Während die deutschen Medien hierzulande einen seriösen Ruf genießen, bringen Israelis ihren Medien nur wenig Vertrauen entgegen. Warum sich die Einstellung zu Medien und ihre Nutzung in den beiden Ländern so stark unterscheidet, untersucht ein Team aus Wissenschaftlern der Universität Koblenz-Landau, der Universität Haifa und der University of Amsterdam.
Bereits seit 2015 besteht eine intensive Kooperation zwischen dem Institut für Kommunikationspsychologie und Medienpädagogik (IKM) in Landau und dem Department of Communication der Universität Haifa. Die Mitarbeitenden der Universitäten interessieren sich für die Frage, wie der Konsum politischer Nachrichten mit dem Vertrauen in Medien und in Politiker zusammenhängt. Innerhalb der Kooperation von Professor Yariv Tsfati auf israelischer sowie Professorin Michaela Maier und Assistant-Professor Lukas Otto auf deutscher Seite, sind bereits mehrere Studien zur Frage entstanden, wie Menschen politische Inhalte auswählen und die Rezeption welcher Medieninhalte politisches Vertrauen beeinflussen können. “Israel und Deutschland bieten sich als Vergleichsländer an. Obwohl die Mediensysteme und das politische System theoretisch ähnlich sind, unterscheiden sie sich in ihren Einstellungen gegenüber Medien und Politik sowie in ihren Medieninhalten und Mediennutzung erheblich”, erklärt Otto, der mittlerweile vom IKM an die University of Amsterdam gewechselt ist. So hatten die Wissenschaftler in ihren vorangegangenen Studien herausgefunden, dass den Medien in Israel wesentlich weniger Vertrauen entgegen gebracht wird als in Deutschland.
Forschung per Smartphone
Die Serie
Was gibt es Neues in der Wissenschaft? Wir stellen Personen und Projekte vor, die im Dienst der Universität Koblenz-Landau die Forschung voranbringen.
In ihrer aktuellen Studie, die 2016 in Deutschland und 2017 in Israel über den Zeitraum von einer Woche durchgeführt wurde, griffen die Wissenschaftler auf eine innovative Methode zurück: Um ein präzises Tracking des Nutzungsverhaltens zu gewährleisten, setzten sie die Smartphones der Teilnehmer ein. Pro Land waren 100 Teilnehmer dazu aufgefordert, immer dann, wenn sie etwas über einen Politiker oder ein politisches Thema gelesen hatten, mit dem Smartphone ein Foto von diesem Artikel zu machen oder einen Link hochzuladen. Anschließend wurde in einem kurzen Fragebogen erfasst, wie glaubwürdig der Inhalt war und wie die Studienteilnehmer den Politiker und seine Vertrauenswürdigkeit bewerten. So konnte der erste Eindruck quasi in Echtzeit ermittelt werden.
Das deutsch-israelische Forscherteams kam zu den Ergebnis, dass die israelische Bevölkerung im Vergleich zu den Deutschen generell mehr Medien nutze: Trotz des geringen Vertrauens würden häufiger politische Nachrichtenangebote in Print, TV und Online konsumiert. Während die Deutschen Klassiker wie die 15-minütige Tagesschau zu Informationszwecken bevorzugten, dauerten israelische Nachrichtensendungen meist zwei bis vier Stunden, die man nicht am Stück, sondern partiell verfolge, indem man immer wieder ins Programm schalte. Die Themen wiederholen sich, auch über kleine Meldungen werde intensiv berichtet. Zudem würden Israelis viel stärker als die Deutschen auf alternative Medien, wie zum Beispiel Online-Medien und ausländische Medien, zurückgreifen, um sich zu informieren. „Diese Erkenntnis lässt sich damit erklären, dass Israel ein hochpolitisiertes Land ist, in dem sich die Bevölkerung regelmäßig über die aktuelle Sicherheitslage informieren muss. Auch bei geringem Vertrauen wird das Informationsangebot genutzt”, weiß Otto.
Kooperation mit Zukunft
Bereits mehrfach kamen die israelischen Wissenschaftler der Universität Haifa nach Landau, um als Experten auf dem Gebiet Vertrauen in Medien zu referieren. Da das Konstrukt Vertrauen auch im Forschungsschwerpunkt Kommunikation, Medien, Politik (KoMePol), in dem Maier tätig ist, eine übergeordnete Rolle spielt, wurden gemeinsame Projekte geplant, der Austausch intensiviert und ein Kooperationsvertrag geschlossen. Vergangenes Jahr besuchten Maier und Otto die Kommunikationswissenschaftler in Israel. Das Forscherteam plant nun Folgestudien, um das Mediennutzungsverhalten während Wahlkampfphasen untersuchen zu können. Zum einen steige die Mediennutzung in dieser Phase deutlich an, zum anderen ermögliche die Smartphone-Methode, die Dynamik der Medienauswahl sehr genau zu tracken.