Die Serie
Was gibt es Neues in der Wissenschaft? Wir stellen Personen und Projekte vor, die im Dienst der Universität Koblenz-Landau die Forschung voranbringen.
Melanie Hackenfort verbrachte neun Monate in Cebu auf den Philippinen, um dort die Lebenswelt von Müllsammlern zu erforschen. Entstanden ist diese Idee durch ihre Auseinandersetzung mit dem Thema ‘Abfall als kulturelles Phänomen’. Die Feldforschung ist Teil von Hackenforts Dissertationsprojekte am Institut für Kulturwissenschaft am Campus in Koblenz. Sie untersucht den Lebenswandel von Müllsammlern durch ein soziales Wohnprojekt.
Die meisten von uns betrachten den täglichen Abfall, den wir produzieren, als Müll, als etwas Wertloses, als etwas, das was am Ende der Konsumkette steht. Auf den Philippinen ist das anders. Dort ist Müll die Lebensgrundlage vieler Familien, die ihn sammeln, sortieren, recyceln und weiterverkaufen. Für diese Menschen interessiert sich Melanie Hackenfort. Sie interessiert sich dafür, wie sie mit und vom Müll leben, was dieses Leben mit ihnen macht, welche Rolle der Müll für ihr Dasein spielt und wie sie sich am Rande der Müllfelder arrangieren und organisieren.
Abfall – ein kulturelles Phänomen
Die 33-jährige Melanie Hackenfort studierte Ethnologie und Soziologie an der Universität in Münster und Freiburg und arbeitet seit 2009 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturwissenschaft am Seminar Ethnologie. Hier entwickelten sich ihre Forschungsschwerpunkte, die im Bereich der Visuellen Anthropologie, Körper und Geschlecht und der Sozialen Ästhetik anzusiedeln sind. Über letzteren Schwerpunkt kam sie auf das Thema Abfall als kulturelles Phänomen.
“Ich interessiere mich für die Menschen und wie sich deren Leben durch Müll verändern kann”, erklärt Hackenfort. So reiste sie von Mai 2011 bis Januar 2012 auf die Philippinen, um dort das Leben von Müllsammler zu erforschen. “Die Grundprämisse einer ethnografischen Feldforschung ist es, dort zu leben wo man forscht, um so am Alltagsleben der Menschen teilzunehmen.” Da es zu gefährlich erschien, in der Müllsammlersiedlung zu wohnen, verbrachte Hackenfort die neun Monate in einem sozialen Wohnprojekt: Familien aus Slum- und Müllsammlergebieten werden in dieses Projekt umgesiedelt, unterliegen so nicht mehr dem Gesetz der Straße und der Angst vor Vertreibung, sondern bestimmten Ritualen und Strukturen der Wohnsiedlung. Ziel des Projektes ist es, den Menschen aus den Slums die Chance auf ein besseres Leben zu bieten.
In diesem Wohnprojekt entwickelte sich das tatsächliche Thema von Hackenforts Feldforschung und auch der Dissertation: Wie erleben die Bewohner den Übergang von ihrem Leben im Slum zum Wohnprojekt, wie gestalten sie ihr Leben dort aus und wie bewerten sie den damit einhergehenden Lebenswandel? “Man muss sehen, was das Feld hergibt, mit festen Vorstellungen an eine Feldforschung heran zu gehen, kann hinderlich sein. Man muss sich mit der Situation vor Ort auseinander setzen und darauf einlassen.”
So erforschte Hackenfort während ihrer Zeit in Cebu das Leben der Menschen in dem sozialen Wohnprojekt, dass von einer Nichtregierungsorganisation initiiert und betreut wird. “Ein Teil der Bewohner waren vorher Müllsammler. Im Wohnprojekt werden ihnen alternative Einkommensmöglichkeiten angeboten”, erklärt Hackenfort, die im Rahmen eines Einkommensprojektes einen Tag lang mit Müll sortierte, um an dieser Lebenswirklichkeit teilzunehmen.
Auch für Studierende ein interessantes Feld
Ihre Dissertation wird Hackenfort voraussichtlich Mitte nächsten Jahres abschließen. Gerne würde sie auf den Philippinen auch Projekte für Studierende anbieten, denn Hackenfort hat viel Spaß an der Lehre. “Eventuell habe ich die Möglichkeit, im Herbst noch einmal nach Cebu zu reisen, vielleicht ergeben sich dort dann Möglichkeiten, die auch für die Koblenzer Studierenden interessant sein könnten.” Auf das Wiedersehen mit den Menschen vor Ort freut sich Hackenfort besonders, denn während der Zeit in Cebu sind die Menschen und sie eng zusammen gewachsen.
Hannah Wagner