Uni-Menschen

Entwicklungshelferin aus Leidenschaft: Nachrichten aus Mali

Birgit Biehl ist Entwicklungshelferin aus Leidenschaft. Ihr Verein Gani-Dah e.V. unterstützt das gleichnamige Dorf in Mali, u.a. mit Brillenspenden aus Landau. Landauer Studierende können in Gani-Dah Praktika absolvieren. Foto: Birgit Biehl.

Birgit Biehl ist Entwicklungshelferin aus Leidenschaft. Ihr Verein Gani-Dah e.V. unterstützt das gleichnamige Dorf in Mali, u.a. mit Brillenspenden aus Landau. Landauer Studierende können in Ganih-Dah Praktika absolvieren. Foto: Birgit Biehl

Birgit Biehl ist pensionierte Lehrerin, Autorin und mit Leidenschaft Projektleiterin in der Entwicklungszusammenarbeit. Seit 2009 kooperiert die Universität Koblenz-Landau mit ihrem Verein Gani-Dah e.V., der dem gleichnamigen Dorf in Mali mit Geld, Know-how und tatkräftiger Unterstützung vor Ort unter die Arme greift.

Landauer Studentinnen haben in Gani-Dah in den beiden Schulen, in der Bibliothek und in der Gesundheitsstation Praktika absolviert, Optiker aus Landau und der Region unterstützen die Menschen vor Ort mit Brillen. Seit Monaten sind die Nachrichten aus Mali bedrückend: Krieg, Unruhen, zerstörerische Wut der islamistischen Rebellen, die 2012 wie etliche Kulturgüter ein zum UNESCO-Weltkulturerbe zählendes Mausoleum in Timbuktu zerstört haben. Im Februar reiste Birgit Biehl nach einem Jahr Pause in dieser gefährlichen Situation wieder nach Mali, um in Gani-Dah nach dem Rechten zu schauen und die Projekte wieder anzustoßen.

Das Schul- und Bibliotheksgelände in Gani-Dah. Links ist der Kindergarten im Bau. Foto: Birgit Biehl.

Das Schul- und Bibliotheksgelände in Gani-Dah. Links ist der Kindergarten im Bau. Fotos: Birgit Biehl

Die Not ist groß in dieser abgelegenen Region Malis. „Die Menschen waren viel zu lange auf sich allein gestellt“, bekräftigt Biehl. Viele hätten seit 2012 mit geschnürten Bündeln vor ihren Hütten gesessen, bereit, ins nahe gelegene Burkina Faso zu fliehen. Etliche sind bisher nicht zurückgekehrt, die Felder blieben vernachlässigt. Der Klimawandel, der sich auch in Gani-Dah deutlich bemerkbar macht, tut sein übriges: Die Regenzeit setzt viel später ein als noch vor zehn Jahren, die Regenfälle sind viel unregelmäßiger, dafür oft nur kurz und sehr heftig. Im Kriegsjahr 2012 war es besonders schlimm mit dem Wetter, die Ernte daher besonders mager. Die Folge: Die Preise für die Grundnahrungsmittel Hirse und Reis sind vervielfacht, die Menschen leben von Spenden. „Für mich als Weiße, die gekommen war, um mit der Fortführung der Projekte zu helfen, war es besonders bitter, selbst von Spenden der Welthungerhilfe essen zu müssen“, bedauert Biehl.

Militärisch gesehen herrscht jetzt weitgehend Ruhe in Mali, aber das Land lebt in großer

Unsicherheit, berichtet Birgit Biehl. Im Norden gebe es immer wieder Attentate. Der Direktor der Grundschule in Gani-Dah, Biehls zuverlässiger Gewährsmann für alle Projekte, hat seine Familie nahe Timbuktu. Während Biehls Aufenthalt berichten die Verwandten, dass Rebellen der Nationalen Bewegung zur Befreiung des Azawad, kurz MNLA, Fahrzeuge mit Händlern und Frauen überfallen und zerstört, einige Männer getötet und Tierherden lebend verbrannt haben. „Die Menschen in Gani-Dah haben Angst und sind jedem Fremden gegenüber misstrauisch“, erzählt Biehl. Mit gutem Grund: Nur 30 Kilometer entfernt hatten Banditen in Koro, der Grenzstadt zu Burkina Faso, die Basis der Hilfsorganisation World Vision ausgeraubt. Gendarmen marodieren in Uniform durch die Dörfer und nehmen den Bauern Geld ab, angeblich für zu zahlende Steuern.

Auf der Fahrt von Bamako nach Gani-Dah: ein Armee-Lager. Foto: Birgit Biehl.

Auf der Fahrt von Bamako nach Gani-Dah: ein Armee-Lager.

Doch die Menschen erzählen Biehl auch kleine Erfolgsgeschichten im Kampf gegen die Rebellen, die sie für einen Moment vergessen lassen, dass die Lösung der Probleme noch sehr lange dauern wird, dass die nationale Einheit noch keineswegs gesichert ist. Eine davon: Rebellen zwangen einen Bauern, sie unter dem Gras auf seinem Karren zu verstecken und in die Stadt zu bringen. Bei der üblichen Militärkontrolle vor der Stadt habe der Bauer heftig gezwinkert und mit dem Kopf Richtung Grasladung genickt, so dass die Rebellen festgenommen werden konnten.

Glücklich mit einer neuen Brille aus der Landauer Spende: Bewohnerin aus Gani-Dah. Foto: Birgit Biehl.

Glücklich mit einer neuen Brille aus der Landauer Spende: Bewohnerin aus Gani-Dah.

Biehl bringt Hoffnung – als erste Weiße, die sich nach zwei Jahren Unruhe nach Gani-Dah oder die Regionalhauptstadt Mopti traut: „Als ich in Mopti aus dem Bus stieg, fielen mir wildfremde Menschen in die Arme und riefen  “man kan tɛ” –”Es gibt nichts Besseres“.

Die Bewohner Gani-Dahs versicherten Biehl, mit ihr ginge nun das Leben weiter. Ihre Ankunft hat aufgerüttelt, aus der Lethargie gerissen, Hoffnung gegeben, Initiative ausgelöst. Und so konnte das Projektvorhaben für dieses Jahr, der Bau eines Vorschulkindergartens, angegangen und fertig gestellt werden. Er wird zum neuen Schuljahr Anfang Oktober eröffnet und in den kommenden Monaten dank Spendensammlungen mit Spielzeug und didaktischem Material ausgestattet werden.

Alle laufenden Projekte hat Biehl überprüft und vervollständigt: 49 Patenkinder werden jetzt gefördert, die Brillenstation ist fest installiert und durch die neuen Brillenspenden aufgefüllt, eine zweite Station im Gemeindeort eingerichtet, Solarkocher und Solarlampen sind ergänzt, die Bibliothek ist weiter aufgefüllt. Somit ist die Einrichtung eines kompletten Schulkomplexes mit Grundschule, Sekundarstufe I, Dorfbibliothek und Vorschulkindergarten vollendet und ein wichtiges Projektziel erreicht.

Die Freude in Gani-Dah ist groß, alle sind stolz auf gemeinsam Erreichtes, so Biehl. Doch blieben gravierende Probleme, insbesondere der akute Wassermangel in der Gegend. Die unruhige Lage, Angst und Misstrauen stellten ein großes Hemmnis für den Wiederaufbau der zusammengebrochenen Wirtschaft des Landes dar. „Doch nach einer langen Zeit der Unsicherheit und der Resignation sind die Einwohner von Gani-Dah durch den Erfolg der Arbeit in diesem Frühjahr aufgerüttelt und hoch motiviert, wieder eine Zukunft anzupacken“, freut sich Biehl: In 2015 wird ein Wasserwerk über dem von Biehls Verein eingerichteten Tiefbrunnen errichtet .

Am neuen Kindergarten in Gani-Dah wird eifrig gebaut. Bald werden dort die Kinder einziehen können. Foto: Birgit Biehl.

Am neuen Kindergarten in Gani-Dah wird eifrig gebaut. Bald werden dort die Kinder einziehen können.

 Kerstin Theilmann

 Informationen zur Arbeit des Vereins Gani-Dah gibt es auf dessen Website.