirtschaft – gemeinsam für die Region“ über das Projekt STAIR – Studieren, Arbeiten und Integration am Rhein erfahren. Das Verbundprojekt der drei Hochschulen Ludwigshafen, Worms und Koblenz-Landau unterstützt unter anderem Adrian Food aus Malaysia, Samuel Israelyan aus Armenien und Keerthi Sudarsan und Seher Ghani aus Indien bei der Absolvierung ihres Studiums und dem anschließenden Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt. Alle vier studieren im Master Environmental Science (Umweltwissenschaften) am Campus Landau. Israelyan berichtet, warum er nach Deutschland gekommen ist: „Während meines Bachelors in Armenien habe ich erfahren, dass Deutschland gerade in unserem Fach der Umweltwissenschaften eine Vorreiterrolle einnimmt. Es gibt hier viel mehr staatliche Regulierungen und Gesetze zum Umgang mit der Umwelt, das hat mich besonders interessiert.“ Food ergänzt: „Die Studienbedingungen sind hier zudem viel besser und vor allem günstiger als in meinem Heimatland. Ich möchte gerne bei einem deutschen Unternehmen ein Praktikum machen und nach dem Studium noch ein paar Jahre hier bleiben.“ Mit ihrer Teilnahme am STAIR-Programm erhalten die beiden die nötige Unterstützung.
Kollaboration zwischen KSB und International Office
Die Organisation des Projekts liegt in den Händen von Dr. Irene Lamberz, Geschäftsführerin des Kompetenzzentrums für Studium und Beruf (KSB) und Dr. Iryna Shalaginova, Leiterin des Referats für Internationale Zusammenarbeit und des Akademischen Auslandsamts (International Office). Gemeinsam planen sie Veranstaltungen, bei denen die Teilnehmer potenzielle Arbeitgeber kennenlernen können: „Unsere internationalen Studierenden sind talentiert und bringen tolle Fachkenntnisse mit. Wir möchten ihnen die Chance geben, mit Unternehmen in Kontakt zu treten, aber auch den Unternehmen aufzeigen, welches Potenzial hier zu finden ist“, erklärt Shalaginova.
Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen aus der Region sind vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der Internationalisierung des Arbeitsmarktes auf Absolventen aus dem Ausland angewiesen. Neben Informatik, Wirtschaftsinformatik und Logistik ist der Bedarf auf weitere Fachbereiche wie BWL, Umweltwissenschaften, International Management, Mathematik und Web Science angewachsen. „Gerade Firmen, die international agieren, brauchen Mitarbeiter, die verschiedene Kulturen verstehen und mehrere Sprachen sprechen. Deshalb ist es wichtig, den jungen Leute, die in Deutschland bleiben und hier arbeiten wollen, die Region schmackhaft zu machen”, erklärt Shalaginova. Lamberz hat den Eindruck, dass es bisher eher Zufall war, wenn sich Unternehmen und internationale junge Fachkräfte finden. “Daran kann die Uni mit einem Projekt wie STAIR auch in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur etwas ändern und dafür sorgen, dass das Matching zwischen Firmen und Absolventen besser funktioniert.”
Get Settled & Prepared
Die Teilnehmer des Programms werden anhand eines Treppenmodells stufenweise nach dem Credo „Informieren, Training, Befähigen“ integriert. Sie erhalten zunächst Informationen über arbeitsrechtliche Aspekte für Ausländer und erfahren, wie der deutsche Arbeitsmarkt funktioniert und welche Karrierewege an der Universität und in der Industrie möglich sind. „Schon im Bachelor wurde uns nahegelegt, für den Master nach Deutschland zu gehen. Unsere Professoren haben geraten, deutsche Unternehmen kennenzulernen und wir sind gespannt darauf, wie wir die Sprachbarriere bei Bewerbungsgesprächen meistern“, schildern Sudarsan und Gahni ihre Erwartungen.
Durch die regionale Vernetzung zwischen Universität und Arbeitsagentur, IHK, Wirtschaftsförderungen und Integrationsbeauftragen aus der Metropolregion Rhein-Neckar stehen den Internationals alle wichtigen Services zur Verfügung. Deutsche Studierende können sich am KSB als Buddys, also als studentische Begleiter (Student Advisor), ausbilden lassen, um ihre Kommilitonen dabei zu unterstützen, sich besser im Studentenleben in Deutschland zurecht zu finden.
Get Ready & Go
Im nächsten Schritt wird das Studium von Workshops, interkulturellen Trainings und der Teilnahme an Mentoring-Programmen begleitet. “Unsere Internationals erhalten Unterstützung in Form von Bewerbertrainings, Dos und Don’ts beim Job-Interview, Bewerbungsmappencheck und Kontaktmöglichkeiten zum STAIR-Netzwerk”, erklärt Shalaginova. Außerdem seien Intensiv-Sprachkurse das A und O, um mit den Unternehmen netzwerken zu können. Die neu erworbenen Kenntnisse können die Teilnehmer dann beim Business Speed Dating mit potenziellen Arbeitgebern testen. Zur Förderung der sozialen Integration ermöglicht STAIR, dass die Internationals an Schulen unterrichten, AGs leiten und Nachhilfe geben können. So knüpfen sie Kontakte zu Lehrern, Eltern und Schülern, erhalten leichter Job- und Wohnungsangebote und fühlen sich schneller heimisch. Manche werden zudem im Bereich der Flüchtlingshilfe aktiv oder arbeiten als Laien-Dolmetscher in Sprachen wie Hindu und Ursu, die sonst sehr selten zu finden sind.
Die Weiterführung des Projekts ist für die kommenden drei Jahre gesichert, wie Shalaginova verrät: „Nach dem Erfolg der ersten Runde bleibt STAIR weiterhin an unserer Uni bestehen. Es werden zwei neue Stellen zur Netzwerkpflege und -erweiterung und zur Betreuung der Studierenden geschaffen. Die Formate, die wir im Projekt entwickelt haben, wie das Business Speed Dating und die Jobtour in der Wirtschaftsregion Bergstraße, sollen bestehen bleiben.” Auch KSB-Geschäftsführerin Lamberz zieht ein positives Fazit: „Die Studierenden haben in den bisherigen Formaten vor allem erlebt, dass sie Unterstützung und Informationen bekommen und ich möchte das gerne noch erweitern, indem die Studierenden das Projekt noch stärker selbst mitgestalten.“ Dier vier Internationals aus den Umweltwissenschaften freuen sich auf die kommenden Workshops und blicken gespannt in die Zukunft.
Nina Seel