Kolumne

Date mit dem inneren Schweinehund

Heute schreibt Campus-Reporterin Nina Seel. Illustration: Designstudio Mathilda Mutant

Heute schreibt Campus-Reporterin Nina Seel. Illustration: Designstudio Mathilda Mutant

In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Heute erzählt Nina Seel von ihrem neuen Hobby, von dem sie nie geglaubt hätte, dass es jemals eins werden würde. 

Status Juli: Null Kondition

Joggen gehen ist blöd. Leute, die einfach mal so eine Runde laufen gehen, sind total nervig. So jedenfalls meine Auffassung bis zu diesem Sommer. Woher nehmen die bitte aus dem Nichts diese Kondition? Und noch dazu diese Begeisterung für eine völlig anstrengende Sache? Gefühlt war ich der einzige Mensch, für den es ein großes Rätsel war, wie Menschen es schaffen, einfach so drauf los zu laufen. Ich fragte mich ernsthaft: Wie geht das? Und wollte es herausfinden. Seit Beginn meines Studiums habe ich mich jedoch in eine Couchpotatoe verwandelt. Ich habe zwar kein Auto, fahre Fahrrad und bin zu Fuß in der Stadt unterwegs. Aber Landau ist klein und als Sport würde ich das nicht bezeichnen. Fitnessstudios habe ich hinter mir gelassen und im kalten Winter zum Unisport… Meine Kondition ging also gegen Null.

Status August: Das schaffst du sowieso nicht

Jeder ehemalige Schüler erinnert sich vermutlich an den großartigen Schulsport und Prüfungen wie den 30-Minuten-Lauf, den Cooper-Test oder ähnliches. Diese Runden auf dem Sportplatz waren für mich der blanke Horror. Immer irgendwo ganz hinten, schon mehrmals überrundet, Seitenstechen, metallisches Brennen in der Lunge. Wie soll man unter diesen Umständen jemals auf die Idee kommen, Joggen könnte Spaß machen? Gewissermaßen habe ich mich selbst konditioniert und in meinem Kopf die Verknüpfung Laufen = Kann ich sowieso nicht hergestellt. Aussagen wie “Dein Körper ist zum Laufen nicht gebaut” bestätigten meine Sicht der Dinge. Zähneknirschend war ich überzeugt, dass ich niemals so sein werde, wie die vielen fitten Insta-Girls mit ihrem Healthy Lifestyle und dem “tollen Morning Run”. Das schaffe ich nicht.

Status September: Hallo Mr. Schweinehund

Wie oft hatte ich schon den ganz konkreten Plan, endlich einfach los zu laufen. Aber immer wieder wurde dank Mr. Schweinehund nichts daraus. Und plötzlich fiel mir in den Semesterferien bei 30 Grad im Schatten ein, ich könnte ja einfach mal ausprobieren, ob ich es nicht doch schaffen kann. Glücklicherweise fand ich treue Mitstreiter, die den Einsteigerplan für blutige Anfänger mit mir durchzogen. Andernfalls hätte sicherlich wieder der Schweinehund gewonnen. Wir begannen mit einer Minute laufen, einer Minute gehen, immer im Wechsel. Und so steigerten wir uns von Mal zu Mal ein kleines bisschen. Man glaubt es kaum, aber es hat funkioniert. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und mein Herz-Kreislauf-System ermöglichte mir nach vier Wochen zum ersten Mal 20 Minuten am Stück zu laufen. Klingt wenig? Ist viel! Inzwischen schaffe ich 4 Kilometer in 26 Minuten. Das war ein großes Stück Arbeit und ich bin sehr stolz darauf.

Status Oktober: Laufen macht Spaß

Ich habe nie verstanden, was Laufen macht den Kopf frei bedeuten soll. Nach einer Runde bin ich nicht entspannt, sondern geschwitzt und ausgepowert. Ich konzentriere mich währenddessen auf das Atmen oder auf die Musik in meinen Ohren. Dabei bin ich so mit mir selbst beschäftigt, dass ich wenig Zeit habe, über Gott und die Welt zu grübeln. Niemals hätte ich für möglich gehalten, dass ich das einmal sagen würde: Es macht mir sogar Spaß! Es fühlt sich toll an, durchzuhalten. Und wenn ich nicht mehr kann, dann gehe ich eben ein Stück. Mein Fazit nach drei Monaten: Weniger Kopf- und Rückenschmerzen und frische Luft um die Nase sind nette Nebeneffekte. Wenn man es so langsam angeht wie ich, dann ist Sport kein Mord. Und es ist so einfach: Schuhe an, raus aus der Tür und los geht’s. Ohne Tasche packen und lange Fahrt zum Fitnessstudio. Allen, die ebenfalls glauben, ihr Körper sei nicht zum Joggen geeignet, möchte ich verraten: Auch Couchpotatoes schaffen das. Versuchen Sie Ihr Glück – der Schweinehund ist in Wahrheit ganz handzahm.