Call of Duty, Counter-Strike oder Half-Life – sogenannte Gewaltspiele werden kontrovers diskutiert. UniBlog sprach mit Psychologie-Professor Tobias Rothmund über seine Forschung zum Thema Gewaltspiele und Vertrauen.
Gewaltspiele werden häufig mit gewalttätigem Handeln von Jugendlichen in Verbindung gebracht. Besonders nach Amokläufen wird ein Verbot von Gewalt- oder Killerspielen in den Medien heftig diskutiert. Für Tobias Rothmund, Junior-Professor für Politische Psychologie am Institut für Kommunikationspsychologie und Medienpädagogik (IKM) in Landau, ist das eine verständliche Reaktion: „Nach Amokläufen ist eine Gesellschaft erschüttert, sie sieht ihr Weltbild und ihre Wertvorstellung bedroht.“ Die Kritik an Videospielgewalt könne somit als Ausdruck des Wunsches verstanden werden, Gewaltfreiheit als gesellschaftlichen Wert zu kräftigen und zu stärken. Rothmund fügt hinzu: „Außerdem ist die Kritik an Gewaltspielen – beispielsweise für Politiker – leichter, als sich mit vermeintlich kontroverseren Themen wie dem freien Zugang zu Waffen zu befassen.“
Rothmund erforscht seit acht Jahren die Wirkung von Gewaltspielen. Im Fokus steht dabei vor allem die Frage nach der Wirkung auf das Vertrauen in andere Menschen. „Wechselseitiges Vertrauen stellt eine Notwendigkeit für menschliches Zusammenleben dar“, konkretisiert Rothmund. In einer Studie hat er herausgefunden, dass nach dem Spielen eines Gewaltspieles kurzfristig die Bereitschaft reduziert ist, einem fremden Menschen zu vertrauen. Gewalt und Misstrauen, das im Spiel erlebt wird, beeinflusse die Handlung der Rezipienten direkt im Anschluss an das Spiel und verringere das Vertrauen gegenüber unbeteiligten realen Personen. „Allerdings nur für ein paar Minuten und deshalb sind derartige kurzfristigen Effekte nicht entscheidend“, erklärt Rothmund.
Die Serie
Was gibt es Neues in der Wissenschaft? Wir stellen Personen und Projekte vor, die im Dienst der Universität Koblenz-Landau die Forschung voranbringen.
Bei der Studie wurde Versuchspersonen nach dem Zufallsprinzip ein aggressives Spiel oder ein Spiel mit Rätselcharakter zugewiesen. Nachdem die Probanden das Videospiel gespielt hatten, wurde in einem „trust game“, ein psychologisches Rollenspiel, bei dem wechselseitiges Vertrauen der Versuchspersonen getestet wird, untersucht, inwieweit die Probanden bereit sind, mit einem Fremden zu kooperieren.
„Langfristige Effekte, wie Gewaltspiele auf das Individuum wirken, sind in der Wissenschaft noch nicht ausreichend erforscht“, verdeutlicht Rothmund. Allerdings gebe es bereits zahlreiche Hinweise, dass Gewaltspiele auch langfristig das Verhalten und Erleben von Menschen beeinflussen können. Erste Hinweise über das Erleben und die Wirkungen der Spielnutzung auf soziales Vertrauen konnte Rothmund in einer Langzeitstudie mit Schülern ermitteln. Die These, dass Gewaltspiele Amokläufe auslösen können, hält Rothmund allerdings für falsch. „Amokläufe sind eine untypische Form von aggressivem Verhalten und sehr selten.“ Bei den Amoktaten in der Vergangenheit würden Studien zeigen, dass die Gemeinsamkeiten oft im Bereich persönlicher Störungen sowie extremer sozialer Isolation liegen würden.
Videospiele: Ein mächtiges Instrument des Lernens
Abgesehen von allen negativen Effekten – seien sie kurz- oder langfristig – sieht Rothmund Videospiele auch als ein mächtiges Instrument des Lernens. Der Forscher weist darauf hin, dass Videospiele eine Umgebung schaffen, in der bestimmte Lernprozesse sehr gut unterstützt werden können. Eine Schwierigkeit sei dabei aber, Spielspaß und Lerneffekt miteinander zu verknüpfen. Speziell im Bereich der sogenannten „serious games“, die „ernsthafte“ Bildungs- und Informationsziele verfolgen, fehle oft der Unterhaltungswert für die entsprechende Zielgruppe. Zukünftig sieht Rothmund in diesem Bereich einen erhöhten Forschungsbedarf, um mehr über die Nutzungsmotive und das Wirkungspotential von Videospielen zu erfahren, die zu Lernzwecken eingesetzt werden.
Daniel Schumacher