Helle und offene Räume, bewegliche Tafeln, Buntstifte und Knetmasse: Was sich nach einer Nachmittagsbeschäftigung für Kinder anhört, ist die Essenz innovativen Denkens. Die ED-School in der Emil-Schüller-Straße 12-14 in Koblenz ist ein “Atelier für Innovationen”, eine Art Testlabor, in dem Studierende mit Intuition und Spontanität gemeinschaftlich zu neuen Problemlösungen gelangen und diese im Idealfall in eine Geschäftsidee überführen.
Die ED-School ist dem Vorbild des “Hasso Plattner Institute of Design” der Stanford Universität und dessen Methode “Design Thinking” nachempfunden. So stellt das Koblenzer “Entrepreneurial Design Thinking®“, so der Begriff hinter der Akürzung ED-School, keine abstrakten Analysen und Businesspläne in den Vordergrund, sondern kreative Prozesse und Teamarbeit. Das Modell wurde zusätzlich um die unternehmerische Dimension erweitert, so dass sich am Ende des Prozesses im Idealfall eine Gründungsphase anschließt.
Zurück zur Kreativität
Im Workshop für “Design Thinking” kristallisiert sich meist in einem ständigen Vor und Zurück zwischen Beobachtung, Brainstorming und Testphasen am Ende aus hunderten spontanen Eingebungen die beste Idee heraus. “Das Schöne an dieser Herangehensweise ist die spielerische Dimension. Man darf zurück in die Zeit, in der man bastelte und noch kreativ sein durfte”, erklärt Dr. Harald von Kortzfleisch, Leiter der ED-School und Professor für Entrepreneurship und Informationsmanagement an der Universität in Koblenz. “Im Laufe des Lebens wird den meisten Menschen ihre Kreativität abtrainiert, in der ED-School wollen wir sie wieder aktivieren.”
Eine bewegliche und offene Atmosphäre fördert Kreativität
Damit jeder Workshopteilnehmer sein kreatives Potential entfalten kann und in die entsprechende Stimmung kommt, ist eine offene und bewegliche Atmosphäre vonnöten. “Um flexibel im Denken und Handeln zu sein, haben wir die Räume und das Mobiliar entsprechend gestaltet”, erläutert der Leiter der ED-School. Die Räumlichkeiten selbst sind optisch zurückgenommen, Tische und Stühle lassen sich schnell verschieben und zusammenklappen. Auch die Arbeitsmaterialien wie Post-its, Knetmasse und Pappe machen es möglich, Ideen schnell zu fixieren und an die Tafel zu werfen, oder Prototypen in kurzer Zeit zu bauen und wieder zu verformen. Außerdem wird das Arbeiten im Stehen bevorzugt, denn dies fördere den aktiven Austausch der linken und rechten Gehirnhälfte und somit das kreative Denken.
Jeder Gedanke ist erlaubt
Während der Brainstormings sind auch abwegige oder alberne Gedanken erlaubt: Durch spontane Emotionen gelangen die Workshopteilnehmer oftmals ganz intuitiv zu ungeahnten Lösungsansätzen. Um sich nicht selbst zu behindern, sollte man in dieser Phase keinesfalls vorschnell Vorschläge verwerfen, rät der Kreativ-Experte. Da Teams aus Teilnehmern verschiedener Fachrichtungen bestehen, ist gegenseitiges Verständnis und Zuhören wichtig. “Wenn im Workshop ein Sportwissenschaftler, eine Psychologin und ein Informatiker aufeinander treffen, bringt jeder seine individuelle Sichtweise auf ein Problem mit, aber auch seine eigene Subkultur und seinen Jargon. In der gemeinsamen Arbeit ist viel Toleranz gefordert, um die Perspektive des anderen zu verstehen”, erklärt von Kortzfleisch.
Mit Einfühlungsvermögen Bedürfnisse erspüren
Um der besten Idee näher zu kommen, müssen sich die Design Thinker mit viel Empathie ihrer Zielgruppe nähern. Wer beispielsweise die ideale Suppentasse für ältere Menschen mit vielfachen körperlichen Einschränkungen kreieren will, sollte sich zunächst selbst das Gefühl der Schwerfälligkeit aneignen. Dafür gibt es spezielle Anzüge mit Gewichten, Helme und Brillen, die das Altsein simulieren. Studierende können sich so besser in die Problemlage des Endkunden versetzen und auf diese Weise viel klarer ihre Bedürfnisse erspüren. Dass der Endverbraucher selbst Teil des Kreationsprozesses wird, ist also ausdrücklich erwünscht. Unternehmen wie Apple und Lego setzen die Prinzipien des Design Thinkung bei ihrer Produktentwicklung schon um, weiß der ED-School Gründer: “Dieses Vorgehen ist kein Hexenwerk. Die Erfinder des Snowboards beispielsweise waren auch Windsurfer, die im Winter Spaß haben wollten und sich etwas ausgedacht haben.”
Der Prototyp: Keine Angst vor Fehlern
Hat ein Team zahlreiche Brainstormings durchlaufen und seine Endkunden genau studiert, folgt der Bau eines Prototypen. In dieser Phase sollten die Beteiligten keine Angst vor Rückschlägen haben, wenn der Prototyp in einer ersten Testphase durchfällt. Die Methode erlaubt es aber, einfach einen Schritt zurück zu gehen und die Idee neu zu hinterfragen. Beim Design Thinking gehören Irrtümer und Fehlertoleranz zu den Grundprinzipien, um Erkenntnisse zu gewinnen und besseren Lösungsansätzen auf die Spur zu kommen.
Dieser flexibel gestaltbare Ansatz ist auch für Unternehmen interessant geworden. Egal, ob es um Führungskräfteentwicklung und Teambildung oder um die Anwendbarkeit einer konkreten Technologie geht, die ED-School kann die Nachfragenden in allen Phasen abholen. Vor allem aber wendet sich die ED-School mit ihrem Know-how an Studierende und Schüler, betont Dr. von Kortzfleisch. “Mit den Workshops richten wir uns auch an alle Lehramtsstudierenden mit dem Ziel, dass sie Design Thinking im Unterricht anwenden. Wir wünschen uns, dass gestaltendes und innovatives Handeln noch früher in die Schulen gebracht wird.”
Sandra Erber
Der nächste Schnupperworkshop für Studierende findet am 5. Februar statt. Die Anmeldung ist bei Dr. Isabel Creuznacher in Klips möglich. |