Während eines Praktikums in der Flüchtlingshilfe hatte Pädagogikstudenin Dilara Karadag den Eindruck, dass unterschiedliche Flüchtlingsgruppen während des Asylverfahrens unterschiedlich behandelt werden. In ihrer Bachelorarbeit untersuchte sie, ob ihre Annahme wissenschaftlich belegbar ist.
Wer sind Sie und was studieren Sie?
Mein Name ist Dilara Karadag. Ich bin 24 Jahre alt und habe den Bachelor Pädagogik am Campus Koblenz studiert.
Was ist das Thema Ihrer Abschlussarbeit?
Wie organisiert man die letzte Phase des Studiums? In unserer Serie berichten Studierende von ihren Abschlussarbeiten.
Meine Bachelorarbeit setzt sich mit dem Thema der Integration von Flüchtlingen auseinander. Ein besonderes Augenmerk habe ich darauf gelegt, ob und welche Gruppierungen von Flüchtlingen benachteiligt werden. Ich wollte schauen, ob in der Zeit während des Asylverfahrens Unterschiede zwischen Flüchtlingen aus verschiedenen Herkunftsländern gemacht werden und ob die Angebote für alle gleich sind. Unter Angeboten fallen unter anderem Sprachkurse oder die Erlaubnis zu arbeiten.
Wie kamen Sie auf dieses Thema?
Ich habe vorher ein Praktikum beim Jugendmigrationsdienst in Köln absolviert. Dort waren gefühlt 99 Prozent der Klienten Flüchtlinge. Bei meinen Beobachtungen nahm ich deutliche Unterschiede wahr, was mir auch von Kollegen bestätigt wurde. Daraufhin wollte ich das genauer untersuchen. Ein zweiter Aspekt waren die Ereignisse rund um die Silvesternacht 2015. Ich war selbst dort und fand, dass die Medien danach spezielle Flüchtlingsgruppen pauschal schlecht redeten.
Was sind Ihre Ergebnisse?
2016, als ich auf Themensuche für meine Bachelorarbeit war, kamen viele Flüchtlinge nach Deutschland. Das Thema war sehr aktuell. Die Daten der Arbeiten habe ich über Interviews generiert. Dazu stellte ich Anfragen bei verschiedenen Institutionen, um Sozialarbeiter und Ehrenamtliche zu befragen. Ich wollte herausfinden, ob mein subjektives Empfinden, dass bestimmte Gruppen benachteiligt werden, auch von anderen so wahrgenommen wird. Insgesamt führte ich acht Interviews durch.
Sieben von acht Befragten haben deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie das Gefühl haben, dass bestimmte Flüchtlingsgruppen benachteiligt werden. Teilweise lassen sich diese Gefühle auch mit Fakten und Begebenheiten belegen. So dürfen die meisten Syrer während des Asylverfahrens schon in vorbereitende Integrationskurse. Afghanen und Iraker dürfen diese erst nach dem Verfahren wahrnehmen. Zudem werden circa 90 Prozent der Syrer anerkannt. Iraner und Afghanen höchstens zu 50 Prozent. Diese Daten habe ich vom Bundesamt für Migration. Manche Gruppen bekommen keine Anerkennung, stehen aber auch unter dem Abschiebeverbot. Das macht das ganze Verfahren für manche Flüchtlingsgruppen langwierig.
Welche Tipps geben Sie Studierenden, die auf der Suche nach einem passenden Thema sind?
Für mich persönlich war ein aktueller Bezug wichtig, aber auch das persönliche Interesse. Kontakte in dem Feld, in dem man forschen will, erleichtern oftmals den Zugang dazu. Durch Praktika kannte ich schon manche Organisationen. Das hat es einfacher gemacht, Interviewpartner zu akquirieren.
Nach welchen Kriterien haben Sie den Betreuer Ihrer Abschlussarbeit ausgesucht?
Mein wichtigstes Kriterium war, dass sich mein Betreuer mit dem Thema Migration auskennt.
In der Bibliothek, im Café oder zu Hause: Wo schreiben Sie am liebsten?
Zu Hause. Ich mag die Atmosphäre in meiner Wohnung. Hier kann ich es mir richtig gemütlich machen und fühle mich wohl. In der Bibliothek habe ich manchmal das Gefühl, dass all die Bücher mich ersticken wollen und mir sagen, was ich noch zu tun habe.
Wie organisieren Sie Ihren Arbeitsablauf?
Zunächst stelle ich mir eine Literaturliste zusammen. Im Anschluss lese ich diese Bücher quer und schaue, welche Kapitel hilfreich sind. Diese lese ich dann genauer. Die wichtigsten Stichpunkte schreibe ich mir in Zitatform heraus und paraphrasiere sie. Die Quellenangabe notiere ich mir ebenfalls, damit ich, wenn ich im letzten Schritt ans Schreiben gehe, direkt weiß, woher ich meine Informationen habe. Außerdem schreibe ich mir unter jedes Kapitel der Arbeit die wichtigsten Aspekte in Stichpunkten, damit ich vorbereitet schreiben kann und nichts vergesse.
Was unternehmen Sie zum Ausgleich zur wissenschaftlichen Arbeit?
Manchmal fühlte es sich gut an, wenn ich mich einfach nur für eine Weile auf das Sofa gesetzt und durch das Fernsehprogramm gezappt habe. Außerdem war zu der Zeit, als ich in der heißen Phase war, meine Familie aus der Türkei zu Besuch. Ich habe viel Zeit mit meinen kleinen Nichten verbracht, um auch mal an etwas anderes denken zu können als an das Abgabedatum.
Schreibblockaden, Krisen, Selbstzweifel: Kennen Sie das? Was machen Sie in solchen Momenten?
Ich habe in solchen Momenten aufgehört zu schreiben. Nach ein oder zwei Stunden Schreibpause ging es weiter. In der Zeit dazwischen habe ich Kraft getankt und versucht, den Kopf freizubekommen und mich im Anschluss wieder gut konzentrieren zu können.
Was sind Ihre Pläne für die Zeit nach dem Abschluss? Wissen Sie schon, was Sie beruflich machen möchten?
Ich habe zurzeit eine Teilzeitstelle als Asylbetreuerin. Dort bin ich im Bereich der Psychosozialen Betreuung tätig.
Interview: Esther Guretzke