Beim ökumenischen Mittagsgebet am Campus innehalten, Gitarre lernen oder an einer Kleidertauschbörse mitmachen: Bei den Hochschulgemeinden am Campus Landau steht mehr als nur Beten auf dem Programm. Pastoralreferent Ralf Nico Körber von der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) und Studierendenpfarrerin Dr. Anja Lebkücher von der Evangelischen Studierendengemeine (ESG) stellen Ihre Arbeit vor und erklären im UniBlog, wieso bei ihnen jeder willkommen ist.
Frau Lebkücher, was macht eigentlich eine Studierendenpfarrerin?
Ich bin Ansprechpartnerin für alle Studierenden bei Anliegen der Seelsorge. Außerdem mache ich viele Angebote, die im weitesten Sinn kirchlich sind. Es gibt regelmäßig eine wöchentliche Andacht und einen Abend, an dem wir beispielsweise in der Vorweihnachtszeit backen oder basteln. Ich versuche eine Mischung aus gottesdienstlichen und thematischen Veranstaltungen anzubieten. Jedes Semester setzen wir uns mit einem anderen Thema auseinander. Letztes Semester war es „Judentum – Spuren jüdischen Lebens in Landau” und zurzeit haben wir das Thema „Freude schenken – Love to go“. Dann gibt es noch Veranstaltungen, die einfach nur Spaß machen und der Gemeinschaft dienen.
Inhaltlich wollen wir uns in diesem Semester vor allem mit fairer Kleidung, fairem Handel und Entwicklungsprojekten beschäftigen. Die ESG soll ein Ort sein, an dem sich Studierende Treffen und Kennenlernen können und eine Gemeinschaft entsteht. Am Anfang und am Ende des Semesters gibt es immer einen Gottesdienst, und dazwischen mache ich unregelmäßige Angebote, auch am Wochenende.
Und was ist ihre Aufgabe als Pastoralreferent der KHG, Herr Körber?
Ich biete alles an, was der Seele gut tut. Das ist eine große Vielfalt. In der KHG gibt es natürlich regelmäßige Gottesdienste, aber auch einen Gitarrenkurs oder Wanderungen im Wasgau. Wir bieten pro Semester eine Auszeit im Kloster an. In unserem Nachtlager können Studierende übernachten, die noch keine Unterkunft in Landau gefunden haben. Sie können im großen Saal der KHG einchecken und so lange dort schlafen, bis sie eine Wohnung haben. Zu meiner Arbeit gehört natürlich viel Organisation und Öffentlichkeitsarbeit. Unsere Aktionen funktionieren ja nur, wenn sie bekannt werden. Gerade im studentischen Bereich müssen wir es hinbekommen, dass die Studierenden wissen, dass es uns überhaupt gibt. Uns ist klar, Hochschulgemeinden sind nicht das aktuellste Thema. Umso wichtiger ist es uns, dass wir eine Präsenz an der Uni haben.
Wer kann an den Veranstaltungen teilnehmen?
Körber: Die KHG versteht sich als Hochschulgemeinde, nicht nur exklusiv für Studierende, sondern auch für Mitarbeiter und das Personal der Universität. Die Angebote sind komplett offen und unabhängig von Konfession und Religion.
Lebkücher: Es sind alle Studierenden willkommen und es spielt weniger eine Rolle, ob man evangelisch, katholisch, konfessionslos oder muslimisch ist. Uns ist Ökumene und Offenheit gegenüber anderen Kulturen wichtig. Wir bieten daher Veranstaltungen für internationale Studierende an und arbeiten mit dem International Office zusammen. Mir ist es ein Anliegen, dass sich Menschen mit verschiedenen Ausprägungen des Glaubens und Frömmigkeitsformen wohlfühlen. Wir haben auch Menschen dabei, die sagen, ich glaube gar nicht an Gott, aber ich helfe trotzdem mit, Gemüse für die Suppe zu schnippeln. Letztes Semester haben wir Cajons gebaut, das sind Rhythmus-Instrumente. Das ist ja an sich nichts Religiöses, aber die Instrumente können im Gottesdienst verwendet werden oder Lehrer können sie in der Schule benutzen. Unsere Aktionen sind immer für das religiöse Thema offen, aber nie zwingend. Manchmal ist es einfach gut, einen Denkimpuls zu geben.
Was ist der Unterschied zwischen einer Kirchengemeinde und einer Hochschulgemeinde?
Lebkücher: Ich habe früher als Gemeindepfarrerin gearbeitet. Der Hauptunterschied ist natürlich, dass ich hier für Studierende zuständig bin. Als Gemeindepfarrerin hatte ich eine Kartei mit allen Gemeindemitgliedern. Wer zur Hochschulgemeinde zählt und an der Uni evangelisch ist, kann ich jedoch nicht sagen, weil diese Daten nicht erhoben werden. Außerdem gibt es in einer normalen Kirchengemeinde viel festere Strukturen, weil sich Menschen dort oft seit Jahrzehnten einbringen. Hier wechseln die Aktionen mit den Studierenden. Im Grunde kann man in jedem Semester etwas Neues ausprobieren und Studierende haben die Möglichkeit, die Inhalte mitzugestalten.
Wer kann zur Seelsorge kommen und mit welchen Fragen werden Sie dort konfrontiert?
Körber: Zur Seelsorge kommen kann jeder, der im Unikontext unterwegs ist, unabhängig von Konfession und Religion. Die Gespräche sind kostenfrei, natürlich vertraulich und unterliegen der Schweigepflicht. Ich habe in den letzten drei Jahren eine Ausbildung zum systemischen Berater gemacht. In der Lebensphase zwischen 20 und 30 stehen viele Entscheidungen an. Das sind Überlegungen wie: „Habe ich das richtige Studium gewählt und bin ich hier wirklich richtig?“ Auch das Ablösen vom Elternhaus wird häufig thematisiert. Beziehungsfragen nach Trennung oder Zusammenbleiben tauchen immer wieder auf, denn Antworten darauf sind ja selten ganz eindeutig. Weniger kommen Personen mit spezifischen Glaubensthemen zu mir. Es sind im weitesten Sinne Lebensfragen.
Was ist der Unterschied zwischen Seelsorge und einem Beratungsgespräch?
Lebkücher: Die Seelsorge ist niedrigschwelliger, denn die Studierenden kennen uns oft schon von Veranstaltungen. Sie können uns einfach zwischen Tür und Angel ansprechen oder mal zur Seite nehmen. Ich denke es ist einfacher, mich ungezwungen anzusprechen, als wenn man einen extra Termin in einer Beratungsstelle ausmachen muss. Der Hauptunterschied zu einem Beratungsgespräch ist, dass die Studierenden wissen, dass das Gespräch grundsätzlich für religiöse Themen offen ist. Ich spreche das aber nicht von meiner Seite an, sondern achte eher auf Signale, ob jemand auch über Religion oder Glauben sprechen möchte.
Was gefällt Ihnen an der Arbeit mit Studierenden?
Körber: Die Arbeit mit Studierenden ist flexibel, kurzlebig und herausfordernd. Ich treffe oft aufgeweckte Menschen und bekomme unmittelbare Rückmeldungen zu meinen Angeboten. Ich merke sofort, ob etwas funktioniert oder nicht, weil zu manchen Veranstaltungen beispielsweise niemand kommt. Oft sind kreative Köpfe unter den Studierenden, die selbst etwas ins Rollen bringen. Wir probieren aus, gucken, ob es klappt, und wenn nicht, ist es auch nicht tragisch. Man kann im Vergleich zu Pfarrgemeinden auch mal eine Änderung durchführen, ohne dass die halbe Gemeinde sich darüber beschwert.
Lebkücher: In einer normalen Kirchengemeinde ist man sehr stark durch Pflichtaufgaben wie Konfirmandenunterricht, Beerdigungen und Gottesdienste eingebunden. Es gibt meist keine Ressourcen, um sich zu überlegen, was man gerne machen möchte. In der Studierendengemeinde ist das anders: Ich habe die Zeit, gemeinsam mit Studierenden zu überlegen, was sinnvoll und umsetzbar ist. Ich habe viel Raum, um Ideen und Projekte zu entwickeln. Für mich hat es auch etwas Visionäres, weil Studierende oft einen gewissen Idealismus mitbringen. Sie setzen sich sehr für andere Menschen oder die Umwelt ein. Für mich ist die ESG ein bisschen Hoffnung auf eine bessere Welt, weil die Studierenden mitträumen und ihre Visionen einbringen. Die Motivation, Gutes zu tun, spürt man viel unmittelbarer, als in einer normalen Gemeinde. Ich genieße es außerdem sehr, dass wir in der Gestaltung von Gottesdiensten freier sind. Es bringen sich viele Studierende mit ihren Instrumenten und Ideen ein, diese Mischung aus Neuem und Traditionellem finde ich schön.
Weitere Informationen zu den Hochschulgruppen am Campus Landau gibt es unter www.uni-landau.de/esg und www.khg-landau.de.
Interview: Katharina Greb