Kolumne

Driving home for Christmas: Höchststrafe im Metall-Kabuff

Heute schreibt Campus-Reporterin Sandra Erber. Zeichnung: Carolin Höring.

Heute schreibt Campus-Reporterin Sandra Erber. Zeichnung: Carolin Höring.

In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Heute erzählt Sandra Erber, warum Mitfahrgelegenheiten entweder eine süße Kurzweil oder die Höchststrafe in einem Metall-Kabuff sein können – besonders vor Weihnachten.

Sie gehört zu meinen Heimreisetritualen wie der Tankstellen-Kaffee: Die Mitfahrgelegenheit. Für mich ist sie inzwischen zu einer Institution geworden, denn ohne die selbstorganisierten Autofahrten käme ich vor allem wegen eines eher schmalen Studi-Budgets wesentlich seltener in meine Heimat Dresden. Fünf Stunden Fahrt, 30 Euro Cash und nette Mitfahrer, alles schön easy – da kann die Deutsche Bahn in den meisten Fällen leider nicht mithalten. Nun ja.

In der Weihnachtszeit birgt aber auch die Mitfahrgelegenheit ihre Tücken, sodass ich in der Vergangenheit schon so manches Mal bereut habe, nicht doch das viel teurere Bahnticket samt komfortabler Sitzplatzreservierung gebucht zu haben. So auch vergangenes Weihnachten, als ich am 23. vollgepackt mit allerlei Geschenkkörbchen und Weihnachtstüten wie ein überladener Weihnachtsbaum das Auto meines Fahrers in Koblenz entern wollte. Leider war dieses mit drei zusätzlichen Mitfahrern schon gut vollgepackt und auch im Kofferraum war Stauraum nur mithilfe der Tetris-Technik für mein Gepäck freizuschaufeln. Ich hatte leider wohlweislich im Online-Inserat die Bitte des Fahrers, “nur leichtes Gepäck” mitzubringen, übergangen, und war nun gezwungen, die kommenden Stunden in klaustrobhobischer Enge zwischen meinem Tütengebirge zu fristen, eingeschränktes Sichtfeld inklusive. Die Qual wurde unter der Dauerbeschallung von Weihnachtslied-Klassikern zur Folter. Selbst Schuld!

Weihnachtsgeschenke? Nur im Faltformat!

In diesem Jahr habe ich in Sachen Weihnachtsshopping also eine zusätzliche Aufgabe zu lösen: Gekauft wird nur noch leichte und faltbare Flachware. Mein Einkaufsmotto: Quadratisch, praktisch, gut. Im Körbchen landen also eher Kinogutscheine und Theaterkarten anstelle von Büchern und klobigen Mitbringseln für Freunde und Familie, die mich wackersteinartig beschweren. Und was ist mit Oma? Die ist als Liebhaberin des abendlichen Gläschen Weins nur mit einer Flasche lokal vergrorenen Traubensaftes glücklich zu machen. Okay, für die Flaschen müssen nun eben ein paar dicke Pullis und Strumpfhosen im Rucksack weichen. Wein wärmt ab dem 2. Glas meist eh viel besser.

Langsam, klapprig, mufflig

Eine Mitfahrgelegenheit kann aber auch aus anderen Gründen zu einem abenteuerlichen Erlebnis werden: Bummelnde Fahrer, zugemüllte Sitzflächen und klapprige Karossen, die bei einer Geschwindigkeit von 60 Stundenkilometern bereits verdächtige Geräusche von sich geben, sind da noch amüsante Beispiele. Unheimlich wird es, wenn man von einer 19-Jährigen im Neuwagen mit 210 Sachen in drei Stunden quer durch die Republik katapultiert wird oder ein KFZ-Mechaniker durch virtuose Schlängellinien auf der Autobahn seine drei Mitfahrerinnen zu beeindrucken versucht. In solchen Momenten hoffe ich manchmal auf die rettende Sirene der Autobahnpolizei. Obwohl – dann würde ich ja auch nicht an mein Ziel kommen.

Autofahren mit Fremden ist oft wie die berüchtigte Pralinenschachtel: Man weiß nie wirklich, was man bekommt. Fünf Stunden Fahrt können selbst mit langen Stauphasen eine süße Kurzweil sein oder aber die Höchststrafe in einem Metall-Kabuff mit gestelzten Gesprächen und schlechter Plastik-Pop-Musik.  “Und, was machst du so?”, ist eine beliebte Frage unter Mitfahrern. “Kulturwissenschaften.” “Und, was macht man dann damit?”, folgt meistens prompt auf meine Antwort. Fliehen kann ich dann leider nicht, aber mich mit meinem i-Pod ein wenig abschirmen: Einfach “Play” drücken und alle blöden Fragen sind akustisch ausradiert.