Kolumne

Tschüss Dresden, Hallo Landau

Weinberge statt Semperoper: Campus-Reporterin Nina Seel wechselte von Dresden nach Landau. Foto: Seel

Weinberge statt Semperoper: Campus-Reporterin Nina Seel wechselte von Dresden nach Landau. Foto: Seel

In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Heute berichtet Nina Seel von ihrem Umzug aus dem Elbflorenz in die Toskana Deutschlands.

Gebürtige Hessin, aufgewachsen als Dorfkind, vier Jahre Bachelor-Studium in Dresden. Und nun? Es dauerte etwas, aber dann hatte ich eine Antwort auf die Frage gefunden, wohin mich das Master-Studium führen würde: Nach Landau. Wo das kleine pfälzische Städtchen liegt, geschweige denn, dass es dort eine Uni gibt, musste ich vielen Leuten in meinem Freundeskreis erst einmal erklären.

Mut zur Veränderung

Zugegebenermaßen hatte ich Landau erst gar nicht auf dem Schirm. Wer Kommunikation und PR studieren will, der denkt zunächst an die Städte, in denen große Medien- und Verlagshäuser, Rundfunkanstalten oder Film- und Fernsehproduktionen zu Hause sind. Wo namhafte Agenturen ihre Niederlassungen haben und Politik und Weltgeschehen vor der Haustür stattfinden: Berlin, München, Hamburg, Köln. Dass ich am letzten Tag der Abgabefrist dann doch meine Bewerbungsunterlagen für die Universität Koblenz-Landau in den Briefkasten steckte, war mein Glück. Denn in die großen Städte wollen natürlich viele, dementsprechend hoch sind die Bewerberzahlen auf verschwindend geringe Anzahlen an Studienplätzen. Ich war also clever genug, mir einen kleinen „Außenseiter“ auszusuchen. Dieser erwies sich als echter Geheimtipp, an den neben mir nur 25 weitere schlaue Füchse meines Fachs dachten, die gemeinsam mit mir den Master in Sozial- und Kommunikationswissenschaften beginnen wollten. Als die Zusage kam, suchte ich mir ohne langes Zögern ein WG-Zimmer und zog vom liebgewonnenen Osten in den Südwesten Deutschlands.

Eigentlich war die Umstellung gar nicht so groß – die Reise ging schließlich vom Elbflorenz in die Toskana Deutschlands. Das musste doch Schicksal sein. Was mir gleich auffiel: Landau ist eine wirklich hübsche Stadt. Die vielen gut erhaltenen Gebäude im Altbau-Stil, viele Parks, die Landesgartenschau, der Pfälzer Wald… Die Elbe und den Panoramablick auf Dresdens Stadtsilhouette gegen die etwas unscheinbare Queich einzutauschen, fiel mir dann aber doch etwas schwer.

Kleines, feines Landau

In Landau ist alles komprimierter, allein schon in Bezug auf die Fläche. War ich in Dresden innerhalb einer Viertelstunde erst von der Neustadt an die Elbe gelaufen, so schaffe ich hier in der selben Zeit die gesamte Nord-Süd-Ausdehnung der Stadt. Auch die Zahl der Einwohner macht einen großen Unterschied: In Landau leben so viele Menschen, wie in Dresden studieren – 40.000. Im Verhältnis ist Landau aber gleichermaßen eine absolute Studentenstadt, was man spätestens dann merkt, wenn es während der Semesterferien hier deutlich ruhiger zugeht und die Stadt mit Semesterbeginn wieder von den rückkehrenden Studierenden geflutet wird.

Welchen Anteil die Uni am gesamten studentischen Leben hat, macht sich an den vielen Freizeitangeboten bemerkbar. Die Fachschaften und der AStA sind sehr engagiert. Uni-Feten, Grauflächenkultivierung und hochschulpolitisches Engagement zählen hier zum Tagesgeschäft. An der großen TU Dresden ging diese Arbeit völlig unter. Zwar gehörte man einer Fakultät an und hatte auch schon einmal etwas von Fachschaften und Studierendenvertretungen gehört, bewegte sich aber dennoch nur im Mikrokosmos des eigenen Studiengangs. Am Campus Landau gilt das Prinzip “Jeder kennt jeden”.

Neu waren für mich die vielen Außenstellen am Standort Landau, denn die TU Dresden ist bis auf wenige Ausnahmen fast ausschließlich eine Campus-Uni. So fühlte ich mich in den ersten Wochen Masterstudium manches Mal wieder wie ein blutiger Anfänger – ein typischer Ersti, der ständig andere nach dem Weg zum nächsten Seminarraum fragen muss. Jede Uni hat eben ihre eigene Infrastruktur, in die man erst mit der Zeit hinein wächst.

Lebensgefühl in der Pfalz

Das Angebot an Freizeitaktivitäten und kulturellen Veranstaltungen war in Dresden toll. Die Alstadt mit Frauenkirche, Semperoper und Zwinger war immer einen Ausflug wert. Die Neustadt mit ihren gemütlichen Kneipen, individuellen Lädchen und hübschen Hinterhöfen bot sich immer für einen Bummel an. Neustadtspaziergang war fast schon ein Lebensgefühl. Ein bisschen Hippie, ein bisschen Multikulti, ein bisschen Öko, ein bisschen Hipster und viele interessante Menschen. Aber auch das kann Landau: Hübsche Cafés, Läden mit veganem Angebot, Poetry Slams, Streetfood-Markt und kleine Konzerte.

Abgesehen von all diesen Dingen, die unter uns Studierenden als “hip” gelten, ist Landau auch ganz traditionell wunderschön. Die leckere, deftige Pfälzer Küche, der gute Wein, die schöne Innenstadt mit dem Wochenmarkt, es ist alles da, was das Herz begehrt. Es geht hier insgesamt ein bisschen ruhiger zu, weniger aufgeregt, am Abend und am Wochenende leeren sich die Straßen. Und doch habe ich immer das Gefühl, dass Landau ein ganz besonderer Ort ist. Hier lässt es sich gut leben.

Alte Heimat ade - Neu-Landauerin Nina Seel vermisst vor allem Dresdens imposantes Stadtbild. Ihre neue Studienstadt findet sie aber auch sehr schick. Fotos: Privat

Alte Heimat ade – Neu-Landauerin Nina Seel vermisst vor allem Dresdens imposantes Stadtbild. Ihre neue Studienstadt findet sie aber auch sehr schick. Foto: Seel

Ein guter Tausch

Was ich eingetauscht habe? Meine eigene Wohnung gegen das WG-Leben, denn so lerne ich schneller neue Leute kennen. Die Großstadt und eine große Uni gegen eine kleine Stadt mit einer kleinen Uni. Osten gegen Westen. Sächsische Schweiz gegen Pfälzer Wald. Elbe gegen Queich. Sächsisch gegen Pfälzisch. Straßenbahn gegen zu Fuß gehen. Sterni gegen Riesling. Eierschecke gegen Saumagen.

Meine Liebe zu Dresden wird bleiben, aber ich habe ein neues Zuhause hinzugewonnen. Nun bin ich gespannt auf den Frühling und den Sommer in Landau, auf die kommenden Feste und die Pfälzer Sommerkultur, wenn der Marktplatz und die Straßencafés voll sind und hier alle die südliche Sonne mit der Nähe zur französischen Lebensart genießen.