In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Heute fragt sich Hannah Wagner, ob mit dem Ende des Studiums die Zukunft beginnt oder der Weg frei ist für etwas Neues?
Ich habe immer munter vor mich her studiert, diverse Dinge nebenbei gemacht, bin gereist, habe gearbeitet und in den Tag hinein gelebt. Die Frage: “Was wird man eigentlich als Kulturwissenschaftlerin?” habe ich geflissentlich gemieden und bin sie scherzhaft umgangen: “Taxifahren, was sonst, haha.” Ich war mir selbst nicht sicher und habe deshalb nach dem Motto gelebt: Kommt Zeit, kommt Rat, irgendeine Möglichkeit wird sich schon ergeben. In dieser, meiner Welt, war die Zukunft noch weit weg: Fester Job, Steuern zahlen, sich irgendwo festsetzen, Kinder, für einen Weg entscheiden – diese Elemente waren ausgeschlossen. Über acht Jahre ging das so.
Weit weg und doch so nah
Vor ein paar Wochen dann kam die eiskalte Erkenntnis: Die Zukunft ist da! Woran ich das festmache? An immer mehr Terminen für Hochzeitsfeiern, an Ultraschallbildern und den Kindern meiner Freunde, auf die ich aufpasse, an Gesprächen über Windeln, größere Wohnungen, Brautkleider, Gehaltserhöhungen und berufliche Entscheidungen. Auch bei mir liegt die Masterarbeit auf dem Schreibtisch, alle Hausarbeiten sind geschrieben, letzte Prüfungen abgelegt und Leistungen anerkannt – kurz: Das Ende des Studiums ist in Sicht. Und danach? Plötzlich war ich verunsichert: Was kann ich eigentlich besonders gut? Was will ich arbeiten? Wo führt es mich hin? Habe ich eigentlich alles erreicht, was ich vor Dreißig machen wollte? Warum habe ich keinen Plan für die Zukunft?
Ziellos ist nicht gleich planlos
All diese Fragen bereiteten mir schlaflose Nächte und unzählige Gedankenkarusselle. Ein Plan musste also her: Ich habe eine Liste mit Dingen geschrieben, die ich erreichen will, bevor der nächste runde Geburtstag ansteht. Ich habe beim Woman Career Center unserer Uni einen Kompetenzcheck und einen Workshop zu beruflichen Perspektiven nach dem Master belegt, einen Arbeitsvertrag für den Sommer unterschrieben und noch ein paar Bewerbungen für Auslandspraktika im Winter hinterher geschoben. Der Plan für dieses Jahr steht jetzt und beinhaltet das Ende meines Studiums: Ein komisches Gefühl, lag das doch immer irgendwo in der Zukunft.
Ob ich jetzt in der Zukunft lebe, habe ich mich entsetzt gefragt? In der Zukunft nach dem Studium sicherlich, aber ich bleibe ja nicht plötzlich mitten im Leben stehen, nur weil ich ein vormals zukünftiges Ziel erreicht habe. Ich werde weiter gehen, neue und andere Wege erkunden: „Doch meine Schuhe steh’n halt da, um damit weiterzugehen…“, heißt es in einem Song von Prinz Pi.
So werde ich es machen: Mich bewegen, nach immer neuen Zielen, Aufgaben und Herausforderungen suchen, um nicht in einem Lebensabschnitt stecken zu bleiben. Dann ist die Zukunft niemals da und das Ende von allem – sei es von der Studienzeit, einer Beziehung oder einem Job – gar nicht so schlimm, sondern nur der Anfang von etwas Neuem.