Kolumne

Kolumne: Sommer, Sonne, Angst vorm Fliegen

Für den einen ist Fliegen der Start in eine entspannte Urlaubszeit, für andere der blanke Horror. Campus-Reporterin Nina Seel schreibt in der aktuellen Kolumne über ihre Flugangst. Foto: Colourbox.de

Für den einen ist Fliegen der Start in eine entspannte Urlaubszeit, für andere der blanke Horror. Campus-Reporterin Nina Seel schreibt in der aktuellen Kolumne über ihre Flugangst. Foto: Colourbox.de

In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Kurz vor den Semesterferien berichtet Nina Seel über ihre Hassliebe zu Flugzeugen und ihr ganz persönliches Flug-Erleben.

Die EM ist gespielt, alle Referate sind gehalten. Nur ein paar letzte Prüfungen trennen uns noch von den wohlverdienten Semesterferien. So heißt es auch für mich bald “Ab in den Urlaub”. Nach einigen Jahren Pause steige ich in ein paar Wochen zum ersten Mal wieder in einen Flieger Richtung Meer. Flugzeuge üben schon immer eine unglaubliche Faszination auf mich aus. Dass diese großen, schweren Vögel sich so leicht durch die Lüfte bewegen und Millionen Menschen auf der Welt miteinander verbinden, betrachte ich als eine der großartigsten Erfindungen unserer Zeit.

Trotzdem fühle ich mich während eines Fluges Technik, Natur und Menschenverstand ausgeliefert. Ich stelle mich einer Situation, in der ich völlig die Kontrolle abgebe. Die Angst mag unbegründet und irrational sein, dennoch ergibt sich aus Platzangst, Höhenangst und Angst vor einem Absturz eine ganz wilde Mischung. Natürlich weiß ich, dass das Flugzeug laut Statistik das sicherste Verkehrsmittel der Welt ist und nicht einfach so vom Himmel fällt. Spätestens beim ersten Luftloch sind alle diese Weisheiten aber vergessen und sämtliche Horrorszenarien aus Medienberichten und Spielfilmen schießen mir durch den Kopf.

Vor dem Urlaub

Nach reichlicher Überlegung habe ich mich dazu entschlossen, einen Flug für den Sommerurlaub zu buchen. Dabei sind drei Stunden Flugzeit das höchste der Gefühle. Meine Countdown-App sagt, es sind noch 21 Tage und 4 Stunden bis zum Abflug. Ich sehe mich schon cocktailschlürfend am Pool liegen, gleichzeitig fühlt es sich an, als hätte ich mein eigenes Todesurteil besiegelt. Schon Wochen vorher habe ich ein mulmiges Gefühl und denke mir: „Warum tue ich mir den Stress eigentlich an? Urlaub auf Balkonien ist doch auch ganz nett.” Der Tag rückt näher, ich packe den Koffer und bin voller Vorfreude auf Füße im Sand und Sonne im Gesicht. Sie wird allerdings davon getrübt, dass mir nach überstandenem Hinflug die ganze Prozedur zurück bevorsteht.

Am Flughafen

Am Flughafen angekommen hoffe ich insgeheim, der Flug würde vielleicht aus unerfindlichen Gründen kurzfristig gecancelt. Überbucht, kein Platz mehr, schlechtes Wetter. Das Gepäck ist bereits aufgegeben und ich sitze wartend am Gate. Dort flöße ich mir zum wiederholten Mal die Rescue-Tropfen ein und warte nervös darauf, dass sich mein Adrenalin endlich zügelt, damit ich total relaxt gen Süden fliegen kann. Aber der Stress steigt. Ich betrete den Tunnel zum Flugzeug, gehe langsamen Schrittes auf die Höllenmaschine zu und setze den Fuß hinein. Das war’s. Kein Scherz: Jedes Mal frage ich mich, ob ich aus diesem Ding wieder lebend rauskomme oder ob ich irgendwo am Meeresgrund lande. Das freundliche Bordpersonal gibt sich alle Mühe, seine Gelassenheit auf die Fluggäste auszustrahlen. Platz genommen, festgeschnallt, Bording completed, das Flugzeug rollt los. Ob ich eigentlich der einzige Mensch bin, der tatsächlich immer ganz aufmerksam den Notfall-Anweisungen lauscht, nur für den Fall der Fälle? Theoretisch könnte man jetzt immer noch aussteigen…

Abflug

Der Flieger biegt ab auf die Startbahn, die Turbinen werden laut, ich werde in den Sitz gepresst und schwebe plötzlich. Die Hand meines Sitznachbarn zerquetscht, mein Puls beruhigt sich allmählich. Ich kann nicht leugnen, dass ich die Aussicht genieße und sich “über den Wolken“ ziemlich toll anfühlt. Als Kind dachte ich immer, das Flugzeug könne zur Not auf den dicken weißen Wattewolken notlanden, bis heute eine schöne Vorstellung. Jetzt muss ich das Ganze nur noch ohne Turbulenzen überstehen. Vor Erleichterung gehöre ich immer zu denjenigen, die nach der Landung am lautesten in die Hände klatschen, weil ich so froh bin wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Jetzt kann der Urlaub kommen. Wenn ihr nach den Semesterferien wieder von mir hört, dann habe ich auch den Rückflug unbeschadet überstanden. In diesem Sinne: Schöne Ferien.

Sie leiden unter Flugangst? Dann sollten Sie das Interview mit Psychotherapeut Dr. Jens Heider lesen.