Immer noch gehen jeden Montag tausende Pegida-Anhänger in Dresden auf die Straße, um unter anderem gegen eine vermeintliche Islamisierung des Abendlands zu demonstrieren. Dabei richtet sich die Wut der Demonstranten nicht nur gegen eine ihrer Meinung nach verfehlte Migrationspolitik, sondern auch gegen die Politik allgemein und die Medien, die sie als “Lügenpresse” beschimpfen. Ob es ein allgemeines Misstrauen gegenüber der deutschen Presse gibt und dies Pegida in die Karten spielt, haben wir Dr. Melanie Leidecker gefragt, die am Institut für Kommunikationspsychologie und Medienpädagogik der Universität Koblenz-Landau in Landau forscht.
Leidet die deutsche Presse an einem Vertrauensverlust?
Das kann man nicht verallgemeinern. Dass die Deutschen gar kein Vertrauen mehr in die Medien haben, kann man so nicht sagen. Aber Vertrauen ist nichts Stabiles, sondern etwas, was sich immer wieder bewähren muss. Gerade in Konflikt- und Krisenzeiten wird das Vertrauen in die Medien einer harten Bewährungsprobe unterzogen. Laut einer Allensbach-Umfrage aus dem Jahr 2013 vertrauen die Deutschen insbesondere der gedruckten Tagespresse. 88 Prozent glauben, dass man vor allem im Printjournalismus gut recherchierte Geschichten findet. Dicht darauf folgen die elektronischen Medien wie TV und Radio. Interessant ist aber, dass nur 32 Prozent der Deutschen den Onlinemedien vertrauen. Die neuen Medien, in denen jeder journalistisch tätig sein und Nachrichten veröffentlichen kann, sind nicht sehr vertrauenswürdig in den Augen der Deutschen. Das sind aber auch genau die Medien, die es den Leuten ermöglichen, andere Meinungen als in den klassischen Medien zu finden und das Vertrauen in diese Medien in Frage zu stellen.
Spielt mangelndes Vertrauen denn Pegida in die Hände?
Die Serie
Was gibt es Neues in der Wissenschaft? Wir stellen Personen und Projekte vor, die im Dienst der Universität Koblenz-Landau die Forschung voranbringen.
Meine persönliche Meinung ist, dass ein schwankendes Vertrauen gegenüber den Medien von Pegida instrumentalisiert wird. Sozialwissenschaftler sagen, dass ein Grund für das Entstehen solcher Bewegungen wie Pegida ein konservatives Umfeld sein kann. Der politische Konsens in Deutschland verschiebt sich nämlich eher nach links. Deshalb kann es sein, dass sich Konservative nicht mehr richtig gehört fühlen. Migrationsforscher sagen auch, dass es eine Folge des alten CDU-Leitbilds „Deutschland ist kein Einwanderungsland“ von 1983 sein kann. Es ist ja besonders bemerkenswert, dass Pegida gerade in Dresden hohe Wellen schlägt, wo nur 0,1 Prozent der Bevölkerung in Sachsen Muslime sind. Dort, wo man weniger Kontakt zu einer fremden Kultur oder Religion hat, ist man gegenüber dem “Fremden” wohl misstrauischer.
Wie wird der Islam in den Medien dargestellt?
Wenn es um den Islam in den Printmedien geht, zeigen Studien, dass rund 80 Prozent der Beiträge negativ konnotierte Themen behandeln. Dadurch kann natürlich auch eine verzerrte Wahrnehmung entstehen. Das gilt gerade bei Phänomenen, die uns kulturell eher “fremd” sind.
Tragen Medien dazu bei, den Islam den Menschen näher zu bringen?
Abgesehen von dem Negativismus-Bias gibt es auch Studien, die zeigen, dass die Medien über negative Aspekte, wie beispielsweise Konflikte, überwiegend sachlich und differenziert berichten. Hintergrundberichte werden publiziert und verschiedene Positionen werden dargelegt. Gerade bei den jüngsten Anschlägen in Frankreich kam auch der Zentralrat der Muslime in den deutschen Medien zu Wort. Da wurde auch oft darauf hingewiesen, dass sich die große Mehrheit der Muslime von dem Attentat distanziert hat.
Benedikt Schülter
Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) ist ein Verein, der seit Oktober 2014 in Dresden wöchentliche Demonstrationen gegen die seiner Meinung nach verfehlte Ausländerpolitik Europas organisiert. Ähnliche Demonstrationen finden mittlerweile in vielen deutschen Städten statt.