In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Heute stellt Lisa Engemann fest, dass Versöhnung der einzige Weg ist, um mit anderen Menschen glücklich zu werden.
Drei Situationen, die mich zum Nachdenken angeregt haben:
In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag.
Zwei Menschen leben zusammen, seit sie denken können. Das Leben davor ist im Dickicht der Erinnerungen verschwunden. Sie liebten sich, lieben sich noch. Aber sie zeigen es sich nicht mehr. Zu viele Missverständnisse sind ungeklärt. Alle Versuche sind gescheitert. Beide leben frustriert nebeneinander und hegen ihren Groll gegeneinander. Das Miteinander? Vergangen.
Alle sind an diesem Tag gekommen: Onkel, Tanten, Großcousinen, Omas, Papas und Schwippschwager. Einer aus ihren Reihen ist tot. Auf der Beerdigung sehen sich alle wieder. Verstohlen schauen sie sich an, wenn sie denken, der andere sieht sie nicht. In der Familie kursieren Gerüchte, jeder erzählt etwas über den anderen. Doch keiner will Schuld sein an dem Schlammassel, in dem alle knietief stecken.
Jemand läuft die Straße entlang, ein anderer kommt ihm entgegen. Sie sind sich noch nie begegnet und glauben doch, alles über den anderen zu wissen: Wie er da lang geht, in seiner Kleidung, mit seinem Gesicht. Mit kurzen Blicken streifen sie sich und in Gedanken formen sich die Vorurteile. Sie werden sich wahrscheinlich nie wieder sehen. Und doch nehmen sie für immer eine Rolle im Weltbild des anderen ein.
Blind füreinander
Alle Menschen in den Situationen stehen sich blind gegenüber. Ihre eigenen Gedanken und Gefühle sind präsenter, als der Mensch vor ihnen. Sie verurteilen sich, ohne sich wirklich zu begegnen.
Solche kurzen Geschichten könnte jeder von uns erzählen, in der ein oder anderen Form. Egal, wie alt er ist, woher er kommt oder wie er lebt. Das Leben ist kompliziert, Menschen und ihre Beziehungen zueinander sind noch komplizierter. Alles, was wir jemals getan, gedacht oder gefühlt haben, wurde von jemandem beeinflusst – oder hat jemanden beeinflusst. Wir glauben zu wissen, wer er ist, der Mensch gegenüber. Schließlich kennen wir ihn, wir wissen, was er getan hat. Und selbst wenn wir ihn nicht direkt kennen, wissen wir genug von Anderen über ihn, um uns ein Urteil zu bilden. Meinen wir zumindest.
Ein kleiner Schritt zurück ist ein großer Schritt vorwärts
Unsere Gedanken und Gefühle sagen uns doch genug über den Menschen gegenüber, oder nicht? Gehen wir einen Schritt zurück und schauen ihn wirklich an. Wer ist er, dieser Mensch? Versuchen wir, unser Bild von ihm kurz auszublenden. Öffnen wir die Arme und akzeptieren unseren Gegenüber, wie er ist. Erstmal ist auch er ein Mensch. Da haben wir schon mal etwas gemeinsam. Atmen wir zusammen tief durch und sprechen darüber, wer wir sind und was los ist.
Versöhnung ist der Anfang vom Ende eines Konflikts. Dem Paar, der Familie und auch den Fremden, die sich eine Gesellschaft teilen, bleibt nichts anderes übrig. Sonst lebt jeder in seinem Groll und alles Reden hilft nichts. Treten wir zurück und schauen uns ehrlich in die Augen. Die Welt ist chaotisch und Menschen sind kompliziert – ich kann nicht alles wissen. Ich versuche, die Situation und den Menschen zu nehmen, wie sie sind, und dann die Probleme anzugehen. Versöhnung hilft, wenn schon nicht in Liebe, dann wenigstens in Respekt zusammen zu leben. Könnte das sogar was mit Weihnachten zu tun haben?
Lisa Engemann