Das Gleiche lernt jeder anders – vor dieser Herausforderung stehen viele Lehrer bei der Vorbereitung ihrer Unterrichtsmaterialien. Wie kann man Schülern ein Thema am besten vermitteln? Nicht nur auf eine Weise, würde Stefan Pietrusky sagen. Der ehemalige Lehramtsstudent will der Über- und Unterforderung in Schulklassen entgegenwirken. Sein Mittel: Digitale Bildung. Er gründete das E-Learning-Portal Learning Level Up. Es bietet digitale Unterrichtsmaterialien, die individuell angepasst werden können.
In unseren Gründungsgeschichten stellen wir Menschen vor, die im oder nach dem Studium den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt haben.
Stefan Pietrusky hat Biologie und Chemie auf Lehramt studiert. Dabei wurde ihm die Problematik um die Wissensvermittlung in den Schulen bewusst und er begann, sich mit den Chancen digitaler Bildung auseinanderzusetzen. Zurzeit ist er Doktorand am Institut für naturwissenschaftliche Bildung am Campus Landau. Er forscht zum Thema “Förderung des selbstregulierten Lernens durch das Lernen mit digitalen Medien”. Vor zwei Jahren gründete Pietrusky Learning Level Up. Als alleiniger Gründer war es schwierig für ihn, eine Förderung zu erhalten, da für viele Förderungsmaßnahmen mehrere Gründer Voraussetzung sind. Finanzielle Unterstützung erhielt er schließlich von der Frank-Lyden-Stiftung. So konnte er eine Pilotstudie für das Portal an einer Schule finanzieren. Von Lehrern und Schülern erhält er positives Feedback zu den digitalen Unterrichtsmaterialien. Pietrusky ist überzeugt: “In der Digitalisierung liegt die Zukunft der Bildung. Wir müssen das Schulsystem und die digitalen Kompetenzen von Lehrern und Schülern weiterentwickeln.”
Digitaler Unterricht in der Schule heiße dabei nicht nur, digitale Geräte zur Verfügung zu haben, weiß Stefan Pietrusky. Die Lerninhalte seien meist nur als Open Resources im Internet zugänglich und nutzten die Möglichkeiten des Digitalen nicht. Die Schüler hätten zwar ein Tablet, müssten darauf aber trotzdem mit den Seiten eines Schulbuchs arbeiten. Pietruskys E-Learning Portal Learning Level Up stellt Inhalte zur Verfügung, die die interaktiven und dynamischen Möglichkeiten digitaler Medien nutzen. Es hilft Lehrern, die selbst keine Experten für digitale Bildung sind, Wissen digital zu vermitteln: “Sie können ein Thema in die Suchleiste eingeben und bekommen verschiedene digitale Lernformate angeboten, die sie auf ihre Schüler anpassen können”, erklärt Pietrusky das Portal. So soll der Unterricht den unterschiedlichen Lerninteressen und Motivationen der Schüler gerecht werden können.
Kreatives und individuelles Lernen
Mit dem zunehmenden Lehrermangel und immer heterogeneren Klassen steht die Bildungswelt vor einem Problem: Viele verschiedene Schüler in einer Klasse, denen ein Lehrer nicht gerecht werden kann. Dieser gibt eine Form der Wissensvermittlung vor, doch diese erreicht nur einen Teil der Schüler – denn Wissen wird unterschiedlich erworben. Die Schüler, deren Lernstil der Unterricht nicht entspricht, suchen sich außerhalb der Schule Hilfe: In Erklärvideos auf Youtube zum Beispiel. “Ich lese immer wieder Kommentare von Schülern unter den Videos, das es darin besser erklärt ist, als es der eigene Lehrer kann”, erzählt Pietrusky.
Bildungsgerechtigkeit in der Schule, also eine Bildung, die alle erreicht, liegt ihm am Herzen. Er ist überzeugt, dass Lerninhalte an das individuelle Niveau und den Lernstil der Schüler angepasst werden müssen: “Zum Beispiel ist der eine mehr Theoretiker, der andere Praktiker.” Verschiedene Formate der Lerninhalte bei Level Up, wie Animationen, Grafiken oder Videos, nehmen darauf Rücksicht. Der Lehrer kann diese auf die verschiedenen Lerngruppen in der Klasse anpassen und weiterentwickeln. Der Schüler kann seinen individuellen Lernprozess selbst steuern, indem er die Inhalte aktiv zusammensetzen und ihre Struktur bestimmen kann: Teile können hinzugefügt, entfernt oder verschoben werden.
“Wir folgen dem Ansatz, dass Lernen ein aktiver Konstruktionsprozess ist”, erläutert Pietrusky. Die Wissensvermittlung in der Schule findet hingegen meist passiv statt, vom Lehrbuch bis zur Prüfung ist alles vorgegeben. Laut Pietrusky demotiviere das die Schüler, die nicht mitgenommen werden, und mache sie unselbstständig. Selbstständig motiviertes Denken und Handeln wird erst im Studium gefordert – und überfordert die ehemaligen Schüler dann. Darum soll selbstständiges und kreatives Lernen schon in der Schule mithilfe der digitalen Bildung gefördert werden. “Von der Fähigkeit, lebenslang zu lernen, profitiert man das ganz Leben”, betont Pietrusky. Denn auch im Berufsleben müsse man sich selbst dazu motivieren können, sich weiterzuentwickeln.
Lisa Engemann