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Quidditch in der Muggel-Welt

Serafim Tarkovsky und Markus Liesenfeld gehören der Koblenzer Quidditch-Mannschaft Comets Confluentes an. Ja, richtig gelesen: Quidditch, der Sport aus der Welt der Hexen und Zauberer, die Joanne K. Rowling mit den Harry-Potter-Romanen schuf. Tarkovsky ist im Team als Beater aktiv und Liesenfeld spielt auf der Position des Keepers. Die beiden berichten, wie sie ihren Weg zu dieser Sportart gefunden haben und erklären uns, wie das Spiel funktioniert.

Wie hat es diese Sportart in die Muggel-Welt – also ins Reich der Normalsterblichen – geschafft?

Serafim Tarkovsky: Das Konzept wurde 2005 am Middlebury College von zwei Studenten erfunden. Ihnen kam die Idee, das Quidditch-Spiel aus Harry Potter spaßeshalber einfach mal in die Realität umzusetzen. Dabei haben sie gemerkt, dass man das wirklich als Sport spielen kann, wenn man die Regeln entsprechend anpasst – immer mehr Leute hatten Spaß daran, es haben sich Teams gebildet und es wurde sogar damit begonnen, Turniere zu veranstalten.

Wie seit ihr dazu gekommen, Quidditch zu spielen?

Foto: Hans Georg Merkel
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Tarkovsky: Ich habe Quidditch im Sommer 2016 in Bingen kennengelernt. Dort gibt es ein Team, die Binger Beasts. Nach dem Umzug nach Bingen wusste ich nicht, welche Sportart ich betreiben möchte. Niemand, den ich kannte, war beim Taekwondo, bei den Ruderern war auch nicht besonders viel los – und so kam ich dann zum Quidditch. Ich wollte es einfach mal ausprobieren und es hat mir tatsächlich unglaublichen Spaß gemacht, sodass ich auch in Koblenz damit weitergemacht habe.

Welche Spielregeln gibt es?

Markus Liesenfeld: Beim Quidditch gibt es vier verschiedene Positionen. Zum einen die Chaser, deren Ziel es ist, den Quaffel – ein Ball –  durch einen der drei Ringe zu werfen. Dann haben wir den Keeper, dessen Hauptaufgabe darin liegt, die Chaser genau davon abzuhalten. Den Keeper könnte man ganz gut mit dem Torwart im Handball vergleichen. Dann gibt es noch die Beater. Sie haben einen Dodgeball. In den Romanen haben die Spieler ja noch Schläger, mit denen sie die Beater herumhauen können, das gibt es bei uns aber nicht (lacht). Wir haben eben die Dodgebälle mit denen man die Gegner abwirft, sodass diese kurzzeitig aus dem Spiel ausscheiden müssen. Dann gibt es noch den Sucher. Er hat erst einmal 18 Minuten lang nichts zu tun, weil er erst dann aktiv ins Spielgeschehen eingreifen darf. Das liegt daran, dass erst nach 17 Minuten der Schnatz auf den Platz kommt. Der Snitch-Runner ist eine Person, die an einer gelben Hose zu erkennen ist, an der hinten ein Ball an einem Klettverschluss baumelt – der Snitch, bzw. Schnatz. Der Snitch-Runner muss dafür sorgen, dass der Schnatz nicht gefangen wird.

Tarkovsky: Wenn der Schnatz dann gefangen ist, hört das Spiel automatisch auf. Damit das Spiel aber nicht ewig läuft, gibt es Einschränkungen für den Snitch-Runner. Anfangs darf dieser sich noch überall bewegen, bis sein Bewegungsradius immer weiter verkleinert wird. Wenn es dann zu einem Gleichstand kommt, gibt es noch die entscheidenden Goal Breaker. In diesem Fall wird quasi nochmal alles auf Anfang gesetzt und dann zählen die meisten Punkte, die innerhalb von fünf Minuten erzielt werden. Wenn es dann nochmal zum Gleichstand kommt, wird eine Münze geworfen (lacht). Ich habe aber noch nie davon gehört, dass diese Situation eingetreten ist.

Gibt es auch Meisterschaften?

Tarkovsky: Quidditch ist international vertreten und wird auf allen Kontinenten gespielt. In Deutschland gibt es etwa 40 Mannschaften, die beim offiziellen Liga-Betrieb mitmachen. Dazu kommen dann Nationalmeisterschaften, Europameisterschaften, Weltmeisterschaften und alle möglichen kleineren Turniere dazwischen.

Gibt es bestimmte Voraussetzungen, die man erfüllen sollte, wenn man Quidditch spielen möchte?

Tarkovsky: Das Spiel war von Anfang an so gedacht, dass jeder mitmachen kann. Die Teams stehen Männern wie Frauen offen und man kann die Spielpositionen entsprechend der eigenen Stärken wählen. Anders als etwa beim Basketball, bei dem Körpergröße grundsätzlich von Vorteil ist. Man muss beim Quidditch auch nicht in allem der Beste sein. Wenn man nicht besonders schnell laufen kann, aber dafür im Werfen oder Tackeln gut ist oder strategisch sehr clever spielt, dann hat man auf dem kleinen Feld schon eine große Wirkung.

Wie unterscheiden sich die Spielpositionen dabei?

Tarkovsky: Ich bin eher schnell, Markus kann einfach irgendwo durchlaufen und ist dabei kaum aufzuhalten, während ich eher gut ausweichen kann. Ich bin ja auch etwas schlanker… (beide lachen) Die Chaser müssen gut zusammenarbeiten, um Torpunkte zu erzielen und darauf achten, nicht abgeworfen zu werden. Ihnen kann aber egal sein, wie genau sich die anderen Spieler positionieren. Als Beater hingegen sollte man das ganze Spielfeld im Auge haben, um die Gegenseite daran zu hindern, das eigene Team aufzuhalten.

Liesenfeld: Ein Keeper braucht ebenfalls einen guten Überblick über das Spielgeschehen, da er hinten steht und Anweisungen erteilt. Da ist es von Vorteil, wenn man eine laute Stimme hat (lacht).

Sind Quidditch-Teammitglieder häufig auch Harry Potter-Fans oder hat das eher wenig miteinander zu tun?

Tarkovsky: Der Zusammenhang mit Harry Potter besteht natürlich, dort liegt ja der Ursprung der Idee. Grundsätzlich geht es jedoch um den Sport. Man kommt eher weniger hierher, weil man so ein großer Harry Potter-Fan ist. Letztendlich bleiben die Leute dabei, weil es ihnen so viel Spaß macht. Insofern ist das schon eher voneinander getrennt. Trotzdem spricht natürlich nichts dagegen, dass Harry-Potter-Fans zum Training kommen, auch wenn sie generell eher weniger mit Sport zu tun haben, aber einfach so gerne mal mitmachen möchten.

Gibt es bestimmte Klischees, mit denen ihr euch konfrontiert seht?

Liesenfeld: Ich werde öfters gefragt, ob ich meinen Besen dabei hätte, ob man beim Quidditch denn auch  könne und ob denn auch Flüche erlaubt wären (lacht).

Tarkovsky: Fluchen ist tatsächlich verboten (lacht). Ich glaube, es fällt Leuten einfach schwer, Ungewohntes zu akzeptieren. Viele Menschen können  nicht nachvollziehen, wie andere etwas machen, das sie selber nicht kennen oder was ihnen keinen Spaß macht. Deshalb finden sie so etwas oft komisch. Die Hauptsache ist, dass man Spaß an der Sache und eine gute Zeit hat!

Interview: Anna-Lena Hauch

Durch die Corona-Pandemie findet das übliche Training im Gebäude H auf dem Campus Koblenz leider derzeit nicht statt. Wenn das wieder möglich ist, sind Interessierte herzlich eingeladen, zuzuschauen oder mitzumachen.