Die Zukunft der Menschheit liegt in der Robotik. Schon jetzt nehmen uns computergesteuerte Maschinen Arbeit ab und intelligente Systeme erleichtern den Alltag. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen: Markus Appel, Professor für Medienpsychologie am Campus Landau, untersucht, wie Menschen Roboter wahrnehmen und ob sie humanoide Roboter als helfende Hand akzeptieren oder ablehnen.
Die Serie
Was gibt es Neues in der Wissenschaft? Wir stellen Personen und Projekte vor, die im Dienst der Universität Koblenz-Landau die Forschung voranbringen.
Obwohl sie aus Plastik, Metall und Drähten zusammengebaute Maschinen sind, sind sie offenbar clever und können Dinge, die Menschen auch tun. Sie führen mechanische Bewegungen aus und erledigen kleine Aufgaben. Kannte man Roboter einst nur aus Film und Fernsehen, sollen sie in naher Zukunft Teil unseres Alltags werden, zum Beispiel als Haushaltsassistenten oder in Krankenhäusern und im Pflegebereich. Für uns Menschen ist die künstliche Intelligenz der Roboter faszinierend und unheimlich zugleich: “Wir begeistern uns für Außergewöhnliches und für Dinge jenseits des Menschseins. Wir mögen Horrorfilme, Krimis und im Allgemeinen Dinge, die außerhalb des alltäglichen Lebens geschehen. Zombies und andere Halbwesen üben eine gruselige Faszination auf uns aus”, erklärt der Landauer Medienpsychologe Prof. Dr. Markus Appel. Grund dafür ist, dass uns diese Kreaturen einerseits ähneln, sich andererseits aber so ganz anders verhalten als wir. Auch Roboter sind Wesen, die zum Teil Eigenschaften mit dem Menschen gemeinsam haben. Mit dem Gefühl der Unheimlichkeit zwischen Menschsein und Nicht-Menschsein beschäftigt sich Appel gemeinsam mit einem Forscherteam am Ars Electronica Futurelab in Linz, Österreich.
Die Forscher wollen herauszufinden, welche Faktoren Einfluss auf die Einstellung der Nutzer gegenüber Service-Robotern haben und daraus Erkenntnisse ableiten, wie zukunftsfähig der Einsatz von Robotern in Alltagssituationen ist. Zwar nehmen die Roboter den Fachkräften im Pflegebereich Arbeit ab, ihr Einsatz wird jedoch problematisch, wenn die Patienten Angst vor einer künstlich geschaffenen Menschenfigur haben.
Psychologisches Phänomen: Uncanny Valley
Appel erläutert, woher diese Angst kommt: “Wir Menschen denken in Schubladen, was uns das Leben in einigen Situationen stark erleichtert. Dieses Schema-Denken ermöglicht uns die Kategorisierung von Dingen. Eine für uns besonders elementare Unterscheidung liegt in den Kategorien Mensch oder Nicht-Mensch.” Künstliche Wesen sind jedoch nicht so leicht kategorisierbar, da sie nur teilweise menschliche Züge aufweisen. In populären Zeichentrickfilmen sind die Figuren so stilisiert dargestellt, dass Menschen sie eindeutig als nicht-menschlich auffassen. Hätte eine Zeichentrickfigur sehr menschenähnliche Augen, würde uns das irritieren und ein Gefühl von Unheimlichkeit auslösen.
Ob eine Figur vom Zuschauer akzeptiert wird, hängt davon ab, wie menschenähnlich sie gestaltet ist. Allerdings ist dieser Zusammenhang mutmaßlich kurvenförmig: Je menschenähnlicher abstrakter die Figur, desto höher ist die Akzeptanz – bis zu einem Punkt hoher aber nicht perfekter Übereinstimmung, an dem sich der Zusammenhang umkehrt: Je menschenähnlicher, desto unheimlicher. Erst bei einer fast perfekten Menschenähnlichkeit wird der Zusammenhang wieder positiv. Dieses Phänomen wird in der Hypothese des “Uncanny Valley” (Unheimliches Tal) beschrieben, die auf den japanischen Robotik-Forscher Masahiro Mori zurückgeht. Die medienpsychologische Erklärung dahinter ist die einer mehr oder weniger gut gelingenden Kategorisierung – Dinge an den Rändern des Menschseins sind unheimlich.
Das Forschungsprojekt
Da es sich bei dem Einsatz von Service-Robotern im Alltag um eine praxisrelevante Frage handelt, wollen die Forscher herausfinden, unter welchen Umständen uns Roboter menschlich oder nicht-menschlich vorkommen und für wen sie besonders unheimlich erscheinen. Das Forscherteam untersucht unter anderem die Wirkung des optischen Eindrucks und der physischen Gestalt des im Forschungsprojekt eingesetzten Roboters “Roboy”. Dazu wurde im Ars Electronica Futurelab eine interaktive Szene zwischen dem Roboter und einem Schauspieler aufgenommen.
Diese wurde den Versuchspersonen live oder als Filmausschnitt in 2D, 3D oder durch eine Virtual-Reality-Brille gezeigt. Die Probanden wurden im Anschluss gebeten zu beschreiben, ob der Roboter nach eigener Einschätzung Aspekte des Menschseins aufweist, welche Emotionen der Roboter auslöst, und ob sie eine solche Technologie in Zukunft selbst nutzen würden.
Das BMBF-Projekt läuft noch bis Juli 2017. Weitere Studien zielen darauf ab zu untersuchen, was über die optische Gestaltung hinaus für die Teilnehmer das Menschliche ausmacht, und welche Funktionen und Tätigkeiten auch in Zukunft besser uns Menschen vorbehalten sein sollten.
Nina Seel