Brillenketten verbinden die meisten Menschen mit einfachen, schmucklosen Bändern, die zwar praktisch, aber nicht sonderlich schön sind. Die Brilletten von Lisa Reinheimer und Yamuna Kölsch sind jedoch wahre Schmuckstücke: Von Frauen auf Bali aus natürlichen Materialien hergestellt, werten sie nicht nur das Image der Brillenkette auf, sondern ermöglichen auch den Herstellerinnen, sich ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.
In unseren Gründungsgeschichten stellen wir Menschen vor, die im oder nach dem Studium den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt haben.
Lisa Reinheimer hat am Campus Landau Sozialkunde, Englisch und Ethik auf Gymnasiallehramt studiert. Mittlerweile arbeitet sie als Lerncoach und Pädagogin an der Montessori Schule Landau. Gemeinsam mit ihrer ehemaligen Schulkameradin Yamuna Kölsch gründete sie nebenbei das Start-Up LiYa, das modische Brillenketten aus nachhaltigen Materialien auf Bali produziert und in Deutschland verkauft. Die Freundinnen haben eine besondere Beziehung zu Bali: Nach ihrem Studium arbeitete Reinheimer dort zwei Monate in einer Schule und auch Kölsch hat ein halbes Jahr auf der Insel gelebt. “Brillenketten mit Federn und Edelsteinen werden auf Bali auf vielen Märkten verkauft, jedoch sind diese oft mit Verzierungen so überladen, dass man sie im Alltag eher nicht tragen würde”, erzählen die Gründerinnen. Daher beschlossen Reinheimer und Kölsch, eigene Modelle für Brillenketten zu entwerfen. “Ich hatte selbst Lust auf eine Brillenkette, die es so noch nicht gab. Ich konnte mich entweder darüber ärgern, dass es so ist, oder die Herstellung selbst in die Hand nehmen”, erklärt Reinheimer die Idee zum Start-Up LiYa. Die Pädagogin hat schon während ihres Studiums in Landau viele Projekte organisiert und sich als Mitglied des StuPa und Vorsitzende der Fachschaft Anglistik engagiert. An den Modellen haben die beiden Freundinnen gemeinsam gearbeitet und sich einmal die Woche über Skype ausgetauscht. “Yamuna ist nach Bali gereist und hat sich vor Ort nach einer Werkstatt umgeschaut, die unsere Ideen umsetzt. Sie ist eher für die Produktion, den Online-Shop und die Buchhaltung zuständig. Derweil kümmere ich mich um Vermarktung, Vertrieb, Versand und Verpackung.” So macht jede das, was sie am Besten kann. Während der Arbeit an den Brillenketten entstand auch der Produktname “Brillette” – aus der Verschmelzung der Wörter “Brille” und “Kette”.
Nachhaltigkeit und Emanzipation
Wichtig war den beiden Freundinnen, dass die Brillenketten aus nachhaltigen, natürlichen Rohstoffen hergestellt werden. Das Hauptmaterial der Brilletten ist der Pirusstein, der “Kieselstein Balis”, der charakteristisch für die Insel ist. Die Schnur ist mit Wachs ummantelt, um der Kette Stabilität zu geben. Neben dem klassischen, schlichten Modell gibt es noch Brilletten mit Federn oder Edelsteinen. “Wir würden sehr gerne noch Modelle mit metallenen Ketten herstellen, aber dafür haben wir noch kein natürliches Material gefunden.” Die Brillenketten werden auf Bali im Ort Canggu in einer kleinen Werkstatt von Hand gefertigt. “Die Herstellung unterstützt die Frauen, die dort arbeiten, auf ihrem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit, zumal auf Bali ein eher traditionelles Rollenverständnis vorherrscht.” Durch die vielen Bestellungen aus Deutschland konnten immer neue Arbeitsplätze in der kleinen Werkstatt geschaffen werden.
Selbst aktiv werden
“Unser Ziel ist nicht, Brillenkettenmillionärinnen zu werden”, meint Reinheimer scherzhaft. Vielmehr steht bei den jungen Frauen der persönliche Lerneffekt im Vordergrund. “Wir haben eine Marke angemeldet, eine GbR gegründet und gelernt, wie wir als Freundinnen im Team funktionieren.” Als Hauptberuf käme die Herstellung der Brillenketten für sie nicht in Frage, sondern das Projekt ist eine Herzensangelegenheit: “Es ist wie ein Hobby für mich. Sachen zu entwickeln und sie in die Tat umzusetzen, hat mir schon immer Spaß gemacht. Aber nur das würde mich nicht genügend auslasten.” Für ihr Unternehmen LiYa haben die beiden Freundinnen dennoch einen Traum: “Wir hoffen, dass wir irgendwann ein Land finden, in dem es ein Metall gibt, das typisch für das Land ist, so wie der Pirusstein für Bali. Dort wollen wir eine Werkstatt finden, die neue Modelle von Brillenketten herstellt. Wir haben die Vision, dass irgendwann weltweit kleine Werkstätten Brilletten aus landestypischen Materialien produzieren.” Träume zu verwirklichen und sich nicht von der Angst vor Fehlern bremsen zu lassen, hält Reinheimer für besonders wichtig: “Unsere Gesellschaft wandelt sich momentan sehr stark. Gerade in Bezug auf Nachhaltigkeit braucht es neue Ideen. Die Möglichkeiten, diese umzusetzen, sind vielfältig. Zu vielen Produkten gibt es noch keine nachhaltige Alternative auf dem Markt. Wenn einem das auffällt, sollte man sich nicht beschweren, sondern die Sache selbst in die Hand nehmen. Man lernt ja nur dazu.”
Lisbeth Wolf