Kolumne

Das Spiel mit dem Feuer

Heute schreibt Campus-Reporterin Lisa Leyerer. Illustration: Designstudio Mathilda Mutant

Heute schreibt Campus-Reporterin Lisa Leyerer. Illustration: Designstudio Mathilda Mutant

In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Heute erzählt Lisa Leyerer von einer Schwäche, die sie oftmals fast Kopf und Kragen kostet.

Um es gleich vorweg zu nehmen – ich bin weder risikoaffin noch spontan. Mein Alltag ist durchstrukturiert, meine Termine im Kalender folgen einer strikten farblichen Ordnung, mein Leben verläuft nach Plan. Klingt langweilig? Wäre es auch, wenn ich da nicht diese eine Schwäche hätte.

Strategiewechsel im Gehirn

In manchen Momenten wird mein ausgeprägtes Verständnis für rationale Überlegungen auf die Ersatzbank befördert und der Blödsinn in meinem Kopf übernimmt die Spielführung. Meiner Meinung nach sollte jeder ein bisschen verrückt sein. Je mehr wir über uns selbst lachen können, desto schöner ist es doch. Aber ich lehne mich durch diesen Strategiewechsel ganz schön weit aus dem Fenster – und das bei meiner akuten Höhenangst. In den meisten Fällen setze ich dabei nicht nur meine Ehre, sondern sogar mein kleines Studenten-Vermögen aufs Spiel.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ich gehe mit einem Freund durch die Stadt und vor uns läuft ein kleines Kind mit einem Luftballon. Jetzt ist es soweit, an dieser Stelle legt mein Gehirn den Schalter um. Mit einem Pokerface schaue ich meinen Freund an und sage: “Ich gebe dir zehn Euro, wenn du dem Kind den Luftballon klaust. Wetten, dass du dich nicht traust?” Das Gute an diesem Spiel ist, dass die Hemmschwelle meist weit über dem angebotenen Betrag liegt. Ich habe Spaß, kann meinen ungewollten Mitspieler zu etwas Verrücktem anstacheln und gehe dabei kein Risiko ein. Für Zwischendurch ist diese Variante optimal und zudem überall einsetzbar. Kommen wir nun zur Stufe zwei.

Kopf und Kragen

In Stufe zwei erhöht sich mein Einsatz und somit auch mein Risiko. Bei dieser Art der Wette steht Aussage gegen Aussage, Wetteinsatz gegen Wetteinsatz. Frei nach dem Motto All-In setze ich alles auf eine Karte. Es geht nicht mehr um Glück, sondern um Wissen. Wissen, das ich in den meisten Fällen überhaupt nicht besitze, aber dennoch meinem Gegenspieler authentisch und selbstbewusst vermittele – Hochstapeln auf höchstem Niveau. Vor einer Woche zum Beispiel haben wir uns mit ein paar Bekannten für einen Fünfkilometerlauf angemeldet. In höchsten Tönen habe ich geprahlt: “Ich bin auf jeden Fall schneller als ihr. Wetten, dass ich als Erste ins Ziel komme?” Unser Wetteinsatz: eine Einladung zum Sushi-Essen. Die Rahmenbedingungen: drei trainierte Fußballer und ich, die seit mindestens einem Jahr kein Lauftraining mehr absolviert hat.

Sie merken schon, meine Rechnung geht nicht immer auf. Ich muss zugeben, so hoch wie ich pokere, genauso oft habe ich auch schon verloren. Zahlreiche Eisbecher und nicht wenige Autowäschen schulde ich bereits meinen Freunden – und meinen Bekannten wahrscheinlich bald ein Sushi-Essen. Vielleicht ist es doch zu riskant, dieses Spiel mit dem Feuer. Und wozu das Ganze eigentlich? Ab sofort höre ich damit auf, bleibe mit meinen Aussagen lieber auf dem Boden der Tatsachen und lasse mein Pokerface zu Hause.

Was meinen Sie: Wetten, dass ich es schaffe?