In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Heute berichtet Marius Adam vom Umgang mit großen Entscheidungen.
Der Bachelor steht mehr oder weniger vor der Tür. Mehr, weil ich nur noch wenige Seminare zu belegen habe und weniger, weil doch noch einige Hausarbeiten und Prüfungen bis zur Bachelorarbeit zu absolvieren sind. Ein bisschen fühle ich mich wie kurz vor dem Abi, als ich viel zu spät und total unkoordiniert anfing zu lernen. Und über allem schwebt wie damals die Frage: Ist das eigentlich das Richtige für mich? Und was mache ich danach? Führe ich mein Lehramtsstudium wie vorgesehen mit dem Master fort oder fange ich mit einem neuen Bachelor nochmal ganz von vorn an? Oder verschaffe ich mir mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr Zeit und verschiebe die Entscheidung? Warum fällt es mir so schwer, mich festzulegen?
Studienzeit ist Entscheidungszeit
Vielleicht liegt es an der geringen Übung, da die wirkliche Entscheidungsvielfalt erst mit dem Studium beginnt. Während der Schulzeit sind viele Dinge vorgegeben und die eigenen Entscheidungen begrenzen sich auf die Auswahl der Freunde, der Nachmittagsbeschäftigung oder des persönlichen Kleidungsstils. Sogar das Hobby scheint kein Produkt des eigenen Entschlusses zu sein, sondern ist immer irgendwie schon da und in den Alltag integriert. Alles spielt sich in einem geordneten Rahmen ab, dessen Ordnungssystem mit dem Beginn des Studiums weg fällt. Für viele ist das ein Zugewinn an Freiheit, der aber auch bedeutet, dass man wie ein unbeschriebenes Blatt Papier ist, das sich mit jeder getroffenen Entscheidung allmählich zu füllen beginnt. Die Zeit des Studiums ist somit eine Art Baukasten der eigenen Biografie, in der man alles, von der Wahl des Studienfachs über den Lebensstil bis zu seinen Essgewohnheiten andauernd hinterfragt. Im besten Fall lehrt einen die Studienzeit nicht nur fachliche Inhalte, sondern auch, für sich selbst bewusste Entscheidungen zu treffen.
Vernunft vs. Bauchgefühl
Vielleicht liegt der Grund für die Entscheidungsschwierigkeiten aber auch in der Angst vor den unbekannten Konsequenzen, die sich daraus ergeben könnten. Keine Pro- und Contra-Liste kann mir Klarheit darüber verschaffen, ob ich mit einem neuen Bachelorstudium oder dem Beginn einer Ausbildung tatsächlich zufriedener wäre oder ob ich die Wahl bereuen würde.
Für Entspannung kann dabei der Gedanke sorgen, dass schwere Entscheidungen einen Menschen erst richtig frei machen. Würden wir die Konsequenzen schon vorher kennen, wären wir nur Opfer unserer Vernunft, da schon im Vorfeld feststünde, was die richtige und was die falsche Wahl ist. Mittlerweile gilt es als neurowissenschaftlich erwiesen, dass – so einfach es klingt – eine Entscheidung gut ist, wenn sie sich gut anfühlt, denn bei der so genannten ‘Entscheidung aus dem Bauch heraus’ kommt es im Körper zur Ausschüttung von Dopamin. Sicher, hinterher können sich Entscheidungen als falsch erweisen – wer sich schon mal für eine „kurze“ Entspannungspause im Bett entschieden hat, während die Pizza im Ofen wartet, weiß, wovon ich spreche. Aber vielleicht sollte uns gerade das Wissen darüber, dass Fehler unvermeidbar sind, zu einer gewissen Entspanntheit im Umgang mit Entscheidungen verhelfen.
Für alle Entscheidungsmuffel gibt es noch einen kleinen Bauchgefühls-Katalysator: Eine Münze zur Hand nehmen, Kopf und Zahl den jeweiligen Entscheidungsmöglichkeiten zuordnen und in die Luft werfen. Auf die Münze muss man eigentlich gar nicht mehr schauen. Während sie durch die Luft fliegt, hat man in der Regel schon entschieden.