Ein normales Studentenleben führt Abgar Schachnasarjan nicht. Sein Zeitplan ist straff, denn er trainiert jeden Tag. Zwischen Sport und Uni bleibt wenig Zeit für Freunde und Feiern. Doch das nimmt der Lehramtsstudent gerne in Kauf, denn er verfolgt ein Ziel: Er möchte Weltmeister im Karate werden.
2005 fing alles an: Der damals elfjährige Abgar Schachnasarjan belegt seinen ersten Karate-Kurs und entdeckt, dass eine Leidenschaft für den Kampfsport in ihm schlummert. Der Wechsel in einen Leistungssportverein folgte prompt, seine erste Medaille gewann er 2009 bei der Deutschen Meisterschaft in seiner Gewichts- und Altersklasse. “Karate war für mich von Anfang an die Sportart, die ich weiterverfolgen und in der ich richtig gut werden wollte”, erinnert sich der heute 23-Jährige.
Viel Training für den Hochleistungssport
Doch der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Seit drei Jahren trainiert der Koblenzer täglich: „Mein Tag startet morgens um sechs mit Krafttraining, dann fahre ich zu meinen Seminaren nach Koblenz an die Uni, nachmittags kurz ausruhen und dann jeden Abend Karate-Training. Am Wochenende stehen Kader-Lehrgänge und Regeneration auf dem Programm“, erkärt er. Wenn sich der Sportler auf einen speziellen Wettkampf vorbereitet, kommt zusätzlich noch Mentaltraining hinzu, denn Karate beinhaltet auch die Beherrschung des Geistes. Dann spricht Schachnasarjan ausgiebig mit seinem Trainer und erörtert persönliche Fragen: “Man muss im Kopf klar und fokussiert sein. Nur wenn ich meinen Problemen auf den Grund gehe, kann ich sie lösen und die gewünschte Leistung erbringen,” verdeutlicht der zielstrebige Student.
Im Alltag schätzt sich Schachnasarjan als sehr friedliebend und eher unauffällig ein. Doch wenn er die Kampffläche betritt, packt ihn der Ehrgeiz: “Dann zählen Ansehen, Erfolg und Ruhm. Eben die Reize, die die asiatische Kampfkunst mit sich bringt.” Sein Talent und sein hartes Training demonstriert er regelmäßig bei internationalen Turnieren. Durch ganz Europa reist Schachnasarjan, zum Beispiel Mitte Juni in die Slowakei zum Europacup. Sein großes Ziel ist jedoch die Weltmeisterschaft: “Auf dieses Ziel arbeite ich Schritt für Schritt hin.”
In Portugal wartet die Hochschulweltmeisterschaft
Ein Schritt auf dem Weg dorthin ist die Karate-Hochschulweltmeisterschaft, die im August in der nordportugiesischen Stadt Braga stattfindet. Ein studentisches Team, bestehend aus den Besten des Landes, wird dort antreten. “Qualifiziert haben wir uns über eine Platzierung bei den diesjährigen Deutschen Hochschulmeisterschaften”, berichtet Schachnasarjan. Ausgetragen wird die Meisterschaft nach dem System des ‘Point Fighting’: In sechs Runden zu je drei Minuten werden Punkte gezählt. Ein Faustschlag oder ein Kick gibt einen oder mehr Punkte, entsprechend der getroffenen Körperstelle. Schachnasarjan verdeutlicht den Unterschied zwischen traditionellen und modernen Strömungen im Karate: “Karate ist heute mehr und mehr ein Wettkampf auf einer abgesteckten Kampffläche. So wie ich ihn ausübe, hat er weniger mit den alten asiatischen Traditionen zu tun, sondern ist vielmehr ein reiner Leistungssport.”
Abseits des Kampfes
Obwohl sich Schachnasarjan ein hohes Ziel gesetzt und viele Dinge dafür hintenangestellt hat, will er irgendwann einen “normalen” Beruf ausüben. Deshalb studiert er Sport und Bautechnik für Berufsbildende Schulen. Nebenher arbeitet er als Nachhilfelehrer. Dass er täglich Sport treibt und dadurch wenig bis keinen Platz für Hobbys und Freunde hat, bedauert er kaum: “Ich habe mein Training und ein Ziel vor Augen, das ist das Wichtigste.” Zusammen mit seinem Bruder, der ihn als Personal Trainer begleitet, arbeitet er weiter ehrgeizig an seinem Plan: Weltmeister im Karate werden.
Hannah Wagner