Kolumne

Collage meines Lebens

Heute schreibt Campus-Reporterin Esther Guretzke. Illustration: Designstudio Mathilda Mutant

Heute schreibt Campus-Reporterin Esther Guretzke. Illustration: Designstudio Mathilda Mutant

In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Diesmal nimmt Esther Guretzke Abschied vom Uniblog und von ihrem Studentenleben.

Dies ist die vorläufig letzte Kolumne von mir für den Uniblog. Kurz nach dem Studium habe ich, schneller als gedacht, eine Arbeitsstelle gefunden und gemerkt, dass ich meine vier anderen Jobs, die ich während der Studienzeit hatte, nicht mehr parallel laufen lassen kann. Ich musste einen Cut machen. Mir wurde bewusst, dass damit ein neuer Lebensabschnitt eintritt. Ganz offiziell: Ich bin nun Arbeitnehmerin und keine Studierende mehr.

Nachdem mein Studium beendet war, begann ich, in meiner Wohnung auszusortieren. Ich hatte einen inneren Drang, mich von Dingen aus der vergangenen Zeit zu trennen. Das bedeutet nicht, dass ich jedes Foto in die Tonne schmiss. Im Gegenteil, ich entdeckte alte Schätze neu und nun hängen meine Liebsten in frisch gestrichenen weißen Rahmen. Außerdem kramte ich meine Musikboxen aus und räumte eine Kommode frei, damit sich meine Platten nun im angemessenen Rahmen kratzig drehen können, und ich entdeckte alte Notizbücher. Beim Aufschlagen dieser wurde mir bewusst: Ich habe mich verändert. Ich freue mich darüber. Auf der anderen Seite ist es aber auch ein bisschen wie Abschied nehmen: Meine melancholischen Gedichte aus der Jugendzeit, meine endlos angefangenen Geschichten, meine vollgekritzelten Skizzenbücher, mein alter Handball – alles Dinge die mich begleitet hatten. Tatsächlich fiel aus einer Schachtel sogar mein liebster Löffel aus Kindertagen. Nicht von allen Dingen trennte ich mich. Ich fühlte mich, als würde ich ein Museum meiner Selbst besichtigen. Was macht mich aus? Was ist mir das Wichtigste im Leben?

Im ersten Moment ist es beängstigend, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Im zweiten Moment ist es ein gutes Gefühl. Lange saß ich vor dem leeren Dokument am meinem Rechner und habe darüber nachgedacht, was ich in dieser Kolumne schreiben soll. Die vorherigen Kolumnen drehten sich viel um Menschen, die mir wichtig sind, um Glück, Leben, Organisation und Mut. Ich bin ein nachdenklicher Mensch und auch bei meiner letzten Kolumne wollte ich nicht von meinem Stil abweichen. Also gebe ich Ihnen in diesem Text gleich zwei weitere Eigenschaften mit auf dem Weg. Zwei Eigenschaften, die mir ungemein wichtig sind: Idealismus und Tatendrang.

Es fängt bei dir an!

“Das kann nicht klappen”, ist ein Satz, den ich nicht mag. “Wir können es versuchen”, passt schon eher zu meinem Idealismus und meiner realistischen Einstellung. Mir ist bewusst, dass es immer Menschen geben wird, die ein anderes Weltbild haben, nach Macht und Geld streben oder nur um sich kreisen. Doch Idealismus fängt bei jedem einzelnen an. Es beginnt mit Jutebeuteln beim Einkaufen, dem Türaufhalten im Restaurant oder einem höflichen Danke und Bitte. Dazu gehört auch ein offener Blick, mit dem jeder Einzelne durch die Welt laufen kann, um Gelegenheiten wahrzunehmen und den heutigen Tag ein bisschen besser als den gestrigen zu machen. Und schon sind wir beim Tatendrang. Ich habe den Drang, mein Leben durch Taten zu bereichern. Worte ohne Taten sind wie ein Haschen nach Wind.

Ich reflektiere mein Leben Tag für Tag und schaue, was ich ändern kann. Mathematisch unsinnig, aber tatsächlich: Veränderung ist eine der wenigen Konstante im Leben. Warum sie also nicht bewusst steuern? Mein Leben als Collage wäre ein Bild voller Schlagwörter. Mein Leben als Collage bestünde aus Gesichtern, aus Karten, aus kopfstehenden Motiven, aus Musik, Licht und Schatten. Die Collage meines Lebens wäre bunt und kontrastreich. Sie bestünde aus Erinnerungen und Ideen, aus Zielen und aus kleinen Momenten. Das Bild einer Tasse Kaffee dürfte nicht fehlen. Beim Betrachten und Weiterspinnen dieser Collage lächel ich, aber ich habe ebenso Tränen in den Augen. Ich gedenke vergangenen Menschen, verpassten Gelegenheiten und all den Herzen, die mich berührt hatten und die ich berühren konnte. Ich nehme mich der Wünsche und Ziele an, die noch vor mir liegen, klebe sie auf das Bild, schneide sie zurecht und treffe Entscheidungen. Was genau als nächstes auf das Bild kommt, welcher Schnipsel, welche Farben und welche Anekdoten, das weiß ich noch nicht genau. Voller Spannung blicke ich in die Zukunft und auf das was kommen mag. Ich habe diese Vorstellung des Bildes in meinem Kopf gerne. Ich bin Idealistin – und voller Tatendrang, mein Leben zu gestalten.