Sich auf einen Forschungsaufenthalt in Ruanda vorzubereiten, ist gar nicht so einfach: Während die eine Projektgruppe eine neue Frosch- und Pflanzenart entdeckt, widmet sich eine andere den örtlichen Agrarforstsystemen. Die Brücke vom “Land der tausend Hügel” zum Rhein schlägt das Ruanda-Zentrum in Koblenz. Als zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Universität agiert es als internationale Schnittstelle zwischen Projektarbeit und Wissenstransfer. Davon profitiert nicht nur die Forschung der Universität, sondern auch das Land.
Nicht nur die ungefähre Flächengröße hat Ruanda mit Rheinland-Pfalz gemeinsam, seit über 30 Jahren ist die ehemalige deutsche Kolonie auch Partnerland von Rheinland-Pfalz. “Aus der Zusammenarbeit der beiden Länder ist die Uni-Partnerschaft entstanden”, erklärt Siegmar Seidel, Geschäftsführer des Ruanda-Zentrums am Standort Koblenz. Seit 1999 besteht eine Kooperation der Fächer Biologie und Geografie am Campus Koblenz. Mit dem Ruanda-Zentrum wird die Zusammenarbeit auch für andere Fachbereiche und Fächer ausgebaut.
Schnittstelle zwischen Koblenz-Landau und Ruanda
Die Serie
Was gibt es Neues in der Wissenschaft? Wir stellen Personen und Projekte vor, die im Dienst der Universität Koblenz-Landau die Forschung voranbringen.
Seidel kennt Ruanda aus nächster Nähe, schon 13 Jahre bereist er das zehn Flugstunden entfernte Land in Ostafrika. “Das Runda-Zentrum ist eine Anlaufstation für alle Fächer, die gerne mit Ruanda zusammenarbeiten möchten. Neben der Beratung geben wir auch Hilfestellung und Unterstützung, von den Projektanträgen bis zur Durchführung”, berichtet Seidel. Von seinen Aufenthalten vor Ort kennt er nicht nur die landschaftlichen Gegebenheiten des Landes, sondern auch die institutionellen Einrichtungen. Der direkte und persönliche Kontakt zu Behörden und Absprechpartnern erleichtert die Vermittlung zwischen Universität und Ruanda. “Die Kooperation kann man sich so vorstellen: ein Dozent, Professor oder Mitarbeiter der Universität Koblenz-Landau hat eine Idee für ein Projekt in Ruanda. Mit dieser Idee kommt er zum Ruanda-Zentrum und wir stellen Kontakt zu möglichen Kooperationspartnern her, wie zum Beispiel die Universität, das Umweltministerium oder Naturschutzbehörden, begleiten den Prozess und unterstützen die Forschung vor Ort.”
Auch für Studierende gibt es verschiedene Möglichkeiten, Wissenschaft und Forschung hautnah zu erleben: Sowohl Praktika oder Abschlussarbeiten in einem der laufenden Projekte in Ruanda als auch Auslandssemester können angeboten werden.
Forschung in Regenwald und Savanne
“Schon aufgrund der landschaftlichen und klimatischen Bedingungen ist Ruanda ein idealer Ort zum Forschen”, weiß Seidel. Die Landschaft bietet mit Regenwald, Vulkanen, Savannen, Sümpfen und Flüssen eine überaus abwechslungsreiche Forschungsgrundlage. Von der Regierung wurde der Universität ein Grundstück zur Verfügung gestellt, die Basis der deutschen Wissenschaftler: In zwei Häusern kann sowohl übernachtet als auch das benötigte Equipment gelagert werden. “Das erleichtert uns die Arbeit ungemein. Die Materialien können wir so vor Ort lassen und von diesem Punkt aus starten wir unsere Fahrten auf die Projektflächen.”
Wissenschaft in und für Ruanda
In den letzten neun Jahren wurden sowohl Umsetzprojekte als auch Begleitforschung in Ruanda praktiziert. Weil die Landschaft teilweise sehr hügelig ist, besteht im kompletten Land die Gefahr von Bodenerosionen. Der fruchtbare Oberboden wird dadurch ins Tal abgeschwemmt. “In Begleitforschungen werden zum Beispiel Techniken entwickelt, wie dieser Oberboden gehalten werden kann”, gibt Seidel Auskunft. In einem Projekt beispielsweise konnte mit Hilfe der Bevölkerung ein wichtiger Schritt zum Schutz des Regenwalds getan werden. Über 17.000 Bauern wurden geschult und konnten direkt vom Projekt profitieren. Für Seidel ein entscheidender Punkt: “Die Ergebnisse aus unseren Projekten werden an Zielgruppen wie Bauern, Schüler oder Studierende vermittelt und zur Anwendung gebracht. Nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Bevölkerung Ruandas hat einen unmittelbaren Nutzen ausunserer Forschung.”
Neue Projekte laufen dieses Jahr noch an. “Das ist das Spannende in Ruanda”, freut sich Seidel. “Der Ablauf unserer Forschung ist von Mal zu Mal verschieden. Während eine Gruppe zum Agrarforstsystem forscht, entdeckt die andere Gruppe eine neue Frosch- oder Pflanzenart. In diesem Land ist einfach sehr viel möglich. Darauf kann man sich in Deutschland nicht vorbereiten, man muss in Ruanda nur auf die Suche gehen.”
Lisa Leyerer