Professorin Dr. Susan Williams liebt die Arbeit in ihrem außergewöhnlichen Fachgebiet, der Sozialinformatik. Die gebürtige Britin und australische Staatsbürgerin schätzt die enge Zusammenarbeit mit den Studierenden und den Austausch mit Kollegen am Campus Koblenz sehr. Im Uniblog berichtet Sie, warum neue Technologien und deren Aneignung im Mittelpunkt ihrer Forschung stehen.
Die Serie: Sie prägen unsere Erinnerungen an das Studium, inspirieren uns für das Berufsleben und sorgen für so manche Anekdote unter Studierenden: unsere Profs. Im Uniblog stellen sich die Professoren der Universität Koblenz-Landau den Fragen der Campus-Reporter, geben Einblick in ihren Forschungs- und Lehralltag und verraten, wie sie selbst als Student waren.
Der Professorenberuf ist mit einigen Klischees behaftet: Lange über Büchern brüten, Zerstreutheit, Einsiedlertum, chaotische Tafelbilder… Trifft davon etwas auf Sie zu?
Vermutlich trifft davon einiges auch auf mich zu. Professorin zu sein bedeutet, viel nachzudenken, sich mit Literatur und neuen Ideen und Entwicklungen auseinanderzusetzen sowie neue Ideen zu entwickeln. Für mich zeichnet sich der Beruf insbesondere durch den Austausch und die Zusammenarbeit mit Studierenden, Kollegen und Industriepartnern weltweit aus. Gerade dies macht meinen Beruf so spannend und vielseitig.
Wie waren Sie als Studentin?
Ich war sehr auf mein Studium fokussiert und begeisterte mich für das studentische Leben. An Lerngruppen nahm ich gerne teil und beteiligte mich als aktives Mitglied in verschiedenen studentischen Verbänden und Vereinen, zum Beispiel in Umweltverbänden und Sportvereinen.
Was meinen Sie: Hat sich das heutige Studentenleben im Vergleich zu Ihrer Studienzeit verändert?
Ich denke, es hat sich einiges geändert, sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht. Mithilfe des Internets fällt der Zugang zu Informationen weitaus leichter als zu meiner Zeit, in der das Sammeln von großen Informationsmengen deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen hat. Andererseits macht der Überschuss an Informationen, die zeitgleich abrufbar sind, die Arbeit auch schwieriger. Außerdem habe ich das Gefühl, dass Studierende mittlerweile unbedingt Nebenjobs brauchen, um ihr Studium finanzieren zu können. Für das akademische Leben an der Universität bleibt dann nur noch wenig Zeit. Wir konnten uns früher noch in kleinen Gruppen mit unseren Professoren im Café treffen, um uns intellektuell auszutauschen. Das vermisse ich heute.
Wann haben Sie gemerkt, dass der Weg in die Wissenschaften das Richtige für Sie ist? Gab es Alternativen zur Professorenlaufbahn für Sie?
Im Grunde während meines Masterstudiums. Hier habe ich mein Interesse an der Forschung im Bereich der Informatik entdeckt. Danach war mir klar, dass nur die akademische Laufbahn für mich infrage kommt. Alternativ hätte ich bestimmt auch in der Wirtschaft, zum Beispiel in der Software-Entwicklung in einem großen Unternehmen, arbeiten können, aber darüber mache ich mir keine Gedanken.
Was begeistert Sie an Ihrem Fachgebiet?
Ich fasziniere mich für Technik und dafür, wie sie die Welt verändert. In meiner Forschung untersuche ich den soziotechnischen Wandel, der mit der Einführung und Nutzung neuer Technologien im Unternehmenskontext und der Gestaltung des digitalen Arbeitsplatzes einhergeht. Spannend für mich ist die Art und Weise, wie neue Technologien unseren (Arbeits-)Alltag prägen und wie wir sie uns über die Zeit zu eigen machen. Hierfür arbeite ich interdisziplinär mit anderen Fachgebieten wie der Soziologie, dem Ingenieurwesen und der Betriebswirtschaftslehre zusammen. Ein weiterer Aspekt, den ich an meinem Gebiet schätze, ist die Verantwortung, die damit einhergeht. Technologische Innovationen gehen mit beabsichtigten und unbeabsichtigten Konsequenzen einher. Zu meinen Aufgaben gehört es, diese Konsequenzen zu erforschen und untersuchen.
Was gefällt Ihnen an der Arbeit an der Universität?
Es gefällt mir, dass ich die Möglichkeit habe, eigene Projekte in die Tat umzusetzen. Das Lehren und die enge Zusammenarbeit mit den Studierenden ist mir außerdem wichtig.
Sie lehren als Gastprofessorin an der University of Technology in Sydney. Existieren Unterschiede im Vergleich zu den Studierenden in Koblenz?
Koblenz beherbergt eine deutlich kleinere Studierendenschaft als ich es gewohnt bin. Das würde ich aber als einen Vorteil ansehen: Jeder Studierende bekommt so die Chance, aktiv am Studium teilzunehmen. Hier in Koblenz kann ich mit Studierenden an Projekt- und Forschungspraktika arbeiten und sie dadurch kennenlernen. In Australien war es mir bislang nicht möglich, mit Studierenden in kleinen Gruppen intensiv zusammenzuarbeiten.
Welches Buch oder Paper liegt gerade ganz oben auf Ihrem Schreibtisch?
So viel. Momentan lese ich On the existence of digital objects von Yuk-Hui. Es ist sehr philosophisch und handelt von der Natur digitaler Artefakte. Privat bevorzuge ich Kriminalromane auf meinem Kindle.
Gab es ein Ereignis oder eine Person, das oder die Ihren akademischen Werdegang geprägt hat?
Da wäre die Arbeit von Wiebe Bijker und John Law zu nennen, die mich und meine eigenen Studien seit fast 30 Jahren beeinflusst. Während meiner ersten Anstellung an der Universität in Sheffield waren für mich die Professoren Tom Wilson, Peter Willett und Mike Lynch exzellente Vorbilder. Im Laufe meiner akademischen Laufbahn habe ich mit unterschiedlichen Kollegen zusammengearbeitet, von denen ich viel gelernt habe und mit denen ich den intellektuellen Austausch sehr genossen habe.
Welche Dinge mögen Sie fernab des wissenschaftlichen Alltags? Was unternehmen Sie als Ausgleich zur Denkarbeit an der Uni?
Ich begeistere mich für Architektur, Fotografie und Fahrradfahren. Mein perfekter Tag würde demnach so aussehen, dass ich mit meinem Rad durch eine Stadt fahre, um dort Fotos von Ansichten und dem Straßenleben zu machen.
Aus dem Englischen übersetzt von René Lang.
Professorin Dr. Susan Williams hat einen Bachelorabschluss in Urban & Environmental Geography (University of Sheffield, UK), einen Masterabschluss in Informatics (Sheffield Hallam University, UK) und schloss 1992 ihre Promotion an der Leeds Metropolitan University ab. Seit 2013 lehrt Sie als Professorin des Instituts für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik in Koblenz mit dem Schwerpunkt der Social Informatics. Zusätzlich ist Sie seit 2006 Gastprofessorin im Centre for Human Centred Technology Design an der University of Technology in Sydney.