Kolumne

Besser leben?!

Heute schreibt Campus-Reporterin Nina Seel. Illustration: Designstudio Mathilda Mutant

Heute schreibt Campus-Reporterin Nina Seel. Illustration: Designstudio Mathilda Mutant

In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Heute sinniert Nina Seel über mögliche Lebensentwürfe für Mittzwanziger und überlegt, wie Ratgeber das Leben bereichern können.

„Ich glaube, ich bin jetzt in dem Alter, in dem man anfängt, Ratgeber zu lesen“, hörte ich mich neulich sagen. Klingt altmodisch? Ich meine nicht diese Art von Büchern, die einem näher bringen, wie man Kinder antiautoritär großzieht, Teenagern durch die Pubertät hilft oder seine Ehe vor dem öden Alltag rettet. Mit diesen Themen kann ich mir glücklicherweise noch ein paar Jahre Zeit lassen. Aber durch den aktuellen Trend der Selbstoptimierung und Achtsamkeit kam ich gar nicht daran vorbei, einmal zu überlegen: Was könnte ich ein bisschen besser machen? Instagram zum Beispiel versorgt mich täglich mit einer großen Dosis Inspiration zu allen Lebensbereichen. Ob Selbstliebe, Nachhaltigkeit oder Life-Coaching, jeden Tag werde ich mit der Frage konfrontiert: Wer bin ich und wer will ich sein?

Mich selbst kennenlernen

Diverse Wehwehchen in den vergangenen Monaten gaben mir einen Anstoß, mich damit zu beschäftigen, was Gesundheit eigentlich ausmacht, und mehr darüber zu erfahren, was in meinem Körper vorgeht. Also fing ich an zu lesen. Mir fiel ein Buch über den Darm in die Hände, das schon lange Zeit in meinem Bücherregal seine Zeit absaß – meine neue Bibel, was Erkenntnisse über mein Innenleben angeht. Einmal angefangen, wuchs die Wissbegierigkeit von Seite zu Seite und ich wollte immer mehr Informationen sammeln, verstehen und lernen. Auf einem Streifzug durch den städtischen Buchladen deckte ich mich mit Lektüre über natürliche Ernährung und Bewegung anhand der evolutionären Prinzipien unseres Steinzeitkörpers ein, las darüber, was es eigentlich mit dem Schlaf auf sich hat und lernte, welch spannende Funktionen und Geheimnisse unser größtes Organ – die Haut, birgt. Ich sehe mir nun Dokumentationen über Ozeane voller Plastik an, erkunde Unverpackt-Läden und nerve mein Umfeld regelmäßig mit den neuesten Erkenntnissen über gesunde Nährstoffe und plastikfreie Kosmetik. Damit bin ich sicherlich nicht die erste und vielleicht ist Zerowaste auch einfach gerade Trend. Die Frage ist: Bin ich so?

Neben den (humoristisch-)wissenschaftlichen Abhandlungen über Körper und Umwelt widme ich mich auch der mentalen Komponente – manch einer würde das vermutlich als Esoterik-Fimmel betiteln. Ich höre Podcasts über Entdeckungsreisen auf dem Weg zur Selbstverwirklichung. Bücher über den minimalistischen Lebensstil und Romane über die Existenz unseres Universums zieren meinen Nachttisch. Ich habe in Erfahrung gebracht, wie man seinen Kleiderschrank so ausmistet, dass man damit sein ganzes Leben aufräumen kann und mich in den Zusammenhang von Schicksal und Fügung eingelesen. Und was soll ich sagen? Ich bin begeistert. Aber: Will ich so sein?

Step by Step

Scheinbar beginnt man mit Mitte 20, in der Phase zwischen Kindsein und Kinderhaben (ganz nach Britney Spears’ Not a girl, not yet a woman), darüber zu reflektieren, wie das eigene Leben bisher so verlaufen und welchen Wahrheiten man gefolgt ist. Natürlicherweise macht man die meisten Dinge einfach so, wie man sie immer schon von Eltern, Lehrern und Dozenten gelernt hat. Aber Jahr für Jahr wird der eigene Weg immer individueller und man beginnt zu hinterfragen, welchen neuen Ideen man sich öffnen und welche Gedanken man in sein Leben aufnehmen könnte. Ein paar medizinische Ratschläge, wissenschaftliche Erkenntnisse und Anregungen von Coaches und Lifestyle-Bloggern später bin ich überzeugt, dass ein bisschen frischer Wind in der Bude des Lebens nicht schaden kann.

Meine wichtigste Erkenntnis bei all der Lektüre: Man kann niemals alles richtig machen, schon gar nicht alles auf einmal ändern und umkrempeln. Das muss auch gar nicht sein, denn bisher habe ich ganz zufrieden gelebt. Aber Inspiration und Anregungen mitnehmen und für mich selbst überprüfen, was davon in meinem Leben funktioniert, ist ein Anfang. Ich habe nicht vor, zum meditierenden Öko-Hippie zu mutieren, aber das Besser-leben-Fieber hat mich gepackt.