Club-Urlaub und „all inclusive“ sind in der Tourismusbranche schon längst Schnee von gestern. Marie-Janet Calzone, Studentin der Kulturwissenschaft in Koblenz, hat mit Familie und Freunden Amavido gegründet. Das Reiseportal vermittelt nachhaltigen Tourismus in unentdeckten Dörfern Italiens.
Wer über Amavido nach Piemont oder in die Toscana reist, der kommt nicht als Tourist, sondern als Gast, davon ist Marie-Janet Calzone überzeugt. „Mit unserem Reiseportal wollen wir weg vom herkömmlichen Erlebnis- und Massentourismus in Italien und Urlaubern die authentische Lebenswelt und den Alltag in der jeweiligen Urlaubsregion nahe bringen“, erzählt die Gründerin des Portals. So sollen Reisende beispielsweise die kulinarischen Gepflogenheiten und die Ursprünglichkeit des Dorflebens innerhalb einer lokalen Community kennen lernen können. Für die Menschen in Italien biete dies im Gegenzug die Möglichkeit, sich wirtschaftlich unabhängiger zu machen. “In Italien grassiert, wie in vielen dörflichen Regionen Europas, eine starke Landflucht. Unser Ansatz wirkt dem entgegen, indem wir die Ressourcen der Dorfgemeinden bündeln und ein Netzwerk bilden”, erläutert Calzone die Geschäftsidee.
In unseren Gründungsgeschichten stellen wir Menschen vor, die im oder nach dem Studium den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt haben.
Die Idee für das neuartige Tourismuskonzept kam der der Halb-Italienerin, als sie und ihre Familie vor drei Jahren ein altes Haus in Kalabrien erbten und beschlossen, es wieder herzurichten. „Das war für uns die Initialzündung, um auch mit den Menschen vor Ort in Kontakt zu treten“, erinnert sie sich. Seitdem hat sie gemeinsam mit ihrem Bruder und zwei Freunden von Cologne in Brescia bis nach Caria in Kalabrien ein Netzwerk ortsansässiger Privatvermieter und familiengeführter Herbergsbetrieben aufgebaut. Derzeit kooperiert Amavido mit etwa 50 Gastgebern in ganz Italien und bietet in den Dörfern Unterkünfte in drei Preiskategorien von 25 Euro bis 150 Euro pro Nacht an.
Erfolg dank Crowdfunding-Kampagne
Dank einer Startnext-Kampagne konnten der Aufbau der Website und das Marketing finanziert werden, immer mehr Menschen werden auf Amavido aufmerskam, freut sich die Kuwi-Studentin. „Wir konnten insgesamt 15.000 Euro einwerben. Davon haben wir Reisen zu unseren Gastgebern unternommen, um uns ein Bild vor Ort machen zu können und ein vertrauensvolles Verhältnis zu unseren Partnern aufzubauen. Außerdem füllen wir seitdem unseren Blog mit Content über unsere Gastgeber.“
Vor allem drei Zielgruppen finden laut Calzone immer mehr Gefallen an ihrem Konzept: Familien mit Interesse an einer kinderfreundlichen Umgebung, ältere Touristen ab 50+, die Italien einmal von einer anderen Seite kennen lernen möchten sowie junge Leute, die ihre Italienisch-Kenntnisse durch den Kontakt zu den Gastgebern auffrischen wollen. “Allerdings muss man für Reisen mit Amavido nicht unbedingt Italienisch beherrschen”, betont Calzone. – Die Sprachkenntnisse der jeweiligen Gastgeber sind auf der Webseite von Amavido nachzulesen.
Künftig möchten die Macher des Reiseportals auch die Vernetzung zwischen den Dörfern und Regionen stärken, indem sie in Kooperation mit einer gemeinnützigen Organisation die Wanderwege in der Umgebung per GPS aufzeichnen und den Gästen als Open Source zugänglich machen. “Wandern gehört zu den beliebten Freizeitaktivitäten im Urlaub, allerdings kennen auch immer weniger Einheimische die Pfade in ihrer Heimat. Durch das Tracking der Wanderwege kann man auch diese Ressource vor dem Verschwinden bewahren.”
Sandra Erber