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Mit Liebe hoch aufs Siegertreppchen

"Achtung, jetzt kommt der Witz!" Marvin Ruppert konnte zwar (gewollt) keinen guten Witz erzählen, dafür aber das Publikum für sich begeistern. Seine Texte handeln von Frauen, dem Verlassen werden und dem alltäglichen Humor.

"Achtung, jetzt kommt der Witz!" Marvin Ruppert konnte zwar (gewollt) keinen guten Witz erzählen, dafür aber das Publikum für sich begeistern. Seine Texte handeln von Frauen, dem Verlassen werden und dem alltäglichen Humor. Foto: Weinzierl

Zum Auftakt der SommerUni präsentierten am Dienstagabend acht Künstler ihre selbst geschriebenen Texte beim ersten Koblenzer Poetry Slams – ein kleiner Vorgeschmack auf die Landesmeisterschaft Rheinland-Pfalz/Saarland im Oktober.

„Alles was ich in meinem Leben erreicht habe, habe ich durch Mitleid erreicht!“ Eine La-Ola-Welle des Mitleids geht durch die Reihen des Publikums, es folgt ein trauriges “Ohhhh”. „Bisher war ich mehr so der sensible Mensch“, berichtet Jan Möbus weiter aus seinem Leben. Er wird persönlich, beleuchtet Beziehungen und Trennungen, tiefgründig und doch humorvoll und sarkastisch. Herzlich willkommen beim Poetry Slam.

Titelbild Poetry Slam

Ah, so sieht das also aus Sicht der Slammer aus. Fotos: Nono Weinzierl

Rund 350 Menschen sitzen im Audimax. Sie warten auf acht renommierte deutsche Slammer: Jan Möbus (Remscheid), Stafan Dörsing (Wetzlar), Florian Cieslik (Köln), Marvin Ruppert (Marburg), Beatrice Wypchol (Bochum), Lasse Samström (Bonn), Anke Fuchs (Bonn) und Indiana Jonas, der am Campus in Landau studiert.

Mit seinem Werk "Lehrer sein" konnte der Landauer Indiana Jonas bei den Studenten besonders punkten. Nur knapp verfehlte er den ersten Platz hinter Marvin Ruppert.

Mit seinem Vortrag “Lehrer sein” konnte der Landauer Indiana Jonas bei den Studenten punkten. Nur knapp verfehlte er den ersten Platz.

Was folgt, sind zwei Stunden gefüllt mit Prosa, Lyrik, verschnörkelten Wortwitzen, Humor, Sarkasmus, Ironie und allem, was die deutsche Sprache zu bieten hat: Ein selbsternannter pädagogisch-psychologischer Lehrtext, Ausschweifungen über Sprachgebrauch, Beziehungen, Frauen und das Leben, Heimatgefühle, Kindererziehung, Liebeserklärungen und Schüttelprosa. Indianer Jonas aus Landau stellt fest: „Ich habe einen Text aus der Reihe der Dinge mitgebracht, die man nicht tun sollte. Er heißt: Lehrer werden.“ Wo man erst eine witzige Beschreibung des Berufes vermutet, folgt am Ende eine Liebeserklärung an den Job, den der Landauer selbst anstrebt.

"Ähm, wo gings noch mal weiter?" Auch wenn Jan Möbus während seinem ersten Vortrag über Mitleid, Trennung und Sensibilität zwischenzeitlich seine Textzeile verlor, wurde er vom Publikum ins Finale applaudiert. Ihren Text können nicht alle Slammer auswendig, deshalb ist als einziges "Requisit" ein Textblatt erlaubt.

“Ähm, wo gings noch mal weiter?” Auch wenn Jan Möbus während seines ersten Vortrags über Mitleid, Trennung und Sensibilität zwischenzeitlich in den Textzeilen verrutschte, wurde er vom Publikum ins Finale applaudiert. Ihren Text können nicht alle Slammer auswendig, deshalb ist als einziges “Requisit” ein Textblatt erlaubt.

Lasse Samström aus Bonn war 2002 Meister im deutschsprachigen Raum und ist besonders für seine sogenannte Schüttelprosa bekannt, bei der einzelne Satz- und Wortstücke vertauscht werden. Mit seiner ereifernden Art nahm er das Publikum mit seiner "Lede zur Nage der Ration" besonders für sich ein.

Lasse Samström aus Bonn war 2002 Meister im deutschsprachigen Raum und ist für seine sogenannte Schüttelprosa bekannt, bei der einzelne Satz- und Wortstücke vertauscht werden. Mit seiner besonderen Darbietungsart nahm er das Publikum mit seiner “Lede zur Nage der Ration” für sich ein.

Vier Slammer können sich gegen die Konkurrenz behaupten: Nach der ersten Runde kommen Marvin Ruppert, Jan Möbus, Indiana Jonas und Lasse Samström ins Finale. Der war 2002 schon mal deutschsprachiger Meister. Das letzte Wort aber hat das Publikum:  Wer den lautesten Applaus bekommt, ist weiter.

Die Zuschauer hatten einiges zu Lachen. Doch die Texte der Slammer waren keine flachen Witze, sondern vielmehr verschnörkelter und anspruchsvoller Humor.

Die Zuschauer hatten einiges zu Lachen. Doch die Texte der Slammer sind nicht flach, sondern schnörkelig und anspruchsvoll.

Stolzer Gewinner des Abends war Marvin Ruppert aus Marburg. Als Preis erhielt er neben dem Applaus und der Anerkennung des Publikums eine Flasche Whiskey für sein Werk "Verliebt".

Stolzer Gewinner des Abends: Marvin Ruppert aus Marburg. Als Preis erhielt er neben dem Applaus und der Anerkennung des Publikums eine Flasche Whiskey für sein Werk “Verliebt”.

Am Ende entscheidet Marvin Ruppert aus Marburg den Dichterwettstreit für sich. Er punktet mit seinem Werk „Verliebt“, einer Hommage an Büchners Woyzeck. Ruppert stellt eine Liebesgeschichte ohne Happy End in acht Fragmenten vor. „Diese sind aber rückwärts vorgetragen, damit die Story glücklich endet“, erklärt er zu Beginn. Die Menge lacht und klatscht ihn schließlich ganz hoch auf das Siegertreppchen.

Hannah Wagner

Organisiert wird der Poetry Slam von dem Koblenzer Kulturwissenschaftsstudenten Philipp Herold und Anja Ohmer vom Zentrum für Kultur- und Wissensdialog (ZKW).  In Landau gibt es bereits seit geraumer Zeit regelmäßig Slams mit rund 600 Zuschauern. Im letzten Herbst richtete die Universität dort die erste Landesmeisterschaft für Rheinland-Pfalz und das Saarland aus. Diese wird in diesem Jahr vom 23.-25. Oktober in Koblenz stattfinden.  Entstanden ist die Idee eines regelmäßigen Poetry Slams im Zuge der Umstellung auf das Bachelor- und Mastersystem, um den Studierenden auch außerhalb des Lehrplans kreativen Raum zu schaffen, erklärt Ohmer die Idee dahinter. (wag)