Die Koreanerin Jihee Hong ist Doktorandin am Koblenzer Institut für Germanistik und untersucht die Wissensgenerierung über ihr Heimatland Korea in deutscher Reiseliteratur um 1900.
Bitte beschreiben Sie Ihre Forschung in wenigen Sätzen.
Die Serie
Sie forschen, organisieren Tagungen oder schreiben Fachartikel: In dieser Serie berichten wir über Promovierende und ihre Forschung an unserer Universität. Und fragen: Was ist ihr Thema? Was sind ihre Leidenschaften? Wieso haben sie sich für eine Promotion entschieden? Wie organisieren sie ihr Arbeitspensum?
In meiner Promotionsarbeit behandle ich die Frage, wie Wissen über ein fremdes Land erzeugt wird. Konkret geht es um die Reiseliteratur deutscher Korea-Reisender vom Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Bei den Untersuchungen stehen sowohl textuelle Erzählstrategien,als auch bildliche Darstellungsmittel im Fokus.
Was fasziniert Sie an diesem Thema?
Die deutsche Reiseliteratur über Korea fasziniert mich besonders, da ich so mein Heimatland aus einem ganz anderen Blickwinkel kennen lernen kann. Es ist spannend zu erfahren, welche Erfahrungen und Eindrücke die ersten deutschen Reisenden bereits Ende des 19. Jahrhunderts in der Reiseliteratur verarbeiten. Jedoch ist meine Heimat im Vergleich zu China und Japan für viele Deutsche immer noch sehr unbekannt. In der Vergangenheit wird Korea oft als eher verschlossenes Land beschrieben, was sich allerdings in den letzten Jahrzehnten dynamisch gewandelt hat. Daher möchte ich als koreanische Germanistin mit meiner Dissertation die deutsche und koreanische Kultur näher zusammenbringen.
Wieso haben Sie sich für eine Promotion entschieden? Und warum in Deutschland?
Ich habe schon in der Oberstufe angefangen Deutsch zu lernen und mich hat die deutsche Kultur sehr interessiert. 2003 war ich dann das erste Mal in Düsseldorf und habe einen Sprachkurs besucht. 2004 ging es als Au-Pair nach Tübingen. Noch während meines Germanistik-Studiums an der Ewha-Universität in Seoul habe ich schon davon geträumt, in Deutschland zu promovieren. Nach dem Master-Abschluss habe ich zunächst etwas Berufserfahrung gesammelt. Zum einen habe ich als Deutschlehrerin an einer Fremdsprachenoberschule und zum anderen als Assistentin bei der Zentralstelle für Auslandsschulwesen gearbeitet. Diese unterstützt Deutschunterricht an koreanischen Schulen und arbeitet eng mit der deutschen Botschaft und dem DAAD (Deutscher Akademischer Auslandsdienst) zusammen. Während dieser Zeit habe ich viele wertvolle Erfahrungen gesammelt, doch mein Ziel zu promovieren habe ich dadurch nicht aus den Augen verloren. Als ich ein interessantes Forschungsthema, eine Doktormutter und die finanzielle Lösung gefunden hatte, konnte ich dann endlich nach Deutschland, um zu promovieren.
Wie wird Ihre Promotion finanziert?
Über ein Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Welche zusätzlichen wissenschaftlichen Aktivitäten planen oder machen Sie bereits neben der Promotion?
Seit Dezember 2012 halte ich regelmäßig einen Vortrag zum Thema „Korea – Eine interkulturelle Begegnung“ im Zentrum für Innere Führung. Auch an der Universität habe ich im Rahmen des Kulturwissenschaftlichen Kolloquiums schon mehrmals Vorträge zu verschiedenen Themen gehalten. Neben weiteren Vorträgen in Seminaren und Tagungen bin ich ebenfalls Mitglied im Beirat des Interdisziplinäres Promotionszentrum (IPZ).
Was sind Ihre beruflichen Pläne für die Zukunft?
Viele Leute fragen mich, ob ich auch nach meiner Promotion in Deutschland bleiben oder in meine Heimat Korea zurückgehen möchte. Das ist keine leichte Entscheidung. Als ich nach Deutschland kam, hatte ich das klare Ziel, nach meiner Promotion an meiner koreanischen Universität zu lehren. Allerdings fühle ich mich auch in Deutschland sehr wohl. Demnach werde ich mal schauen, welche beruflichen Möglichkeiten sich hier für mich ergeben. Auf jeden Fall möchte ich weiterhin daran arbeiten, die deutsche und koreanische Kultur zusammenzubringen, zum Beispiel auch, indem ich selbst irgendwann ein Buch darüber schreibe.
Was vermissen Sie am meisten hier in Deutschland?
Natürlich Familie und Freunde, aber da ich immer schon viel gereist bin, sind die daran gewöhnt. Und das koreanische Essen fehlt mir ab und zu, da es in Koblenz leider kein koreanisches Restaurant gibt.
Was sollten Studierende mitbringen, die an eine Promotion denken?
Da man während einer Promotion über mehrere Jahre an einem Projekt arbeitet, muss man sich ein Forschungsthema suchen, das einen wirklich fasziniert. Bei mir war es die Begeisterung für die deutsche Kultur und Sprache im Vergleich mit der Kultur meiner Heimat. Außerdem braucht man viel Disziplin.
Welche Aufgaben ergeben sich noch im Zuge Ihrer Promotion?
Als Stipendiatin nehme ich an einem Begabtenförderungsprogramm teil, das in diesem Jahr aus zwei Seminaren in Berlin und München besteht. Außerdem mache ich bei verschiedenen Aktivitäten der Hochschulgruppe in Koblenz mit.
Was unternehmen Sie, um sich zusätzlich zu qualifizieren?
Das IPZ bietet verschiedene Workshops an, die für Promovierende interessant und nützlich sind. Als Literaturwissenschaftlerin besuche ich häufig Seminare oder Lesungen, um den aktuellen Diskursen meines Fachgebiets zu folgen.
Wie organisieren Sie Ihren Arbeitsablauf?
Als ich am Anfang viel recherchiert und gelesen habe, hatte ich einen festen Tagesablauf, wann und wie lange ich an der Arbeit sitze. Mittlerweile bin ich bei der Niederschrift und gestalte meine Tage unterschiedlicher. Manchmal schreibe ich am Tag viele Seiten und bis tief in die Nacht hinein. Ein andermal hingegen werden es nur ein paar Zeilen am Tag, weil ich ständig wieder irgendetwas daran ändere und nicht so gut voran komme. Trotzdem versuche ich, jeden Tag an meinem Projekt zu arbeiten und habe für jedes Kapitel einen bestimmten Zeitplan.
von Giovanna Marasco-Albry